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Ein neuer Name im Viertel

Die Ilse-Weber-Straße in Laim

Neu im Straßenverzeichnis: Die Ilse-Weber-Straße in Laim. Nach 90 Jahren wurde die Paul-Lagarde-Straße entnannt. (Bild: kö)

In Laim gibt es seit kurzem eine Neue: Ilse-Weber-Straße heißt jetzt die kleine Straße, welche die Schrobenhausener Straße mit der Friedenheimer Straße verbindet. Etwa 170 Privatpersonen haben damit eine neue Anschrift und auch das Pfarrheim „Zu den heiligen zwölf Aposteln“ ist von der Straßenumbenennung betroffen. Die neue Adresse des Pfarrheims lautet nun: Ilse-Weber-Straße 16. Mit dem neuen Straßennamen wird Ilse Weber geehrt, die 1903 in Witkowitz (Österreich-Ungarn) geboren wurde und als eine der wichtigen deutschsprachigen jüdischen Schriftstellerinnen gilt. Der Grund, warum es den neuen Namen im Viertel und im Straßenverzeichnis Münchens gibt, ist, dass der Münchner Stadtrat entschied, die einstige Paul-Lagarde-Straße zu entnennen. Als Antisemit hatte man Paul de Lagarde eingestuft und damit die Ehrung mit einem Straßennamen als unangemessen erachtet.

Ilse Weber ist Namensgeberin

Über 90 Jahre lang hieß die Straße Paul-Lagarde-Straße. Benannt wurde die Straße noch vor dem zweiten Weltkrieg. Doch auch danach hatte sich keiner die Mühe gemacht nachzuforschen, wer Paul-Lagarde überhaupt war. Nun ist der Name durchgestrichen. Den Anstoß dazu gab der Laimer Veteranen- und Kriegerverein. Auf dessen Initiative überprüfte der Geodatenservice des Kommunalreferats den Namen Paul de Lagarde eingehend und ließ ein Gutachten durch das Stadtarchiv München erstellen. Vor wenigen Monaten wurde Paul de Lagarde schließlich „als wichtiger Vordenker und Wegbegleiter des modernen Antisemitismus“ benannt. Die Ehrung durch einen Straßennamen erkannte der Münchner Stadtrat ihm daher ab. Fortan wird nun Ilse Weber geehrt, indem sie Namensgeberin der Laimer Straße wurde.

Ilse Weber, geborene Herlinger, stammt aus dem ehemaligen Österreich-Ungarn. Sie schrieb Kindermärchen und Theaterstücke für Kinder. 1930 heiratete sie Willi Weber. 1942 wurde sie von Prag in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort arbeitete sie als Krankenschwester in der Kinderkrankenstube. Sie schrieb weiter Gedichte und Geschichten, mit denen sie die dortigen Kinder unterhielt. Im Oktober 1944 wurden sie und einer ihrer Söhne, Tomas, im Konzentrationslager Ausschwitz ermordet. Die Ilse-Weber-Straße wird nun an ihre Namensgeberin erinnern und sie postum ehren. Doch nicht jedem ist Ilse Weber ein Begriff. Die Anbringung eines Erläuterungsschildes könnte dabei helfen, dass auch künftige Generationen nachlesen können, wer Ilse Weber war und dass ihr Schicksal nicht in Vergessenheit gerät.


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