„Verband und Vereine – Pro Amateurfußball“
Aufbruchsstimmung beim BFV-Kreistag München
Knapp 300 Gäste versammelten sich vergangenen Montag im Bürgersaal Haar, um auf dem Kreistag München des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) den Ausschuss neu zu wählen und sich über den Amateurfußball auszutauschen. 266 Delegierte von 156 anwesenden Vereinen sprachen sich bei den Wahlen einstimmig für Bernhard Slawinski als neuen Kreis-Vorsitzenden München (auch zuständig für Dachau und Ebersberg) aus. Damit übernimmt der 47-Jährige das Amt von Peter Schmid, der für die neue Legislaturperiode zum Kreis-Spielleiter gewählt worden ist. Kreis-Jugendleiter Florian Weißmann, der neue Kreis-Schiedsrichterobmann Marc Weidmann und die Frauen- und Mädchenfußball-Beauftragte Karin Mayr erhielten auf dem Kreistag ebenfalls das Vertrauen der Vereine.
Die Versammlung stand unter dem Motto „Verband und Vereine – Pro Amateurfußball“ und so wurden neben bisherigen Erfolgen auch künftige Pläne, Kampagnen und Ziele zur Verbesserung des Münchner Ballsportes vorgestellt. 17 Punkte auf der Tagesordnung gliederten den Abend und gaben einen umfangreichen Einblick in das Engagement und die Zusammenarbeit des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) und der Vereine.
Die Aufgaben der Vereine
In einer Gesprächsrunde kamen Manfred Schwabl, ehemaliger Profifußballer und amtierender Präsident der Spielvereinigung Unterhaching, und Herbert Bergmaier, einer der Geschäftsführer der Münchner Wochenanzeiger, als Ehrengäste zu Wort. Beide hoben die wichtigen Aufgaben der Vereine und die damit einhergehende Vermittlung von Fairplay-Werten hervor: „Fußball an der Basis ist das A und O“, sagte Schwabl. „Das Ausbilden des eigenen Nachwuchses sehe ich daher als die wichtigste Vereinsaufgabe. Das ist auch für uns als Drittligist der einzig sinnvolle Weg. Das funktioniert nach oben aber nur, wenn unten an der Basis sauber gearbeitet wird.“
Dieser Aussage stimmte auch Bergmaier zu und erläuterte, weshalb er sich als BFV-Medienpartner für die Initiative „Fairplay München“ engagiert: „Als Lokalzeitung möchten wir die Amateure in den Stadtteilen unterstützen. Die Vereine haben eine große soziale und integrative Aufgabe und vermitteln Teamgeist. Mit 'Fairplay München' möchten wir den Vereinen für ihre Arbeit etwas zurückgeben, auf ihre wichtige gesellschaftliche Funktion hinweisen und auch Eltern dazu bringen, geschlossen mit gutem Beispiel voranzugehen.“
Wandel bringt Probleme
Ebenso rückte BFV-Präsident Dr. Rainer Koch in seiner Grundsatzrede den Jugendfußball in den Fokus. Der demografische Wandel in Bayern habe in den vergangenen Jahren für einen Rückgang der Juniorenmannschaften von 20.699 auf 16.809 gesorgt. Auch die veränderten Schulformen wie G8, Mittel- und Ganztagsschulen brächten weniger Freizeit und höheren Leistungsdruck mit sich. Gerade hier sei der Fußball ein guter Ausgleich für Kinder und Jugendliche. Um ihre Begeisterung für diesen Sport zu wahren, müsse der Erwartungsdruck gesenkt und der Spaß in den Vordergrund gestellt werden.
„'Amateur' kommt vom lateinischen Wort 'amare', das bedeutet 'lieben'. Amateurfußball bewegt sehr viele Menschen, deshalb kämpfe ich, deshalb kämpfen die Vereine dafür. Nur gemeinsam können wir erfolgreich sein!“, erklärte Koch und betonte: „Wenn wir attraktiv für junge Leute bleiben wollen, müssen unsere Angebote auch Erlebnisse jenseits des Trainings oder der Freundschafts- und Punktespiele enthalten.“ Als Beispiel nannte der Verbandspräsident die für 2015 geplante „Fußballiade“, ein viertägiges Gemeinschaftsfest in Landshut, das unter dem Motto „Bayern feiert Fußball“ stattfinden soll.
Kampagne für die Vereine
Koch stellte auch die Kampagne „Pro Amateurfußball“ vor, die im Jahr 2011 gestartet wurde und den Vereinen bei ihrer täglichen Arbeit helfen soll. Hierfür investiert der BFV jährlich eine Millionen Euro; Finanzierungsgrundlage sind die Mehreinnahmen aus der Erhöhung der Vereinswechselgebühren, die beim Verbandstag 2010 von Vereinen und Verband gemeinsam beschlossen wurden. Die Schwerpunkte der Initiative liegen dabei auf den Themen Schule, Mädchen, Schulung der Vereins- und Verbandsmitarbeiter in Theorie und Praxis, Runde Tische, aktives Werben für Schiedsrichternachwuchs sowie Internetoffensive. „Wir müssen mehr auf die Jugend zugehen und in ihrer Sprache sprechen“, erläuterte Koch die Maßnahmen. Große Hoffnung werde insbesondere auf das Internet als Medium junger Menschen gesetzt. „Um sie zu erreichen, baut der BFV Online-Medien wie Facebook, BFV-TV, elektronische Spielberichte und den Live-Ticker-Service aus.“
Die Kampagne habe seit Beginn bereits 276 Vereinsschulungen mit 5.788 Teilnehmern, 4.000 Notebooks im Wert von 1,6 Millionen Euro für die Fußballbasis mit einer Eigenbeteiligung von nur 100 Euro pro Verein, 109 neugegründete Fußball-Sportarbeitsgemeinschaften in Form von Schule-Vereins-Kooperationen, 95 Runde Tische mit 1.870 Teilnehmern zum Austausch zwischen Verband und Vereinen sowie das Mädchen-Schnuppertraining „Ballbina kickt“ an 30 Standorten mit 1.200 Teilnehmerinnen ermöglicht. "Das kostet alles viel Geld", meinte Dr. Rainer Koch "aber es ist gut angelegt, und es sind unverzichtbare Investitionen."
Slawinski spricht Klartext
Durch die erfolgreiche Kampagne ist in den vergangenen Jahren einiges erreicht worden, auf dem Kreistag München herrschte Aufbruchsstimmung. Als neuer Kreis-Vorsitzender richtete Bernhard Slawinski jedoch auch deutliche Worte an die Münchner Politik: „Die Kommunalpolitik hat bisher nicht erkannt, wie wichtig der Amateurfußball ist und welche sozialen und integrativen Aufgaben er für die Stadt übernimmt. Über 30.000 Menschen sind jede Woche auf den Amateurfußballplätzen in München unterwegs. Münchner Fußball besteht nicht nur aus Bayern München und 1860 München.“
Während des Wahlkampfes seien zwei der vier OB-Kandidaten, Dieter Reiter und Sabine Nallinger, auf den BFV zugekommen. Slawinski zeigte sich darüber erfreut, jedoch auch skeptisch: „Jede Partei hat sich in ihrem Programm auf die Fahnen geschrieben, den Sport in München zu fördern. Ich bin sehr neugierig, wie ernst es die Parteien wirklich meinen und was sie unter Sportförderung verstehen.“ Mindestens vier neue Bezirkssportanlagen und eine Sanierung der vorhandenen Spielflächen und Umkleidekabinen seien zur Verbesserung der gegenwärtig „gesundheitsgefährdenden Zustände“ nötig.
Der Wunsch nach Bürokratieabbau und einem kompetenten Ansprechpartner im Rathaus ist beim Verband groß: „Ich habe versucht, im Rathaus ein paar Türen zu öffnen. Aber ich habe nicht gewusst, dass das über 200 Türen sind und ich bin immer noch nicht durch“, bedauerte der Kreis-Vorsitzende und rief zu einer besseren Zusammenarbeit auf: „Sportpolitische Entscheidungen müssen mit dem BFV gemeinsam getroffen werden. Wir wollen nicht unter Druck setzen, sondern reichen der Stadt München die Hand, um diesen Weg gemeinsam zu gehen.“
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