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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
"Ich freue mich, dass ich meinen Teil beitragen kann"
Menschen erzählen, warum sie sich für Andere einsetzen
Vom 22. bis 31. Januar findet die Münchner FreiwilligenMesse statt - diesmal nicht im Gasteig, sondern coronabedingt online. Bei der Messe informieren FÖBE und viele Einrichtungen über ehrenamtliche Tätigkeiten.
Saadat Amiri engagiert sich bei der Sozialgenossenschaft Bellevue di Monaco. Das Wohn-, Kultur- und Beratungszentrum ist Treffpunkt für Menschen mit und ohne Fluchtgeschichte. Saadat Amiri engagiert sich als Sprecher bei politischen Kundgebungen, im Open House, organisiert Ausflüge und macht mit beim Kultur- und Veranstaltungsprogramm - zuletzt als „lebendiges Buch“ bei der Bellevue Living Library. Hier erzählt er, warum:
Zunächst, die ganze Sache macht mir Spaß und motiviert mich sehr. Ich engagiere mich, weil ich selbst so viel Hilfe durch ehrenamtlich tätige Menschen bekommen habe und sicher auch noch weiter bekommen werde, z.B. beim Sprache Lernen, Bewerbungen Schreiben, am Anfang bei der Orientierung in der Stadt, beim Kennenlernen der Kultur und bei vielem anderen, das mir jetzt nicht einfällt. Daher versuche ich immer, ein Stück davon zurückzugeben an die Gesellschaft, in der ich bereits lebe. Außerdem bin ich sehr froh, dass ich aktiv sein darf und kann. Mit dem Wort "können", meine ich, ich bin sehr froh, dass ich gesund bin und fähig bin, in der Gesellschaft aktiv zu sein. Mit dem Wort "dürfen" meine ich: Ich bin sehr froh, dass ich aktiv sein darf, dass ich mich frei bewegen darf, und meine Talente für einen guten Zweck zu nutzen darf. Das sage ich, weil wir tagtäglich lesen und hören, dass die Menschen sich in vielen Ländern der Welt nicht sich frei bewegen können, ihre Meinung nicht frei äußern können und ihr Recht oder das Recht von anderen nicht verteidigen können.
Mir macht besonderen Spaß, wenn ich die Leute, die ich treffe, mindestens für einen kurzen Moment zum Lachen bringen und glücklich machen kann, wie auch immer, durch Reden, Witze, Hilfe usw. Ich treffe viele Menschen in meinem Alltag, darunter viele Menschen, die wie ich Geflüchtete sind und die aus vielen unterschiedlichen Ländern und Kulturen kommen. Mit viel Wissen, das ich nicht habe, und vielen Sachen, von denen ich nie zuvor gehört habe. Diese neuen Erfahrungen machen mir unendlich Spaß. Mir macht besonderen Spaß, wenn ich solche Leute, die negative Gedanken im Kopf haben, für ein paar Stunden davon ablenken kann. Das kenne ich selbst, dass man manchmal in Gedanken woanders ist, als da, wo man körperlich ist, weil man Heimweh hat. Zum Beispiel, weil man seine Familie, Geschwistern und Freunde vermisst hat. Weil man schlechten Nachrichten von seinem Heimatland gehört hat, weil man keine Aufenthaltserlaubnis bekommen hat, weil man keine Arbeitserlaubnis bekommen hat, weil man es nach mehreren Jahren immer noch nicht geschafft hat, die Sprache richtig zu lernen, weil man keine Freunde gefunden hat, mit denen man seine Zeit verbringen kann.
Besonderen Spaß macht mir, wenn ich bei der Organisation von Kundgebungen gegen Abschiebungen oder auch Demos für eine bessere Zukunft mitmachen kann, denn dabei lerne ich viel. Oder von Ausflügen, bei denen ich die Leute in die Natur mitnehmen darf.
Ich wünsche mir für die Zukunft vieles, in vielen Bereichen. Ob ich dies alles verwirklichen kann, ist noch offen. Aber ich bleibe wie immer optimistisch. Meine Wünsche für die Zukunft sind Liebe und Frieden für die Welt anstatt Hass, Provokationen, Ausgrenzungen und Repressionen. Und ein vernünftiger und respektvoller Umgang miteinander, auch und gerade wenn es um Probleme geht und insbesondere in schwierigen Zeiten. Ich wünsche mir für die Bewohner*innen unserer Welt Toleranz und viel Geduld. In der jetzigen Zeit viel Gesundheit und Kraft. Und ich freue mich, dass ich meinen Teil dazu beitragen kann, indem ich für die Menschenrechte eintrete, überall wo und wann immer ich kann.
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