Leserbrief
Leserbrief zum Artikel „Zusagen einhalten“ im „Karlsfelder Werbe-Spiegel“ vom 19. Juli 2017:
Polemisch, einseitig, unsachlich, einfach nur unglaublich: Erika Seidenspinner verdreht – wie schon so oft – in ideologischer Verblendung wieder einmal kommunalpolitische Tatsachen. Zwar hatte Karlsfelds Bürgermeister Kolbe nach dem Ratsbegehren von 2010, in dem sich – bei sehr geringer Wahlbeteiligung! – eine knappe Mehrheit gegen die Ausweisung eines Gewerbegebietes südlich der Schleißheimer Straße ausgesprochen hatte, tatsächlich bekundet, dass es in seiner Amtszeit diesbezüglich keinen weiteren Vorstoß seitens der Gemeinde geben werde. Dies war und ist bis heute nachweislich auch der Fall, weshalb die von Frau Seidenspinner und ihren Gleichgesinnten mantramäßig vorgebrachte Behauptung, wonach von entsprechenden Zusagen abgerückt worden wäre, schlichtweg unzutreffend ist.
Die Wahrheit ist, dass, angesichts der zunehmend prekären Haushaltslage Karlsfelds, mittel- und langfristig unbedingt zusätzliche Einnahmen in erheblichem Umfang generiert werden müssen, wenn das gewohnt hohe Leistungsspektrum der Gemeinde (Schulen, Kinderbetreuung, Hallenbad, Sportförderung u.v.m.) nicht eingeschränkt werden soll. Dabei muss sich das Augenmerk zwangsläufig auf die Gewerbesteuer als wichtigste kommunale Einnahmequelle – respektive auf die Ausweisung neuer Gewerbeflächen – richten, eine Erkenntnis, die seit geraumer Zeit sogar vom dem Frau Seidenspinner nahestehenden „Bündnis für Karlsfeld“ geteilt wird.
Um die (Gretchen-)Frage nach dem „Wo“ zu beantworten, wurde im Frühjahr 2016 von Seiten der Gemeinde die Bildung eines ergebnisoffenen Bürgerforums angeregt, an dem jeder interessierte Gemeindebürger teilnehmen konnte; ausdrücklich und bewusst ausgenommen waren lediglich politische Mandatsträger der im Gemeinderat vertretenen Fraktionen, um das erklärte Ziel, in dieser heiklen Frage den reinen Bürgerwillen zu ergründen, nicht zu verwässern bzw. das Votum des Ratsbegehrens nicht „durch die Hintertür“ auszuhebeln.
Am Ende mehrerer Gesprächsrunden gelangte dieser „Arbeitskreis Gewerbe“ (dem auch Frau Seidenspinner angehörte!) nach gründlicher Erörterung mit jeweils breiter Mehrheit zu dem Ergebnis, dass für neue Gewerbegebiete realistischerweise nur zwei Areale in Frage kommen, die aufgrund ihrer unterschiedlichen Gegebenheiten aber parallel entwickelt werden sollten. Neben einem Bereich im Umfeld des Heizkraftwerkes zwischen Münchner Straße und Eichinger Weiher, das als Mischgebiet mit kleinteiligem Gewerbe ausgewiesen werden könnte, eignet sich für gewerbesteuerintensivere Unternehmen insbesondere das Gebiet südlich der Schleißheimer Straße.
Die von Frau Seidenspinner und ihren Sympathisanten innerhalb und außerhalb des „Bund Naturschutz“ heraufbeschworene unwiederbringliche Zerstörung des Grünzuges zwischen Dachau und Karlsfeld, die mit einem dort entstehenden Gewerbegebiet einhergehen würde, lässt jedoch völlig außer Acht, dass es sich dabei zum einen um eine Fläche von relativ überschaubarer Größe handelt. Darüber hinaus wird konsequent verschwiegen, dass jeder Quadratmeter Nettobauland durch 2,4 Quadratmeter neu angelegte Grün- und Ausgleichsflächen ersetzt würde, die Raum für Naherholung und Biotope böten.
Fazit: Frau Seidenspinner sollte nicht immer nur eine Seite der Medaille beleuchten. Auch sollte sie so viel Demokratieverständnis besitzen, um den von ihr so oft – leider meist nur einseitig – strapazierten Begriff des „Bürgerwillens“ zu akzeptieren, auch wenn ihr dies aus ideologischen Gründen mitunter schwer fällt. Bei allem Verständnis für Kritik, die durchaus auch in dieser sensiblen Frage ihren Platz hat: Überzeugen kann letztlich nur, wer eine bessere (und vor allem auch realisierbare!) Alternative aufzeigen kann. Fundamentaloppositionelle sind dazu naturgemäß nur selten in der Lage. Viel bequemer ist für sie die Devise „Wasch‘ mir den Pelz, aber mach‘ mich nicht nass!“
Siegfried Weber, 85757 Karlsfeld, Mitglied im „Arbeitskreis Gewerbe“
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