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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
„Leidenschaft, Kampf und Siegeswille“
Rudi Dantinger ist als Rollstuhlfahrer für den Münchner Amateurfußball tätig
Ist eine starke körperliche Einschränkung mit einem aktiven Vereinsleben kombinierbar? Für einige mag es kontrovers klingen, aber dies ist durchaus möglich. Das beweist Rudolf Dantinger.
Rudi, wie ihn seine Freunde nennen, ist im Münchner Amateurfußball fast jedem bekannt und in den Vereinen stets ein gerngesehener Gast. Er ist weitaus mehr als ein Fan, denn der Rollstuhlfahrer sieht nicht nur vom Spielfeldrand aus zu, sondern engagiert sich mit Herzblut für den Münchner Ballsport.
Vielfältige Aufgaben
Rudi Dantinger ist ein fröhlicher und aufgeschlossener Mensch. Zu seinen Hobbys zählen Schwimmen, Entspannen in der Sauna und Ausgehen mit Freunden. Ein großer Teil seiner Zeit ist für Fußball reserviert, denn der 44-Jährige ist leidenschaftlicher Fan des TSV 1860 München sowie des Münchner Amateurfußballs: „1994 kam ich zum ersten Mal richtig in Kontakt mit Amateurfußball. Jemand, der mit mir den ersten Übungsleiterlehrgang absolviert hat, hat mich sehr inspiriert“, erklärt er. In der Zwischenzeit war er schon in vielen Vereinen aktiv: „Ich war beim TSV 1860, FC Deisenhofen, SC Amicitia, SV Pullach, SC Armin, BSC Sendling und TSV Forstenried.“
Aktuell engagiert sich Rudi hauptsächlich für den FC Wacker, der auf der Bezirkssportanlage in der Demleitnerstraße im Herzen von Sendling beheimatet ist. Marcus Steer, 1. Vorstand des Vereins, freut sich sehr über Rudis Einsatz: „Unser Rudi ist ein allseits beliebtes Mitglied und sehr vielseitig. Er übernimmt in der Jugendabteilung Koordinationsaufgaben und vertritt sämtliche Jugendtrainer im Bedarfsfall. Rudi hat einen Trainerschein und ist bei allen Jugendmannschaften ein gern gesehener Trainer. In der Herrenabteilung akquiriert er neue Spieler, übernimmt Fahrten zum BFV und assistiert den Herrentrainern.“
Doch damit nicht genug: Er fungiere bei den Spielern als Dreh- und Angelpunkt und lasse damit jede andere Teambuildingsmaßnahme äußerst blass wirken, erklärt das Vorstandsmitglied begeistert. „Außerdem nimmt Rudi an den Vorstandssitzungen teil, entscheidet mit und und bringt sich insgesamt sehr stark ein. Zum Trainings- und Spielbetrieb ist er stets zuverlässig präsent.“
„Gutes Miteinander schaffen“
Seit kurzem gehört Rudi Dantinger auch der Gruppe der Spielbeobachter an, die für „Fairplay München“ bei Amateurspielen anwesend sind, das Verhalten der Beteiligten unter die Lupe nehmen und kurz dokumentieren.
„Über das Internet und Bernhard Slawinski bin ich auf die Initiative 'Fairplay München' aufmerksam geworden“, so Rudi. Der BFV-Funktionär und Leiter der Initiative ermutigte ihn zur Übernahme dieser Beobachteraufgabe, wofür er sich aus einer bestimmten Ambition heraus gerne bereit erklärte: „Ich hoffe, durch mein Mitwirken und den persönlichen Kontakt mit anderen Vereinen ein gutes Miteinander schaffen zu können.“
Seine Vereinstätigkeiten dienen auch der Rückführung des Amateurfußballs zu dessen Ursprungsgedanken, wie er betont: „Fußball soll Spaß machen und einen Ausgleich zur Arbeit darstellen. Mir liegt es sehr am Herzen, dass dies auch in Zukunft so ist. Brutale Auseinandersetzungen kommen leider manchmal vor, müssen aber definitiv nicht sein. Dies muss sich künftig dringend ändern!“ Den Fairplay-Gedanken hält Rudi daher sehr hoch und versucht ihn auch stets an die Jugendlichen weiterzugeben. Fairplay bedeutet für ihn „Gerechtigkeit und Gleichheit im Spiel sowie gegenüber allen Mitmenschen.“
Aktiv gegen Berührungsängste
Der Rollstuhl hindert Rudi absolut nicht daran, sein Leben abwechslungsreich und aktiv zu gestalten, auch wenn er im Alltag „in jeder Hinsicht“ Hilfe benötigt, wie er erzählt. „Aber dafür habe ich meine Assistenten, die mir zur Seite stehen.“ Insbesondere durch die Vereinsmitglieder erfahre er große Akzeptanz. „Mit Fußball und vor allem dem FC Wacker verbinde ich Leidenschaft, Kampf und Siegeswille“, sagt er stolz – Eigenschaften, die laut Marcus Steer durchaus auch auf Rudi selbst zutreffen: „Er wird beim FC Wacker München für seine Lebensfreude sehr geschätzt. Diese unerschütterliche, positive Einstellung in Verbindung mit der unglaublichen Güte, die er nicht behinderten Menschen mit selbstgemachten – und in Relation zu ihm äußerst nichtigen – Problemen entgegenbringt, haben mich von Anfang an sehr beeindruckt.“
Ein Leben ohne körperliche Einschränkungen kennt Rudi nicht. Während seiner Geburt litt er an Sauerstoffmangel, so dass er schon sein ganzes Leben im Rollstuhl sitzt. „Man bezeichnet dieses Symptom als Spastik“, sagt er offen heraus und ist stets bemüht, Berührungsängste zwischen behinderten und nicht behinderten Menschen abzubauen: „Diese sind leider immer noch sehr stark vorhanden. Das macht mich manchmal wirklich traurig. Ich versuche, auf meine Mitmenschen zuzugehen und ihnen auf diese Weise ihre Berührungsängste zu nehmen.“
Große Bewunderung
Rudi Dantinger wird für seinen unermüdlichen Einsatz und seine Stärke von vielen bewundert. Hierzu gehört nicht nur der gesamte FC Wacker, bei dem er laut Marcus Steer „für einen therapeutischen Effekt bei den Mitgliedern sorgt, indem er den Wert des Lebens thematisiert, über Euthanasie im Dritten Reich spricht und seinen Spagat zwischen Selbstständigkeit und Hilfsbedürftigkeit schildert.“ Auch Bernhard Slawinski bezeichnet ihn als „faszinierenden Menschen, der anderen als Vorbild dient“ und ist begeistert von seinem prägendem Engagement.
Rudi selbst ist eher bescheiden, wenn es um ihn persönlich geht. Durch seinen Einsatz möchte er aktiv zur positiven Gestaltung des Münchner Amateurfußballs beitragen und dafür sorgen, „dass der Spaß wieder mehr im Vordergrund steht.“
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