Digitale Beziehungsarbeit
Wie der Kreisjugendring Münchner Kids während Corona unterstützt

Das Laimer bietet Jugendlichen einen Videochat an, der sich großer Beliebtheit erfreut. (Foto: KJR)
Die Freizeitstätten in München sind seit dem 16. März ebenso wie Kitas und Schulen geschlossen. Die 50 Kinder- und Jugendtreffs des Kreisjugendring München-Stadt (KJR) sind trotzdem für Kinder und Jugendliche da: per Telefon, E-Mail, Skype und vor allem Instagram bieten sie Austausch, Spiel, Spaß und Beratung – nur eben digital.
Für die Pädagogen der Freizeittreffs bedeutet dies eine gewaltige Umstellung, sie absolvieren gerade - notgedrungen - einen Crashkurs in digitaler Jugendarbeit. Das ist für viele eine ganz neue Herausforderung, denn ihre Brot- und Butter-Aufgabe heißt Beziehungsarbeit. Dieser persönliche Kontakt von Angesicht zu Angesicht ist derzeit nicht möglich, aber mit Ideenreichtum finden die Pädagogik-Profis auf vielen Kanälen zu den Kids.
Die einen streamen live aus den verwaisten Jugendtreffs, die anderen verschönern Wände mit vorher von den Jugendlichen online abgestimmten Motiven, einige richten auf ihrer Homepage eine Kinderecke mit Spiel- und Basteltipps ein und andere haben sogar einen virtuellen Jugendtreff eröffnet.
Virtuelle Treffs
So zum Beispiel Das Laimer Jugendzentrum mit Abenteuerspielplatz. Immer montags bis freitags von 14 bis 16 Uhr können sich die Kids mit der freien Videochat-Software „Jitsi“ einklinken. Das geht in jedem Browser oder mit einer kostenlosen App. „Kamera und Mikro einschalten und miteinander reden“, erklärt die Leiterin des Laimer, Alexandra Krohn. Und so einfach das klingt, so wichtig ist es für die Kinder und Jugendlichen. „Ihnen fehlt das Rausgehen am meisten“, sagt Krohn, „bei vielen unserer Kids sind die Eltern da ziemlich strikt“.
Dass das den Familienfrieden nicht unbedingt fördert, liegt auf der Hand. Daher sind Krohn und ihr Team neben dem virtuellen Jugendtreff auch auf anderen Kanälen für die Kinder da. Diese rufen an, quatschen mit den Pädagogen, „das kann bis zu einer Stunde gehen“, berichtet Krohn. „Oder sie schicken uns per Mail zum Beispiel ihre Hausaufgaben in Mathe und fragen uns dazu.“ Genau das, was also auch in normalen Zeiten im Jugendtreff passiert.
Sehr wichtig für die Jugendarbeit ist derzeit Instagram. Das soziale Netzwerk hat in der jungen Zielgruppe Facebook längst abgehängt, deshalb sind auch Krohn und ihr Team dort präsent. Besonders beliebt sind die Bilderrätsel, bei denen die Kinder rausfinden sollen, aus welcher Ecke im Jugendtreff ein geposteter Bildausschnitt stammt.
Umfangreiche Jugendberatung
Für Fragen zu allen Lebenslagen ist auch das Jugendinformationszentrum (JIZ) in der Sendlinger Straße 7 weiterhin da. Viele Beratungsangebote laufen wie gehabt, nur jetzt telefonisch, per WhatsApp und per E-Mail. So ist die Wohnberatung jeden Montag von 14 bis 18 Uhr, die Rechtsberatung immer dienstags von 16 bis 18 Uhr oder die Schuldnerberatung dienstags von 13 bis 14 Uhr sowie donnerstags von 14 bis 15 Uhr unter Telefon (089) 51556450 zu erreichen. Die Beratung zum Übergang von Schule zum Beruf findet nun per E-Mail statt, Schüler können ihre Fragen einfach an info@jizmuenchen.de schicken. Und junge Menschen, die zum Arbeiten oder Lernen ins Ausland wollen, können sich ebenfalls telefonisch ans JIZ wenden und einen Rückruftermin zur Auslandsberatung vereinbaren. All diese Angebote sind natürlich auch jetzt kostenlos.
Familienkonflikte nehmen zu
„Wir sind zu unseren üblichen Öffnungszeiten erreichbar“, sagt JIZ-Leiter Michael Graber, dem es trotz Schließung für den Parteiverkehr nicht an Arbeit mangelt. Den ganzen Tag über rufen Leute an, „nur die häufigste Frage, nämlich die nach Partyräumen in München, fällt derzeit weg.“
Der Beratungsbedarf wird jedoch noch steigen, da ist sich Graber sicher. „Häufig rufen Jugendliche an, die von zu Hause weg wollen“, berichtet er. Denn in den Familien nehmen nach seiner Beobachtung die Konflikte zu, was den Pädagogen nicht überrascht.
Daher wird das JIZ-Team laut Graber auch künftig „eine Art Grundversorgung“ sicherstellen. Nach wie vor gibt es zudem täglich Informationen zu Jugendthemen und zur aktuellen Situation auf der Facebook-Seite des JIZ. Für den Fall, dass die Schließung noch länger andauert, soll zu einigen Themen auch Skype-Beratung angeboten werden.
Auf welchem Weg auch immer hat das Team ein offenes Ohr für die Anliegen von Jugendlichen, auch auf dem bei ihnen mit Abstand verbreitetsten Kanal: Per WhatsApp ist das JIZ unter 0160 99412394 erreichbar.
Kreativwettbewerb mit Überraschungspreisen
Die KJR-Freizeitstätten rufen jetzt münchenweit zu einem Kreativwettbewerb auf. Sie wollen alle Münchner Kinder und Jugendlichen animieren, die Auszeit kreativ zu nutzen. Ganz gleich, ob sie gerade einen Comic zeichnen, einen Film drehen, eine Choreographie zu ihrem Lieblingslied erfinden, einen Song komponieren oder kleine Kunstwerke basteln, der KJR bittet sie, auf Instagram ein Foto oder Video davon unter dem Hashtag #kreativdaheim zu posten.
Dabei geht es um mehr als Zeitvertreib. Der KJR will junge Münchner anregen, sich gegenseitig zu inspirieren und damit auch Mut machen. Für die tollsten Ideen, die bis zum 1. Mai gepostet werden, gibt es Überraschungspreise. Die Teilnahme ist auch ohne eigenen bzw. ohne öffentlichen Instagram-Account möglich. Einfach an die nächste KJR-Freizeitstätte wenden, die postet dann stellvertretend.
Weil derzeit in vielen Städten auf Balkonen und an Fenstern gemeinsam gesungen wird, lädt der KJR mit seinem Musikmobil zum gemeinsamen digitalen Singen ein. Und zwar den Song „Du hast ‘nen Freund in mir“ aus dem Film „Toy Story“. Dabei sind Münchens Kinder und Jugendliche eingeladen, den Song in eine Kamera zu singen und - wenn ihre Eltern zustimmen - einzuschicken. Die Videos werden zusammengeschnitten, aus vielen einzelnen Songs wird so eine große, gemeinsame Performance.
Informationen zu diesen Aktionen sowie welche Freizeitstätte derzeit was anbietet, gibt der KJR-Corona-Blog unter https://webzweinull.kjr-blog.de im Internet.
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