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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
Vorzeigebeispiel beim Artenschutz
Zusammenarbeit von Gemeinde, Jagdpächtern, Landschaftspflegeverband und Naturschutzbehörde
Esther Veges, Geschäftsführerin des Landschaftspflegeverbandes Dachau e.V., Bürgermeister Stefan Kolbe, Sybille Hein von der Unteren Naturschutzbehörde, Jagdpächter Maximilian Schuster, Jagdaufseher Walter Winkler und Georg Bichler, stellvertretender Vorsitzender des Jagdschutz- und Jägervereins (JJV) Dachau, bei der Präsentation der Ausgleichsfläche. (Foto: sb)
Die Gemeinde Karlsfeld setzt sich für den Artenschutz ein – und zwar in enger Zusammenarbeit mit den Jagdpächtern, dem Landschaftspflegeverband Dachau e.V. sowie der Unteren Naturschutzbehörde. „Tu Gutes und rede darüber“, betont Bürgermeister Stefan Kolbe. „Wir haben mit dem Jagdpächter Maximilian Schuster ein Projekt gestartet, um Blühflächen auszuweisen. Für Karlsfeld ist das ein tolles Zeichen, auch weil es darum geht, miteinander etwas zu machen.“
Die vier Hektar große Ausgleichsfläche in der Nähe des Umspannwerkes dient als Biotop für seltene Pflanzen und Tiere. „Karlsfeld ist eine vorbildliche Gemeinde, was die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen angeht“, sagt Sybille Hein von der Unteren Naturschutzbehörde Dachau. „Wir befinden uns hier schließlich in einem Ballungsraum. Es hat sich sehr viel verändert, auch was den Verkehr angeht.“ Die Gemeinde habe einen Bereich geschaffen, der grundsätzlich nicht gemäht werde, „damit die Tiere Unterschlupf finden oder überwintern können. Bestimmte Teilbereich müssen natürlich gemäht werden, um monotone Flächen zu vermeiden.“
„Echte Herausforderung“
Eigentümerin der Fläche ist die Gemeinde Karlsfeld. Für die Pflege des Gebiets, das die Ausgleichsfläche für das Wohngebiet am Prinzenpark in Karlsfeld-West ist, ist der Landschaftspflegeverband Dachau e.V. zuständig. „Die Pflege dieses Gebietes ist eine echte Herausforderung für uns, denn wir müssen für die richtige Balance sorgen“, erklärt Esther Veges. „Das ist eine sehr diffizile Arbeit. Wir haben nämlich auf der einen Seite sehr wertvolle Arten, die für Insekten und Schmetterlinge wichtig sind, wie etwa die Iris Sibirica, die auf der roten Liste der bedrohten Pflanzenarten steht. Auf der anderen Seite gibt es Pflanzen, die alles überwuchern würden, wenn wir nicht eingreifen“, so die Geschäftsführerin des Landschaftspflegeverbandes. „Die Flächen werden ausschließlich mit Balkenmähwerk gemäht. Wir richten unsere Maßnahmen naturschutzgerecht aus. Manchmal muss man auch mit dem Freischneider ran, damit bestimmte Arten nicht alles überwuchern.“
„Riesenerfolg“
Ins Leben gerufen hat das Ganze Maximilian Schuster. „Das Zusammenspiel zwischen Gemeinde, Landschaftspflege und Unterer Naturschutzbehörde funktioniert hier sehr gut“, sagt der Jagdpächter. „Ich habe schon vor sieben Jahren in Eigenregie ein Programm für Bienen, Insekten und Niederwild gestartet. Das war damals ein Riesenerfolg und nun machen wir das Gleiche wieder.“ Solche Habite seien enorm wichtig, da es Flächen in dieser Art kaum noch gebe. Neben Insekten und Bodenbrütern gibt es in dem Gebiet unter anderem auch Bereiche für Niederwild.
„Zusammenspiel soll Schule machen“
„Die Fläche bewirtschaften wir unter anderem als Blühwiesen für die Insekten oder auch mit gewissen Kräuteranteilen, die der heimischen Tier- und Insektenwelt zu Gute kommen“, erläutert Maximilian Schuster. „Beispielsweise geht die Population der Feldhasen Jahr für Jahr zurück, weil sie durch die Monokulturen in der Landwirtschaft nicht mehr die für sie lebensnotwendige Kräuter finden.“ Deshalb habe man diese Kräuter ausgesät, so dass sich die Feldhasen versorgen können. „Wir hoffen sehr, dass dieses Zusammenspiel zwischen Grundstückseigentümer und Behörden Schule macht.“
„Jagd ist angewandter Naturschutz“
Die Arbeit macht Maximilian Schuster, so wie seine Jagdkollegen, ehrenamtlich. „Für uns ist Jagd angewandter Naturschutz. Deshalb kämpfen wir für jeden Quadratmeter, den wir als Habitat herrichten können. Das ist gerade in der heutigen Zeit, in der die Monokulturen in der Landwirtschaft überwiegen, nicht einfach.“ Und Georg Bichler, der stellvertretende Vorsitzende des Jagdschutz- und Jägervereins (JJV) Dachau, ergänzt: „Es geht hier nicht nur um die Jagd, sondern auch darum, Insekten, Vögeln und Niederwild einen Lebensraum zu geben. Es ist wichtig, etwas für die Flora und Fauna zu machen. Wir brauchen Restflächen, die der Naturgewinnung dienen.“ Der Mensch habe die Landschaft verändert. „Das Raubwild bedroht andere Tierarten, weil es keine natürlichen Feinde hat. Wenn dem Niederwild oder den Vögeln kein ausreichender Lebensraum zur Verfügung steht, sind sie schutzlos und den Beutegreifern ausgeliefert“, so Georg Bichler weiter. „Deshalb ist es wichtig, dass wir durch die Jagd das Gleichgewicht wiederherstellen. Damit nicht noch mehr Tierarten verloren gehen.“
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