"Die Bürger mit ins Boot holen"
Welche Entscheidung Ihres Bezirksausschusses in der vergangenen Legislaturperiode halten Sie für die wichtigste?
Anhörungsrechte, Beschlussvorlagen, Unterausschüsse: Was die Bezirksausschüsse (BA) tun, bleibt oft hinter sperrigen und formalen Begriffen verborgen. Dabei sind die Gremien, die neben Bürgermeistern und Stadträten am 16. März gewählt werden, eine Art Parlament für jeden Stadtbezirk. Aber was können sie bewegen? Was haben sie zu sagen? Das zeigen am besten konkrete Beispiele. Darum haben wir die BA-Vorsitzenden gefragt: "Welche Entscheidung Ihres Bezirksausschusses in der vergangenen Legislaturperiode halten Sie für die wichtigste?"
Bürger ins Boot geholt
Alexander Miklosy, BA 2 Ludwigsvorstadt / Isarvorstadt
Es klingt sperrig: "Herbeiführung eines Grundsatz- und Eckdatenbeschlusses für die Erstellung eines qualifizierten Bebauungsplans für das Schlachthof- / Viehhof-Gelände mit Bürgerbeteiligung". Es heißt aber, dass die Bürger anders als bei sehr vielen wichtigen Vorhaben ganz von Anfang an mit ins Boot geholt werden sollen. Dieses Areal stellt innerstädtisch eine der letzten großen Planungsflächen für München dar.
Stadtgrund gesichert
Markus Lutz, BA 6 Sendling
Die wichtigste Entscheidung war die, dass Grundstücke im Eigentum der Stadt oder städtischer Unternehmen nicht mehr verkauft werden dürfen, sondern nur noch selbst bebaut bzw. entwickelt werden sollen. Dies betrifft u.a. die „Sendlinger Wüste“ an der Radlkoferstraße und die frei werdenden Grundstücke nach dem Neubau der Großmarkthalle. Damit sollen günstigere Mieten und eine entsprechende Infrastruktur ermöglicht werden.
Straßen umgestaltet
Ingrid Notbohm, BA 7 Sendling-Westpark
Die Entscheidungsrechte der Bezirksausschüsse sind doch sehr bescheiden. Eines dieser wenigen Entscheidungsrechte sind “die Straßenbenennungen und -umbenennungen, soweit damit keine persönlichen Ehrungen verbunden sind.“ In unserem Stadtbezirk entsteht im Umfeld des S-Bahnhofes Mittersendling ein neues
Wohngebiet und auch eine neue Straße. Bei der Benennung der Straße hat der Bezirksausschuss einstimmig beschlossen, dass diese neue Straße „Distelhofweg“ heißen soll. So wird diese Straße auch künftig heißen.
Kein Entscheidungsrecht, aber ein Anhörungsrecht hat der BA bei der Umgestaltung von Straßen. Die Umgestaltung der Albert-Roßhaupter-Straße begleitet mich nun schon seit Beginn meiner Zeit als Vorsitzende des Bezirksausschusses. Lange ist es her, seit die letzte Trambahn durch die Albert-Roßhaupter-Straße gefahren ist. Mit der dringend notwendigen Umgestaltung ist endlich im vergangenen Jahr begonnen worden. Die ehemaligen Straßenbahnschienen sind entfernt und es entstehen sichere Rad-, Geh- und Fahrwege. 100 neue Bäume werden gepflanzt. Die Straße wird endlich sicherer und schöner. Die Kosten liegen bei ca. 6 Mio. Euro. Allerdings müssen sich die Hauseigentümer im Rahmen der Straßenausbaubeitragssatzung an diesen Kosten beteiligen. Die Bauzeit wird bis zum Jahr 2015 dauern.
Für jeden Bürger da sein
Ingeborg Staudenmeyer, BA 9 Neuhausen - Nymphenburg
Bürger können mit jedem Anliegen zu uns kommen, alles ist wichtig. Wir hatten im Bezirksausschuss auch große Projekte wie den Neuhauser Trafo, aber genauso wichtig sind die Anliegen, die einzelne Bürger betreffen: Da geht es z.B. um eine Ampelschaltung oder einen Zebrastreifen. Für den, der einen Antrag stellt, ist dieser immer der Wichtigste.
Gegen Neonazis Flagge gezeigt
Hans Bauer, BA 19 Thalkirchen - Obersendling - Forstenried - Fürstenried - Solln
Jede Antwort bleibt unvollständig, aber darauf sind wir besonders stolz:
1. Gesellschaftspolitisch ist unser gemeinsamer Kampf gegen Neonazis und Ausländerfeindlichkeit eine herausragende Leistung.
2. Wir haben die Umwandlung der Industrieflächen in Wohngebiete sehr gut begleitet und für die Bereitstellung der erforderlichen Bildungseinrichtungen gesorgt. Zwei neue Grundschulen und eine weiterführende Schule werden auf Drängen des BA 19 erstellt.
3. Unsere Formen der Bürgerbeteiligung sind richtungweisend.
Spielplätze zeitgerecht gestaltet
Johann Stadler, BA 20 Hadern
Im Haderner BA wurden zwar nicht die ganz spektakulären Entscheidungen getroffen, aber sehr viele kleinere für die Bürger sehr wichtigen Sachverhalte behandelt, beantragt und befördert. Zunächst gelang es, dass mehrere Kinder- und Jugendspielplätze völlig neu und zeitgerecht gestaltet wurden. Neben den vielen Hort- und Kindergartenneubauten war uns die bereits erfolgte Sanierung der Blumenauer Schule sehr wichtig. Unsere vielen Anträge auf Schul- und Kindergartentoiletten-Sanierungen werden gerade erst langsam nachgearbeitet. Die Wiederherstellung der Sauerbruchstraße vom Max-Lebsche Platz nach Süden ist uns sehr wichtig. Wir wollen weiterhin eine Einhausung der Lindauer Autobahn und haben beantragt, dass das Klinikum mit Bussen nur noch von Westen her angefahren wird.
Baustellenkoordination eingerichtet
Christian Müller, BA 21 Pasing-Obermenzing
Die zweifelsfrei intensivsten Debatten und Diskussionen hatte der BA zur Umgestaltung und den Neubauten im Pasinger Zentrum. Es entspricht dem Selbstverständnis unseres Bezirksausschusses, sich zum einen sehr intensiv mit den Anliegen der Pasinger Bürger auseinanderzusetzen, zum anderen aber auch Planungen sehr genau anzuschauen. Dazu hat der BA 21 extra eine sog. "Baustellenkoordination" eingerichtet, die sich mit vielen Details dieser großen Umwälzung in unserem Stadtbezirk auseinandergesetzt hat und viele Maßnahmen so noch publikumsfreundlicher verändert hat. Auch wenn natürlich nicht alles perfekt ist, sind wir überzeugt, dass durch diesen intensiven Einsatz der Mitglieder des Bezirksausschusses die jetzige Qualität der Umsetzung erst realisiert werden konnte. Auch bei den noch folgenden Maßnahmen wird der BA 21 sich entsprechend einsetzen. Besondere Anliegen sind dabei grundsätzlich ein Erhalt und ein Erweiterung der Begrünung, gute Räume insbesondere für Fußgänger und Radfahrende und eine Höhe Qualität in der Umsetzung.
Für Pflegeplätze eingesetzt
Heike Kainz, BA 23 Allach - Untermenzing
Zunächst vorab: Ich verstehe die Frage so, dass nicht nur verbindliche Entscheidungen des BAs gemeint sind, sondern auch Themen, bei denen formal nur ein Anhörungsrecht mit der Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben ist. Was also war für mich in den vergangenen sechs Jahren am wichtigsten? Weil mir da sofort eine ganze Hand voll Themen einfallen, möchte ich die jüngste Entscheidung benennen: Es ging um den Neubau des Hans-Sieber-Hauses an der Manzostraße, das der Betreiber Münchenstift abreißen und komplett neu bauen will. Weil damit u.a. die Verminderung der Pflegeplätze, der Wegfall einer Kirche, eines Theatersaales, des ASZ und der Cafeteria in Untermenzing verbunden sein sollte, hat sich der BA in aller Deutlichkeit hiergegen ausgesprochen. Dies war für mich vor allem von großer Bedeutung, weil die angesprochenen Einrichtungen in Untermenzing von hohem sozialem Stellenwert sind, die unbedingt erhalten bleiben müssen.
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