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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
"TTIP wird die Flüchtlingsströme nach Europa noch verstärken"
In unseren vorigen Ausgaben haben wir über das Freihandelsabkommen TTIP und die Einschätzung von Politikern und anderen Fachleuten berichtet.
Was muss vor dem Parlament verheimlicht werden?
Leser Herbert Seisenberger schreibt:
Wenn der Handelsvertrag die hohen Ziele der Union wie z.B. Toleranz und das Wohlergehen der Völker sowie Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit zum Inhalt hat, warum dann soviel Geheimhaltung?
Es drängt sich einfach die Frage auf, was verbirgt die Kommissarin, die ihr Amt ohne Beteiligung des Volkes erhalten hat, vor der Öffentlichkeit? Was muss sogar vor weiteren Gremien der EU, wie z.B. dem Parlament, von diesem Vertrag, der dem Vernehmen nach an die 500 Seiten Umfang haben soll, verheimlicht werden? Ein Vertragswerk, das übrigens kaum noch von einem Menschen voll überblickt werden kann.
Solche Umstände führen zu Misstrauen, und damit auch zur Angst vor der Union. Ein Ergebnis, das den hohen Zielen der Union kaum dienlich ist. Bei solchen Umständen muss man als Bürger bei nur etwas Nachdenken, dagegen sein.
Welche Vorteile gibt es für Afrika oder Südamerika?
Leser Helmut Bismark meint:
Ich glaube, man sollte jedes Freihandelsabkommen wie TTIP kritisch sehen, denn ein Abkommen zwischen zwei Partnern grenzt logischerweise alle aus, die nicht dazu gehören. Ich lese und erfahre so gut wie nichts über die Länder, die nicht daran beteiligt werden. Wie wird TTIP z.B. in den Ländern Afrikas von der informierten Bevölkerung gesehen? Werden Lebensmittel in Afrika billiger? Oder gibt es für Afrika oder Südamerika irgendwelche Vorteile? Wer legt bei TTIP fest (bestimmt) wie die Einfuhrzölle gestaltet werden? Ich könnte mir vorstellen, dass Konzerne und exportorientierte Firmen Vorteile haben; aber der Mittelstand und das Dienstleistungsgewerbe? Firmen, die in der EU ihre Umsätze tätigen, müssten dann mit Konkurrenz (u.U. Billigkonkurrenz) aus Amerika rechnen, was wohl der einheimischen Wirtschaft nicht gut täte. Aus diesen Überlegungen herauskann ich TTIP nicht befürworten, zumal das Abkommen USA-Mexiko anscheinend nur Vorteile für die USA beinhaltet. Das wäre auch ein Thema für Sie!
Übernimmt Amerika unsere Existenzgrundlage?
Stefan Hartmann meint:
Der Grundsatz amerikanischer Politik heißt "America First". Und das heißt nicht irgendwelche Vorteilchen aus einem Vorgang ziehen, sondern die Vormachtstellung Amerikas in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht immer absoluter und uneingeschränkt und unumkehrbar auszugestalten. Genauer gesagt: Vormachtstellung der "Oberen Zehntausend" in Amerika. Ich bin kein Prophet, aber ich gehe als sicher davon aus, dass in weniger als zehn Jahren ab Unterzeichnung des TTIP-Abkommens unsere gesamte Existenzgrundlage (Grund und Boden, Trinkwasserversorgung, Nahrung, Energie, Transport und Verkehr, Gesundheitswesen) und alles, was in unserem Land gutes Geld abwirft, irgendwelchen amerikanischen Investoren gehört oder zumindest von Amerika aus so beeinflusst wird, dass Amerika daran mitverdient. Und die Deutschen (einschließlich hier ansässiger Ausländer) arbeiten zum Dumpinglohn und sagen noch "Danke" dafür, dass sie überhaupt arbeiten dürfen. Wenn deutsche Politiker sich für die Unterzeichnung eines derart umstrittenen Vertrages stark machen, den sie nicht einmal selbst vorbehaltlos lesen, geschweige denn veröffentlichen dürfen, dann muss schon der Verdacht erlaubt sein, dass hier "Beeinflussung" dahinter steckt, die dem politischen Auftrag und dem Amts-Eid entgegenstehen.
Was löst TTIP in Entwicklungsländern aus?
Uta Wagner schreibt:
Wie vereinbaren sich diese Abkommen CETA, TTIP und TISA mit der UN-Agenda von 2015? In der Felbermaier-Studie des IFO-Instituts wird von einem relativ kleinem Wachstum durch TTIP in den EU- Staaten gesprochen. Jedoch werden die Entwicklungsländer die Verlierer sein. Dort wird der Handel um 2-4% abnehmen. Zu einem noch gravierend schlechterem Ergebnis kommt die Capaldo-Studie der Tufts Universität in Medford USA.
Auf dem UN-Gipfeltreffen 2015 wurde die Agenda 2030 beschlossen. Auf Seite 9, Punkt 30 heißt es: Die Staaten werden nachdrücklich aufgefordert, mit dem Völkerrecht und der Charta der Vereinten Nationen nicht im Einklang stehende einseitige Wirtschafts-, Finanz-, oder Handelsmaßnahmen, die der vollen Verwirklichung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung insbesondere der Entwicklungsländer im Wege stehen, weder zu erlassen noch anzuwenden.
Die Verträge CETA, TTIP und TISA widersprechen diesen Vorgaben. Es ist vorauszusehen, dass sich aufgrund dieser Verträge, wie in den Studien berechnet, die wirtschaftliche Situation in Afrika und in den anderen Entwicklungsländern verschlechtert und dadurch die Flüchtlingsströme nach Europa noch verstärken wird.
Wie verträgt sich das mit dem sogenannten Bekämpfen von Fluchtursachen?
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