Acht mal Examen vor aller Augen
Ursula Sabathil bestreitet ihren achten Wahlkampf
Mehr als 900 Kandidaten stellen sich am Sonntag der Stadtratswahl. Eine der Erfahrendsten unter ihnen ist Ursula Sabathil: Der aktuelle Wahlkampf ist bereits ihr achter.
"Vor meinem ersten Wahlkampf 1989 / 90 machte ich mir überhaupt keine Vorstellung davon, was 'Wahlkampf' bedeutet", erinnert sich die Stadträtin, "ich war noch ein ziemliches Greenhorn." Seit ihrem Eintritt in die CSU 1983 wollte sie ich in den Stadtrat, nun bot ihr die CSU Platz 23 an. Nicht alle freuten sich mit ihr: "Ich wusste nicht, dass Wahlkampf tatsächlich Kampf ist und wie viele Feinde man sich macht; dass es so viele Neider gibt, dass man als Neuling zurückfällt – es war mir einfach nicht klar", erinnert sich Sabathil.
Es kommt auf jede Stimme an
Die Lehrerin und Mutter dreier Kinder stand – wie alle anderen Wahlkämpfer – bei Minusgraden bei Infoständen, verteilte morgens um 6 Uhr Brezn an der S-Bahn, entwarf Plakate und Flyer. Dennoch reichte es beim ersten Anlauf nicht: Die Stimmen von gerade einmal elf Wählern fehlten ihr. "Seitdem weiß ich, dass es tatsächlich auf jede Stimme ankommt", meint Sabathil, die zwei Jahre später als Nachrückerin doch noch in den Stadtrat kam. Bei den folgenden Wahlkämpfen – 1993 (OB-Wahl), 1994, 1996, 2002, 2008, 2013 (Landtag) und nun, 2014 - kämpfte sie um jede Stimme.
Die Zeiten ändern sich
Seit 2012 ist Ursula Sabathil bei den Freien Wählern. Verändert haben sich in ihren Augen auch die Wahlkämpfe. Härter sind sie geworden und manchmal auch unfairer: Anders als früher werden jetzt öfter Plakate beschädigt: 2013 plakatierte sie jeden Tag an der Belandwiese in Aubing nach. "Auch in diesem Wahlkampf verschwinden meine Plakate einfach. Dabei ist das Beschädigen oder Entfernen von Plakaten ein Straftatbestand. Dass sich Leute in eine solche Gefahr begeben, nur um den politischen Gegner zu ärgern oder zu beschädigen, ist mir unverständlich", so Sabathil.
Sie kennt aber auch die vielen schönen Augenblicke in einem Wahlkampf: "Schön ist, wenn man am Infostand mit Menschen ins Gespräch kommt und merkt, sie genießen es, dass jemand mal einfach nur zuhört!" Sabathil erinnert sich an eine ältere Dame, die sie umarmte und gar nicht mehr loslassen wollte. "Die Dame sagte mir, sie sei schon seit Jahren von niemandem mehr umarmt worden. Da war ich glücklich und traurig zugleich." Und wenn nach einem Gespräch ein Wähler sagt, er werde sein Kreuz nun bei den Freien Wählern machen, "entschädigt einen das dafür, dass andere meinen, man solle sich zum Teufel scheren."
"Eine wunderbare Sache"
"Manchmal fragt man sich natürlich schon, warum man in der Politik ist", gibt sich Ursula Sabathil nachdenklich, "aber Politik eine wunderbare, ungemein spannende Sache, weil man - selbst in der Opposition - viele Möglichkeiten hat, Dinge anzustoßen, zu verstärken oder zu verändern. Ich möchte nichts anderes so gerne machen wie Politik und hoffe, dass der Wähler mir noch einmal dazu Gelegenheit gibt!"
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