Großeltern zum Ausleihen
Ehrenamtliches Engagement beim Oma-Opa-Service
Großeltern haben mehr Zeit, sind meist gelassener und großzügiger als die eigenen Eltern und verwöhnen ihre Enkel gern. Eis essen gehen, Modelleisenbahnen bestaunen oder einfach mal mit großelterlicher Muse auf dem Spielplatz toben – für viele Kinder in der Landeshauptstadt München gehört das leider nicht mehr zum Alltag. Denn wenn junge „Zuagroaste“, die wegen des Jobs, der Liebe oder des Studiums nach München ziehen, hier eine Familie gründen, bleiben die Großeltern meist in der Herkunftsregion. Die Besuche bei Oma und Opa werden da aufgrund zum Teil weiter Distanzen immer weniger, Oma- und Opa-Figuren fehlen. Leihgroßeltern aber könnten die moderne Antwort auf die aktuelle Entwicklung geben. Das dachte sich Micha Rabeneck und initiierte das Projekt „Oma-Opa-Service“. Die evangelische Kirche unterstützte die Idee und so bietet der Oma-Opa-Service im evangelisch-lutherischen Dekanatsbezirk München seit 2007 vielen Münchner Kindern die Möglichkeit, in den Genuss großelterlicher Fürsorge zu kommen. Ehrenamtlich stellen sich hier rund 100 Senioren als Ersatzgroßeltern zur Verfügung.
„Gegenseitiges Geben und Nehmen“
Einerseits werden Senioren immer älter und bleiben dabei rüstig und aktiv. Andererseits gibt es in München viele junge Familien, die die Großeltern nicht in der Nähe haben. Die beiden Gruppen wollte Micha Rabeneck zusammenführen, denn „vom Oma-Opa-Service haben beide Seiten etwas.“ Berufstätige Eltern, Alleinerziehende oder junge Familien fühlen sich durch die Leih-Oma bzw. den Leih-Opa entlastet, die Kinder bekommen Zeit, die Oma oder Opa ihnen widmen und die Senioren werden gebraucht. „Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen“, meint die Laimer Seniorin Karin (70), die längst zur Oma für zwei dreijährige Mädchen geworden ist. „Dass man noch hilft, wo Bedarf ist, und dass es eine Familie gibt, die einen braucht, das macht Freude.“
Und Bedarf gibt es auf alle Fälle. Die engagierten Senioren sind mehr als gefragt. So überragt der Stapel mit den Suchanfragen der Eltern auf dem Schreibtisch von Micha Rabeneck jenen der Freiwilligen um einige Zentimeter. Denn manche der Generation 50plus sind zwar daran interessiert mit einem Leih-Enkel zusammen Neues zu erkunden, haben jedoch zugleich auch Bedenken: Bin ich physisch noch fit genug? Habe ich genug Zeit, um ein Ehrenamt auszuüben? Kann ich die Verantwortung für ein Kind tragen? Micha Rabeneck aber kann die Sorgen zerstreuen: Wer etwa nicht mehr so gut heben kann, bekommt einen „Enkel“, der bereits selbst laufen kann. Das Ehrenamt umfasst etwa drei Stunden pro Woche. Und was die Verantwortung angeht, so lautet die Devise „Nur Mut“. Auch Karl Lichtenegger (66) hatte zunächst Bedenken bevor er schließlich vor nunmehr fünf Jahren Pauls Ersatz-Opa wurde. „Als ich in Pension ging, habe ich mir vorgenommen einen Tag in der Woche etwas Soziales zu tun. Dann war ich bei der Freiwilligenmesse und habe mich da umgesehen. Als ich den Oma-Opa-Service kennengelernt habe, überlegte ich schon auch „traust du dir das zu?““, erklärt der Rentner.
„Es kommt viel zurück“
Mittlerweile ist aus der anfänglichen Hilfestellung für eine alleinerziehende Mutter längst eine Herzensbeziehung zu dem 7-jährigen Paul erwachsen. „Wir sind ein Dream-Team“, schmunzelt Karl Lichtenegger. Er geht mit Paul Eisenbahnen anschauen ebenso wie er ihn mal zum Kinderarzt begleitet, damit sich die Mutter nicht extra frei nehmen muss. „Vom Kind kommt viel zurück. Da gewinnt Kinderlachen eine ganz neue Bedeutung.“
„Es kommt sehr viel zurück“, das finden auch die Laimer Schwestern Karin (70) und Ingrid (67). Sie basteln, spielen oder gehen mit ihren Zöglingen Blätter und Kastanien sammeln. Dabei geben sie nicht nur etwas von ihrer Lebenserfahrung weiter sondern lernen selbst Neues: „Man sieht die ganze Umgebung mit anderen Augen, wenn man mit einem so kleinen Menschen unterwegs ist“, meint Karin.
„Der Oma-Opa-Service stellt aber keine kostenlosen Babysitter“, macht Micha Rabeneck deutlich. Das generationenübergreifende Miteinander solle allen, aber vor allem den Jüngsten, zu Gute kommen. Demnach bringt jeder etwas in die Beziehung ein, die auf Gegenseitigkeit beruht. Während also die Großeltern auf der einen Seite ihre Zeit schenken, sind auf der anderen Seite die Eltern gefragt, die Oma und Opa nicht nur Wertschätzung sondern sogar konkrete Unterstützung zukommen lassen können.
Wer sich ehrenamtlich als Oma oder Opa engagieren möchte, ist herzlich eingeladen sich unter www.oma-opa.service.de oder bei Sozialpädagogin Micha Rabeneck (Tel. 089-54886963) zu informieren. Auch ist der Oma-Opa-Service mit einem Infostand bei der Freiwilligenmesse am 25. Januar im Gasteig (Rosenheimer Straße 5) vertreten und gibt hier näher Auskunft.
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