"Die Skepsis bleibt"
Stadtrat beschließt, die Planung der Tram-Westtangente fortzuführen
Der Stadtrat hat in der Vollversammlung beschlossen, die Planungen zur Trambahn-Westtangente zu optimieren und fortzuführen. Dagegen stimmten nur FDP, Bayernpartei und einige Stadträte der CSU aus Stadtvierteln, die die Tangente tangiert (Alexandra Gaßmann, Manuela Olhausen, Otto Seidl, Johann Stadler und Michael Kuffer).
FDP sagt "nein"
Michael Mattar (FDP) wies darauf hin, dass noch Zeit bis zum Bau bleibe. Erst müsse die Umweltverbundröhre fertig sein. "Die Tangente haben Sie nicht vor 2022 / 2023", sagte er. Man habe also Zeit, im kommenden Jahr vor einem Beschluss die exakten Auswirkungen der Tram auf die Fürstenrieder Straße zu prüfen.
"Ja" trotz "Verschlimmbesserung"
Paul Bickelbacher (Grüne) zeigte sich nicht zufrieden mit dem Beschluss: 2013 habe man die Tram-Tangente so geplant, dass sie den gesamten Raum der Fürstenrieder Straße verbessern hätte können. Statt dieser gestalterischen Möglichkeiten gehe es heute nur noch um die Leistungsfähigket des Autoverkehrs, kritisierte er: "Das tut weh!" Verlierer seien Fußgänger und Radfahrer, auf deren Kosten Platz für den Autoverkehr geschaffen wird. So werde z.B. an der Kreuzung Fürstenrieder- / Ehrwalderstraße der kurze und verkehrssichere Zugang der Fahrgäste zur Haltestelle einer Linksabbiegerspur geopfert. "Diese unsinnigen und überdies äußerst kostspieligen Verschlimmbesserungen des Plans von 2013 lehnen wir ab", sagte er.
Fraktionschefin Gülseren Demirel beklagte die bisherigen Verzögerungen: "Die Unfähigkeit von Schwarz-Rot, zu einer Einigung zu gelangen, hat bereits zwei Jahre gekostet. Weitere Verzögerungen wären daher unverantwortlich." Im Hinblick auf die festgeschriebene Frist zur Verabschiedung eines Trassierungsbeschlusses bis zur Sommerpause 2017 trugen Grüne / Rosa Liste den Beschluss trotz ihrer Kritik mit.
"Ja" wegen Nachbesserungen
Für die CSU begründete Hans Podiuk, warum seine Fraktion nach der Ablehnung der Tram im Wahlkampf die Planungen nun mehrheitlich unterstützt. "Die CSU liebt die Straßenbahnen genauso wie der Weiß Ferdl", sagte er. Die West-Tangente habe man jedoch im Wahlkampf abgelehnt. "Aber der Wähler hat es leider versäumt, uns 51 Prozent zu geben", erklärte Podiuk die Notwendigkeit, im der politischen Arbeit auf die Tram-Befürworter zuzugehen. Nach der Wahl sei sogar die Umsetzung der 2013 vorliegenden, umstrittenen Planungen möglich gewesen. Die CSU habe trotzdem "nicht die Flagge hissen und mit dem Schiff untergehen wollen", sondern habe den arbeitsintensiven Versuch unternommen, Verbesserungen an der Planung herbeizuführen. Das sei gelungen, man habe Verbesserungen für die Anwohner und den Individualverkehr erreicht.
"Unser Kompromiss ist für alle Seiten schwierig", so Podiuk. Ein Kompromiss bedeute, dass keine Seite ihre Vorstellungen zu 100 Prozent durchsetzen könne.
"Nun muss gebaut werden"
Andreas Nagel, Sprecher der Aktion Münchner Fahrgäste, drängt nun auf einen raschen Bau der Tangente. "Bei jedem Projekt gibt es ein Für und Wider. Aber eine Mehrheit für dieTrambahn ist sicher", meinte er. Man habe schon genügend "Grundsatzbeschlüsse" gefasst. Nun müsse geplant und dann gebaut werden. "Der Linienverkehr in München muss dringend verbessert werden - und es fehlen immer noch wichtige Tangenten!"
"Ist der Aufwand gerechtfertigt?"
Zurückhaltend äußerte sich zum Stadtratsbeschluss ein anderer Alfred Nagel, der Sprecher der CSU im Bezirksausschuss Sendling-Westpark: "Es bleibt die Skepsis, ob der große finanzielle Aufwand von voraussichtlich mehr als 200 Mio. Euro für eine Tram als Ersatz für die bestehenden, leistungsfähigen Buslinien 51 und 151 gerechtfertigt ist; ob die Kapazität für den weiterhin zunehmenden Kfz-Verkehr in der Fürstenrieder Straße nach Wegnahme je einer Fahrspur ausreichend bleibt und nicht Verkehr in die Anliegerstraßen gedrängt wird; ob die Sicherheit der Fahrgäste beim Ein- und Aussteigen in Straßenmittellage gewährleistet werden kann, ohne dass an den Haltestellen der Verkehr jedesmal gesperrt werden muss; ob Lärmentwicklung und Erschütterungen des Schienenfahrzeugs Tram nicht höher sein werden als die eines Busses", sagte er.
Nagel mahnte Nachbesserungen sowie noch zu prüfende Verbesserungen an: "Keinesfalls darf es beispielsweise eine Rumpf-Tram-Tangente vom Laimer Kreisel bis zur Schleife am Waldfriedhof geben, und auch kein Zuschütten der Fußgänger- und Radverkehrs-Unterführung am Waldfriedhof."
Außerdem sei vor einer Realisierung mit aktuellen und in die Zukunft gerichteten Verkehrsprognosen von den Fachleuten klar darzustellen, dass die Verkehrsmengen auch mit einer Tram-Trasse in Straßenmitte bewältigt werden können, vor allem auch am Kreuzhof unter der Garmischer Autobahn. Dies müsse auch für die gesamte, langjährige Bauzeit gelten. Da eine endgültige Realisierung einer Tram-Westtangente "im günstigsten Fall erst in zehn Jahren zu erwarten" sei, müsse die MVG dafür Sorge tragen, dass die Bus-Linien 51 und 151 stets dem Stand der neuesten Technik entsprechen, damit ein attraktives und kundenfreundliches Angebot des ÖPNV auch in der langen Übergangszeit für die zunehmend erforderliche Beförderungskapazität erhalten bleibt, forderte Nagel.
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