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„Ein Fremdkörper in der Siedlung“

Anwohner fürchten Präzedenzfall in der Queristraße

Anwohnerin Christine Perner Neidhardt (rechts) und ihre Nachbarn stellen sich gegen den geplanten Neubau in der Queristraße 12. Dieser sprenge ihrer Ansicht nach den Gartenstadtcharakter des Viertels. (Bild: Robert Burkhardt)

Münchens städtebauliches Gesicht, der noch sichtbare Charakter der Gartenstadt soll nicht verschwinden! Dafür setzen sich etliche Bürgerinitiativen ein. Und auch die Stadt entschied etwas zu tun: 2015 wurde die sogenannte Rahmenplanung auf den Weg gebracht, mit dem Ziel, die vorherrschenden städtebaulichen Gartenstadt-Strukturen zu bewahren und zugleich – angepasst an heutige Wohnbedürfnisse – bestehende Häuser maßvoll zu erweitern. Für ausgewählte Gebiete in München hat das Planungsreferat den Rahmen vorgegeben, darunter fällt auch ein Geviert im Süden Laims. Ein im Testgebiet geplanter Bau eines Dreifamilienhauses widerspricht nun jedoch gänzlich den Gestaltungsvorgaben. „Wie konnte das genehmigt werden?“, fragen sich die Nachbarn. Sie fürchten, dass in der Queristraße 12 ein Präzedenzfall geschaffen wird, der nachfolgenden Bauanfragen Tür und Tor öffnen könnte. „Hier geht es nicht nur um einen einzelnen Neubau, sondern um die Zukunft einer ganzen Siedlung und um die Zukunft von Gartenstädten in München insgesamt“, sagt Anwohnerin Christine Perner-Neidhardt, die mit ihren Nachbarn gegen den Neubau hält. Unterstützt werden die Anwohner vom Bezirksausschuss Laim (BA 25), der in der Sache jedoch kaum Wirkungsmacht hat.

Wohnungen größer als jedes Nachbarhaus

Eine Richtschnur für die Genehmigung von Bauvorhaben soll die Rahmenplanung sein und „das zulässige Baurecht im Hinblick auf den zu erhaltenden Charakter des Stadtquartiers qualifizieren“, heißt es in einer jüngst erschienen Rathausinformation. Ein rechtlich bindender Bebauungsplan gilt damit jedoch nicht. Dennoch soll die Rahmenplanung helfen, etwa in der sogenannten Reichkleinheimsiedlung in Laim die kleinteilige, weitgehend noch homogene Siedlungsstruktur zu erhalten. Hier prägen Reihenhäuschen aus den 30er und 50er Jahren mit Satteldach das Straßenbild. Als Testgebiet für die Rahmenplanung festgelegt wurde das Viertel zwischen Willibald-, Camerloher-, Rushaimer- und Senftenauerstraße. Cornelius Mager, Chef der städtischen Lokalbaukommission (LBK), erklärte kürzlich, dieses „relativ intakte Siedlungsgebiet, so gut es geht", müsse man erhalten. Doch kaum dass die Rahmenplanung im Testgebiet angewandt wird, gibt es bereits einen Ausreißer: Die Primus Concept Unternehmensgruppe bekam die Baugenehmigung für ein Dreifamilienhaus in der Queristraße 12. Die Wohnungen, zwischen 115 und 153 Quadratmetern groß, werden bereits vom beauftragten Immobilienbüro angeboten. „Das heißt, jede Wohneinheit für sich alleine ist deutlich größer als das durchschnittliche Haus in der Siedlung“, sagt Perner-Neidhardt.

„Bauvorhaben passt nicht in die Umgebung“

Zwei Vollgeschosse sowie ein Appartement im Mansardendach sollen gebaut werden – so zeigt es die Bautafel am Grundstück, wo bis vor kurzem noch ein Einfamilienhaus stand. Im Jahr 2013 gab es bereits die Baugenehmigung für ein Zweifamilienhaus, 2016 wurde die Erweiterung auf ein Dreifamilienhaus genehmigt – beides gegen die Empfehlungen des BA Laim. „Es ist klar, dass das Bauvorhaben nicht in die Umgebung passt“, pflichtet BA-Chef Josef Mögele (SPD) den Anwohnern bei. „Wenn wir so weitermachen, hat unsere Stadt bald keinen grünen Grashalm mehr.“ Seinen Ärger über die Baugenehmigung werde der BA gegenüber der Lokalbaukommission (LBK) deutlich machen – vielmehr aber könne man kaum tun. Erteiltes Baurecht rückgängig zu machen, werde wohl nicht gelingen. Stadträtin Verena Dietl (SPD) setzte sich indes für ein Gespräch zwischen LBK und Anwohnern ein. Dabei wurde klar: Das Bauvorhaben hat man laut LBK auf Grundlage des Vorbescheids genehmigt. Die Einführung der Rahmenplanung habe auch an der Genehmigung 2016 nichts ändern können. Perner-Neidhardt und ihre Nachbarn sehen das anders: „Gerade eben diese neue Dachform hat die dritte Wohnung überhaupt erst möglich gemacht.“ Nun hofft man darauf, dass die LBK sich das Genehmigungsverfahren doch noch einmal ansieht. „Es leuchtet jedem ein, was für ein Fremdkörper hier in die Siedlung und in einen der letzten noch homogen erhaltenen Straßenzug kommen soll“, so Perner-Neidhardt.


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