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„Kritik ist nachvollziehbar“

Erster Bauabschnitt des Betreuten Wohnens fast fertiggestellt

179 Meter lang und bis zu 19 Metern hoch: schon im Juni sollen die ersten Bewohner des Neubauprojekts für Betreutes Wohnen einziehen. (Bild: sb)

179 Meter lang und Wandhöhen von bis zu 19 Metern: Direkt am Karlsfelder S-Bahnhof wird aktuell auf einem Grundstück an der Bayernwerk-/ Ecke Dr.-Johann-Heitzer-Straße Bayerns größtes Neubauprojekt für eine Betreute Wohnanlage gebaut. Insgesamt entstehen 252 Wohnungen, aufgeteilt in Ein– bis Vier-Zimmer-Wohnungen. Die 120 Wohnungen des ersten Bauabschnitts befinden sich in den finalen Fertigstellungszügen. Die Eigentümer und Mieter können bereits zum 1. Juni dieses Jahres in ihr neues Zuhause einziehen. Zum Jahresende folgt daraufhin die Fertigstellung der Wohnungen im zweiten Bauabschnitt. Die barrierefreien Wohnungen verfügen über eine 24-Stunden-Notrufanlage und sind seniorengerecht konzipiert.

Neben den eigenen vier Wänden steht ein Gemeinschaftsraum mit Lounge, Esstischen und Küchenzeile zur Verfügung, in dem man sich mit anderen Bewohnern treffen, Spiele spielen, lesen oder musizieren kann. Ebenso werden hier künftig von den Mitarbeitern des Betreuungsdienstes gelegentlich Veranstaltungen geplant: Lesungen, kleine Konzerte oder ein weihnachtlicher Nachmittag sollen den Bewohnern Abwechslung bieten.

Unumstritten ist das Projekt aber vor allem im Gemeinderat nicht gewesen. „Das Betreute Wohnen in Karlsfeld hat viele Kritiker. Das hat zum einen mit dem schlechten Ruf des „Betreuten Wohnen“ zu tun. Im Prinzenpark ist es zusätzlich die massive Ausgestaltung des Objekts, die viel Kritik erfährt“, betont Franz Trinkl, Vorsitzender der SPD Karlsfeld. „Aber: Baugrund ist nicht vermehrbar und teuer. Mehr als 250 Wohnungen sind dennoch eine Nummer. Und die Preise sind auch nicht für jedermann erschwinglich. Ich verstehe nicht, dass diese Wohnungen immer über den üblichen Marktpreisen vermarktet werden müssen. Schließlich kostet die Betreuung dann noch einmal extra“, so der Gemeinderat weiter. Der Bedarf an solchen Wohnung sei hingegen stark steigend. „Prognosen sprechen von einer Verdoppelung in den nächsten Jahren. Für Franz Trinkl ist nach eigenen Angaben Betreutes Wohnen in den unterschiedlichen Ausprägungen eine gute Wohnform für ältere Mitbürger. Damit könne ein Heimaufenthalt vermieden oder hinausgeschoben werden.

Als Ganzes sehen

Ähnlich sieht dies Bernd Wanka: „Die Bevölkerung in Bayern und damit auch in Karlsfeld wird immer älter. Ich habe beruflich als Reha-Manager viel mit Leuten zu tun, die nach einem schweren Arbeitsunfall ohne umfangreiche Wohnungshilfe und Pflege nicht mehr zu Hause wohnen bleiben können. Aus diesem Grunde ist neben Pflegeheimen eine breite Auswahl an Wohnformen für Senioren und Menschen mit Behinderung in Karlsfeld erforderlich“, erklärt der CSU-Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat. „Jeder möchte solange wie möglich eigenständig bleiben, man denkt aber meist erst dran, wenn man betroffen ist. Allerdings sehe ich auch, dass die 252 Wohnungen am Prinzenpark etwas wuchtig ausgefallen sind und ich Kritik nachvollziehen kann. Hier bitte ich das geplante Areal am Bahnhof als Ganzes zu sehen. Wir hoffen, dass der Investor das dringend benötigte Ortsteilzentrum zum Einkaufen bald umsetzen kann.“

Schallschutz

Gerade in punkto Einzelhandel scheint momentan aber Stillstand angesagt. Das kritisiert auch Bernd Rath vom „Bündnis für Karlsfeld“. „Es gibt keine ordentliche Infrastruktur, unter anderem Möglichkeiten zum Einkaufen. Aktuell ist auch nicht absehbar, dass sich daran etwas ändert“, so das Gemeinderatsmitglied. Das Bündnis geht vor allem aber auch mit dem Vorgehen bei der Genehmigung des Ganzen hart ins Gericht. „Das Gebiet, in dem das Betreute Wohnen gebaut wird, ist eigentlich ein Sondergebiet im Flächennutzungs- und auch im Bebauungsplan“, erklärt Bernd Rath. „Hier ist eigentlich keine Wohnbebauung zulässig. Die Gemeinde hat es aber zugelassen. Wir haben darauf hingewiesen, dass das Gebiet dann im Flächennutzungsplan als Wohngebiet hätte ausgewiesen werden müssen, was gleichzeitig bedeutet hätte, das deutlich weniger Wohnungen entstanden wären.“ Zudem sei das Gewerbegebiet, und somit auch das Gebäude des Betreuten Wohnens, als Schallschutz für das dahinter liegende Wohngebiet am Prinzenpark gedacht gewesen. „Es ist doch ein Widersinn in so eine Schallschutzwand dann Wohnungen rein zu bauen.“


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