Erfahrung trumpft auf
Sicherheit: "Kein Mensch schenkt Ihnen etwas ohne Grund"
"Kein Mensch schenkt dir etwas!" warnt Seniorenbeirat Ingrid Appel. Sie ist selbst als Sicherheitsberaterin tätig und warnt Senioren vor den Tricks und Fallen von Betrügern. Zur eigenen Sicherheit kann jeder selbst viel beitragen. "Die größte Sicherheit", so Appel, "sind aufmerksame Nachbarn oder Begleiter." Wo sich Menschen umeinander kümmern, haben Kriminelle weniger Chancen.
Winfried Bürzle: Wir werden zu Gejagten
"Letzte Mahnung!" In fetten Lettern sticht mir die Drohung einer E-Mail ins Auge. Letzte Mahnung zu zahlen … aber wofür, warum? Natürlich gibt es keinen Grund. Es ist mal wieder nur ein verwerflicher Versuch, mich abzuzocken.
Nun stehe ich glücklicher Weise mitten im Beruf, tausche mich aus mit meinen Medien-Kollegen und kenne die schmierigen Methoden von kleinen Gaunern über dubiose Inkassofirmen bis hin zu skrupellosen Anwälten, die ihren eigenen Berufsstand in Misskredit bringen. Dennoch gebe ich zu, dass auch mein Puls kurz steigt, wenn wieder mal so ein windiges Schreiben in meinen Mails auftaucht.
Umso mehr kann ich mir vorstellen, dass viele verunsicherte Internetnutzer sich beeindrucken lassen und zahlen. Einfach, um möglichen Scherereien aus dem Weg zu gehen. Offensichtlich geht die Rechnung der Kriminellen hinter solchen Mails auf.
Wir müssen ständig auf der Hut sein
Was mich so ärgert an dieser Entwicklung: Wir Bürger werden immer mehr zu Gejagten. Es ist ja nicht so, dass die Gaunereien und Verbrechen im Netz andere abgelöst hätten. Sie kommen ja oben drauf. Nach wie vor werden uns Geldbörsen geklaut, nach wie vor werden unsere Autos geknackt, nach wie vor – und rasant zunehmend sogar am helllichten Tage! – werden unsere Wohnungen aufgebrochen.
Und nun also müssen wir ständig auf der Hut sein, dass wir auf kein Phishing hereinfallen und unser Online-Konto geknackt wird, wir in keine Abofalle tappen und uns gegen versteckte Forderungen eines Internetdienstleisters wehren müssen, oder nicht eine aus der Luft gegriffene Forderung begleichen, nur um Ruhe zu haben.
Und was mich dabei noch mehr ärgert ist die Rechtsprechung. Da wird sogar in einem Prozess gegen eine dubiose Inkasso-Anwaltskanzlei für Abofallen festgestellt, dass es jedem Bürger "zuzumuten ist, einem solchen Druck standzuhalten". Bravo!
Letzte Mahnung!
Es ist an der Zeit, dass die Rechtsprechung der teils verwerflichen Praxis im Netz angepasst wird. Dass wir "Gejagten" nicht noch dafür bestraft werden, dass wir nicht schnell genug davonrennen konnten und es uns "erwischt" hat. Bis dahin empfehle ich uns allen: nicht einschüchtern lassen und solchen Machenschaften den Kampf ansagen. Ich jedenfalls tue das. Schreibt Euch das hinter die Ohren, ihr Gauner. Letzte Mahnung!
Ingrid Appel: "Kein Mensch schenkt Ihnen etwas ohne Grund!"
Die Sicherheitsberater des Seniorenbeirates haben im letzten Jahr in Alten-und-Service-Zentren (ASZ), Heimen, Seniorenclubs und Kirchen 60 Vorträge zur Information der Senioren gehalten, um gegen Angriffe der Betrüger geschützt zu sein und nicht Opfer von Trickdieben zu werden.
"Die größte Sicherheit sind aufmerksame Nachbarn"
Themen sind insbesondere der Trickdiebdiebstahl; dieser umfasst den Enkeltrick, Haustürgeschäfte, betrügerische Gewinnversprechen am Telefon oder per Post, Verhalten in Konfliktsituationen, Wechseltrick, Kaffeefahrten u.v.m. Auch unterstützen wir die Polizei bei Infoständen in Einkaufszentren. Das Thema Brandschutz behandelt ein ehemaliger Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr, Internetbetrug ein IT-Fachmann und Einbruch ein ehemaliger Kriminalbeamter vom Einbruchsdezernat.
Schwerpunkt meiner Vorträge ist der Trickbetrug, dabei beginne und beende ich meine Vorträge mit der Aussage: "Die größte Sicherheit sind aufmerksame Nachbarn oder Begleiter." Dies ist meine feste Überzeugung . Festnahmen im Bereich Einbruch führen z.B. meist auf Hinweise der Nachbarn zurück.
Lassen Sie keinen Fremden in die Wohnung!
Wie schützt man sich? Kurz gesagt, lassen Sie niemand Fremden in die Wohnung, kein Behörden- oder Bankvertreter kommt zu Ihnen nach Hause! Falls sich ein Handwerker oder Versicherungsmakler zu Recht angemeldet hat, falls Sie dennoch unsicher sind, holen Sie jemand dazu, damit Sie nicht alleine sind. Geben Sie grundsätzlich keinem Fremden Geld. Behörden kassieren niemals bar.
Immer noch ist der Enkeltrick für die Betrüger die beliebteste Masche. Geben Sie Ihrem Enkel nur persönlich Geld, keinem vermeintlichen Freund oder Notargehilfen, der angeblich im Auftrag kommt! Bei angeblichen Hilfeersuchen von Verwandten kontaktieren sie diese erst, ob sie wirklich Hilfe brauchen - und auch dann nur persönlich Geld übergeben.
Gehen Sie möglichst nicht alleine auf die Bank oder auf den Friedhof.
Tätigen Sie keine Geschäfte am Telefon. Nehmen Sie keine Gewinne an, wenn Sie nicht mitgespielt haben oder eine finanzielle Vorleistung geben müssen. Kein Mensch schenkt Ihnen etwas ohne Grund! Hängen Sie am besten gleich ein. Haben Sie noch Ihren Vornamen im Telefonbuch eingetragen, lassen Sie ihn löschen, die Betrüger suchen nach Senioren mit älteren Vornamen; sie rufen keine Yvonne oder Natalie an, sondern Gertrud oder Mathilde.
Passen Sie auf Ihre Nachbarn auf!
Falls Sie dennoch einem Betrüger aufgesessen sind, aber auch dann, wenn ein Betrugsversuch gescheitert ist, rufen Sie umgehend die Polizei Telefon 110 an.
Kommen Sie doch in einen Vortrag der Sicherheitsberater, dort können wir auch Ihre Fragen beantworten und weitere Informationen geben.
Passen Sie auf sich und Ihre Nachbarn gut auf!
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