"Ein großer Verlust"
Zum Tod von Max Mannheimer (1920 – 2016)
Über viele Jahrzehnte prägte Max Mannheimer mit seinem Engagement gegen Hass und Völkerhetze und gegen das Vergessen der Holocaustverbrechen während der Naziherrschaft die Erinnerungskultur in Deutschland. Mit seiner warmherzigen und lebensbejahenden Art erreichte er mit seinen Vorträgen, Lesungen aus seinen Büchern und mit Erlebnisberichten über die Nazizeit viele Zuhörer. Mannheimer wurde 1920 im heutigen Tschechien als erstes von fünf Kindern einer jüdischen Kaufmannsfamilie geboren. Gleich nach dem Anschluss Österreichs 1938 an Hitlerdeutschland half die Familie vielen flüchtigen Juden, doch dann wurde die Familie mit dem Novemberpogrom 1938 selbst Opfer der Naziherrschaft.
Max Mannheimers Eltern, seine Frau und drei seiner Geschwister starben in Konzentrationslagern. Er und sein Bruder Edgar überlebten die Konzentrationslager Auschwitz, Warschau und Dachau, wo sie im Außenlager Karlsfeld zur Zwangsarbeit gezwungen wurden. Beide Brüder waren beim Todesmarsch im April 1945 dabei, wurden vom KZ Dachau in Richtung Alpen getrieben und erlebten in Tutzing endlich die Befreiung. Max Mannheimer zog danach in seine tschechische Heimat und wollte eigentlich nie wieder deutschen Boden betreten. Dennoch kam er mit seiner zweiten Frau kurz nach Kriegsende nach München zurück und lebte hier bis zu seinem Tod am 23. September 2016.
Zeitzeuge, Weggefährte, Mahner, politisch Engagierter und Freund
Für sein unermüdliches Engagement als Zeitzeuge der Naziherrschaft, für seine lebendige Erinnerungsarbeit und seinen Kampf gegen Rechtsextremismus erhielt Mannheimer viele Ehrungen, darunter den Bayerischen Verdienstorden und die Bayerische Verfassungsmedaille in Silber. Er war Ehrenmitglied der israelitischen Kultusgemeinde in München. Das Jugendgästehaus in Dachau trägt ihm zu Ehren seit 2010 den Namen „Max-Mannheimer-Studienzentrum“.
„Für uns war Max ein enger und wichtiger Freund“, betont Friedrich Schreiber, Gründer und Vorsitzender des Vereins Gegen das Vergessen im Würmtal e.V. „Unvergessen bleibt mir seine Teilnahme an unserem allerersten Gedenkzug entlang der Todesmarschstrecke aus dem KZ Dachau. Das war 1998. Seither konnten wir ihn oft bei uns begrüßen. Leider konnte er unsere Ehrung als Ehrenmitglied unseres Vereins nicht mehr annehmen. Wir sind sehr traurig über seinen Tod“, bedauert Schreiber.
Bereits 1946 trat Max Mannheimer der SPD bei und saß in den fünfziger Jahren sogar im Münchner Stadtrat. "Wir verlieren mit Max Mannheimer eine große Persönlichkeit, einen wichtigen Mahner, einen wertvollen Ratgeber und einen Genossen im Kampf gegen Hass und Menschenfeindlichkeit. Wir sind dankbar, dass die SPD seine politische Heimat war", erklärt die Münchner SPD-Chefin Claudia Tausend.
München trauert
Und der Landesvorsitzende Florian Pronold ergänzt: „Die Nachricht vom Tod Max Mannheimers hat mich tief getroffen. Bei vielen Veranstaltungen habe ich sein beeindruckendes und unablässiges Engagement erlebt. Sein Mahnen und sein Leben sind für uns alle Verpflichtung und Auftrag zugleich, die Erinnerung wachzuhalten. Sein Tod ist ein großer Verlust. Er hinterlässt eine große und unwiederbringliche Lücke in unserer Gesellschaft."
Auch Oberbürgermeister Dieter Reiter kondolierte der Familie zum Tod von Max Mannheimer und sagte: "Mit Dr. Max Mannheimer hat die Landeshauptstadt München nicht nur eine großartige Persönlichkeit, sondern auch einen großen Aussöhner und unersetzbaren Zeitzeugen verloren. Wir werden ihm immer ein ehrendes Andenken bewahren.“
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH