"An den Erfolgen festhalten"
Chefarzt appelliert: Den "Brandbeschleuniger" in Schach halten!
"Wir müssen die Impfwelle ins Rollen bringen", appelliert Prof. Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie in der München Klinik Schwabing. "Wir müssen in den kommenden Wochen und Monaten alles daran setzen, die Impfkurve schnell und anhaltend nach oben zu bringen. Das ist unsere Chance auf einen Ausweg aus der Pandemie und das muss jetzt unser Fokus sein, ohne dabei das Virus selbst aus den Augen zu verlieren.“
Prof. Clemens Wendtner hat mit seinem Team vor einem Jahr die bundesweit ersten Covid-19-Patienten (Webasto-Cluster) versorgt. Seitdem wurden über 2.200 Covid-19-Patienten an den fünf Standorten der München Klinik behandelt. Er warnt vor einer Ausbreitung der mutierten Virusvarianten: Diese Mutationen waren für das Infektionsgeschehen in Portugal "wie ein Brandbeschleuniger". Daher müsse man das Infektionsgeschehen jetzt "unbedingt flach halten und eine Ausbreitung der Mutanten im Keim ersticken.“
"... dann wäre es zu spät"
Der Mediziner weiß: Die Mutationen sind nicht greifbar. Eine Situation mit exponentiell steigenden Inzidenzwerten ist aktuell nicht eingetreten. Die Gefahr scheint nur abstrakt. Deswegen mahnt er: "Wir dürfen eine Gefahr nicht erst als real anerkennen, wenn sie uns in unserer persönlichen Realität ereilt. Maßnahmen erst dann zu treffen, wäre leider zu spät und würde erneut über tausend Menschenleben täglich kosten."
Diese abstrakte Gefahr müsse ausreichen, um die Gesellschaft erneut noch enger zusammenrücken zu lassen und gerade durch die konsequente Einhaltung der AHA-L-Regeln ein explodierendes Infektionsgeschehen zu vermeiden. "Sollte uns das im gesellschaftlichen Schulterschluss gelingen, dann sollten wir im Sommer zurückblicken und wissen, dass unser Zusammenhalt im Kampf gegen das Virus erfolgreich war, und nicht glauben, dass die Sorge vor Mutationen eine Erfindung oder Panikmache gewesen sei."
Reale Gefahr - schwer zu vermitteln
"Es ist bei sinkenden Inzidenzen hierzulande schwer zu vermitteln, warum jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für Lockerungen ist", sagt Prof. Wendtner. Die Gefahr sei aber real. Das zeige gegenwärtig leider schon der Blick in Nachbarländer (in Portugal hat sich im Januar innerhalb von nur 7 Tagen der Anteil der britischen Virusvariante von 6 auf 20 Prozent erhöht).
„Wenn es uns jetzt gelingt, die Mutanten in Deutschland im Schach zu halten, dann heißt das nicht, dass es nie ein Problem gab, sondern dass wir es erfolgreich abwenden konnten", erklärt Prof. Wendtner. "Das muss unser gemeinsames Ziel sein, das wir nur durch Kontaktreduzierung, AHA-L-Regeln und schnelles Impfen gemeinsam erreichen können. Wir müssen lernen, an unseren Erfolgen in der Pandemie festzuhalten, statt sie wellenartig infragezustellen."
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH