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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
Hitzige Gemeinderatssitzung
Beschluss zu Landschaftsschutzgebiet mündet in Streitgespräch
Die Besucherplätze im großen Sitzungssaal waren bei der Gemeinderatssitzung am vergangenen Donnerstagabend nahezu restlos besetzt. Grund dafür war wohl Punkt drei der Tagesordnung: Der Beschluss zur Ausweisung von Flächen zwischen dem Wasserwerk und der Gemeindegrenze an Dachau als Landschaftsschutzgebiet (LSG). Denn dem Wunsch nach Naturerhalt und Umweltschutz stehen beiweilen die Interessen der Grundbesitzer gegenüber. Zwar stimmte der Gemeinderat mehrheitlich dafür, ein Landschaftsschutzgebiet von mehr als 140 Hektar Größe ausweisen zu lassen. Weitere Flächen, wie etwa vom Bundnaturschutz, der SPD-Fraktion und dem Bündnis gefordert, scheiterten jedoch am Nein vor allem aus Reihen der CSU.
Neben den von der Bauverwaltung zur Ausweisung eines Landschaftsschutzgebietes empfohlenen Flächen stimmten die Gemeinderatsmitglieder über die Miteinbezugnahme weiterer, vom Bund Naturschutz Karlsfeld vorgeschlagener Gebiete, ab. Dass hiervon nur eine Fläche in den Beschluss aufgenommen wurde, lag vor allem am Gegenwind der CSU-Fraktion. Bürgermeister Stefan Kolbe etwa warnte davor, den in den auszuweisenden Flächen ansässigen Betrieben, wie etwa der Gärtnerei, mit restriktiven Naturschutzauflagen ein Bein zu stellen. Der CSU-Fraktionsvorsitzender Bernd Wanka legte zudem nahe, einer Abstimmung zur Ausweisung weiterer Flächen ein Expertengutachten voranzustellen.
Signalwirkung fördern
Die Bündnis-Fraktion sah das anders und plädierte dafür, möglichst viele Flächen vorzuschlagen. Ungeeignete Flächen, so die Argumentation, würden im weiteren Verfahren ganz automatisch aussortiert. Die Ausweisung eines Landschaftsschutzgebietes habe eine Signalwirkung und werde eher als schützenswerte Landschaft wahrgenommen, so Mechthild Hofner. „Landschaftsschutzgebiet versteht man einfach besser als Regionaler Grünzug“, argumentierte die Fraktionsvorsitzende.
Kritik am Bündnis
Diskussionsbedarf bestand jedoch nicht allein im Bezug auf die zur Ausweisung zum Landschaftsschutzgebiet geeigneten Grünflächen. Auf die Bündnis-Fraktion hagelte es Kritik von allen Seiten bezüglich eines möglichen Wortbruches zum Thema Gewerbegebiet. CSU, SPD und Freie Wähler hatten das Ja des Bündnis für Karlsfeld zum Landschaftsschutzgebiet auch als ein Ja zum Gewerbegebiet an der Schleißheimer Straße gedeutet. Dass das Bündnis nun jedoch ein mögliches Bürgerbegehren gegen die Bebauung des Grünzuges unterstützen will, wird im Gemeinderat als Vertrauensbruch gedeutet. „Kommunalpolitik funktioniert nur durch Kompromisse, nicht durch Maximalforderungen“, mahnte Bernd Wanka. Bernd Rath vom Bündnis hingegen stellte klar, dass ein Landschaftsschutzgebiet nichts am Nein der Fraktion zum Bau eines Gewerbegebietes im geschützten Grünzug ändere.
In privaten Gesprächen hätte, so der Vorwurf der Christsozialen, Mechthild Hofner jedoch angedeutet, das Gewerbegebiet 2 in Verbindung mit einem Landschaftsschutzgebiet zu unterstützen. Auch SPD und Anton Flügel von den Freien Wählern zeigten sich vom Bündnis enttäuscht. Mechthild Hofner hingegen sagte, sie habe sich nie öffentlich zu einem solchen Kompromiss bekannt. Ohnehin könne von einem Kompromiss keine Rede sein, so Hofner. „Ein Kompromiss wäre ein Gewerbegebiet in Zusammenhang mit einem größtmöglichen Landschaftsschutzgebiet.“ Ein solcher Beschluss sei jedoch nie zur Abstimmung gestanden, betonte die Bündnisrätin.
"Enteignungsähnlicher Eingriff"
Vor der Abstimmung zum Beschluss eines Landschaftsschutzgebietes lieferten sich die Gemeinderäte, allen voran Johann Willibald und Mechthild Hofner, hitzige Wortgefechte über mögliche oder unmögliche Versprechungen. Am Ende stimmte der Gemeinderat mit Ausnahme von Wolfgang Offenbeck, der die Ausweisung von Privatgrund zum Landschaftsschutzgebiet als „enteignungsähnlichen Eingriff“ bezeichnete, geschlossen für die vom Verwaltungsamt vorgeschlagenen Flächen. Zudem stimmte das Gremium mit 12 zu 11 Stimmen für die Aufnahme einer weiteren Fläche am Krebsbach in den Beschluss. SPD-Fraktionsvorsitzende Hiltraud Schmidt-Kroll brachte das Dilemma dann auf den Punkt: Während die Entscheidung über die Ausweisung eines neuen Gewerbegebietes der Gemeinderat trifft, wird der Beschluss zum Landschaftsschutz im Landratsamt gefällt. Und kann sich über Jahre hinziehen, Vertrauen hin oder her.
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