Gemeinschaftserfolg für Artenschutz
Neues Zuhause für tausende kleine Kröten
Tausende kleine Wechselkröten haben beim Karlsfelder Umspannwerk der Bayernwerk Netz (Bayernwerk) ein neues Zuhause gefunden - ein Gemeinschaftserfolg für den Artenschutz. Durch das Zusammenwirken des Bayernwerks, der Bayerischen Kulturlandstiftung und des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) wurde ein ideales Biotop geschaffen und Krötenlaich von einer Großbaustelle umgesiedelt.
„In den neu angelegten Tümpeln am Karlsfelder Umspannwerk herrscht seit einigen Wochen reges Treiben. Die Kaulquappen der Wechselkröte machen ihre Verwandlung durch und unzählige Hüpferlinge erkunden ihre Umgebung. Sonnige Uferzonen mit zahlreichen Versteckmöglichkeiten machen das Biotop ideal für die vom Aussterben bedrohte Art. Die 1,4 Hektar große Ausgleichsfläche besteht zwar schon seit den 1990er Jahren, war jedoch mit Bäumen und Sträuchern bewachsen. „Auf Anraten von Naturschutzvertretern in der Region haben wir die Fläche für ein Biodiversitätsprojekt zur Verfügung gestellt. Zusätzlich profitieren wir von der Gehölzentnahme unter unseren Leiterseilen und der Generierung von Ökopunkten“, erklärt Bernd Lang, Trassenmanager bei der Bayernwerk Netz.
Seit etwa anderthalb Jahren lässt der Netzbetreiber zahlreiche Flächen bayernweit ökologisch aufwerten. Derzeit sind das zwölf Projekte auf 24 Hektar. Weitere sind in Planung. Hintergrund ist der Aufbau sogenannter Ökokonten, auf dem das Unternehmen Punkte sammelt für künftige Eingriffe in die Natur und Landschaft etwa für Neubauten oder Instandhaltungsmaßnahmen. „Wir wollen Ökopunkte nicht einfach kaufen, sondern als Vorhabenträger bei der Konzeptionierung, der Genehmigung, der Umsetzung sowie der langfristigen Pflege der Ökoflächen involviert sein. Das ist uns wichtig, damit wir eine verantwortungsvolle Kompensation sicherstellen können“, bestätigt Bettina Bodenstein, Biologin bei der Bayernwerk Netz. Alle Maßnahmen, auch die in Karlsfeld, werden 25 Jahre lang von Experten der Bayerischen Kulturlandstiftung betreut. Die Pflege der beiden Tümpel in Karlsfeld übernimmt der LBV Dachau.
Ausgleichsmaßnahmen mit Sinn und Ziel
Damit die Umweltschutzprojekte Hand und Fuß haben, hat sich die Bayernwerk Netz GmbH einen kompetenten Partner mit ins Boot geholt. Die Bayerische Kulturlandstiftung (BLKS) ist eine Stiftung des Bayerischen Bauernverbandes und hat den Auftrag, die heimische Kulturlandschaft zu bewahren und gemeinsam mit Kommunen, Land- und Forstwirten sowie Unternehmen Ausgleichsmaßnahmen zu planen, durchzuführen und langfristig zu betreuen. BLKS-Geschäftsführer Dominik Himmler berichtet: „Wir haben die Ausgleichsfläche in Karlsfeld unter dem Aspekt der Artenvielfalt neu bewertet und in Zusammenarbeit mit der Naturschutzbehörde Dachau hochwertiger gestaltet als sie vorher war.“ Dazu wurden große Teile der Fläche freigelegt und eine Mischung aus 55 heimischen Grünlandarten angesät als Nahrung für Insekten und Wildtiere. Dass zusätzlich zwei Tümpel für die Wechselkröte angelegt wurden, ergab sich aus dringendem Bedarf.
Rettungsaktion für die Wechselkröte
Christian Köbele, der für den Landesbund für Vogelschutz das Artenhilfsprojekt Wechselkröte im Raum München betreut, erklärt: „Die Wechselkröte gehört mittlerweile zu den seltensten Tieren unserer Heimat.“ Noch um 1970 habe es im Großraum München eines der größten Wechselkrötenvorkommen Deutschlands gegeben. Doch ihr Lebensraum, die Wildflussaue, ist größtenteils verschwunden. Heute finden die Tiere nur noch selten optimale Bedingungen zur Fortpflanzung. Wahrscheinlich aus diesem Grund hatte sich eine Karlsfelder Krötenpopulation ausgerechnet eine Großbaustelle zum Ablaichen ausgesucht. „Die Fortsetzung der Bauarbeiten hätte viele Jungtiere das Leben gekostet. Daher haben ehrenamtliche Helfer des LBV Dachau in einer groß angelegten Rettungsaktion eimerweise Laichschnüre in das neue Biotop gebracht“, berichtet Christian Köbele. Er freue sich, dass sich Kaulquappen und Hüpferlinge so prächtig entwickelt haben. Ob die Artenschutzmaßnahme langfristig erfolgreich sein wird, hängt davon ab, ob die Tiere zur Fortpflanzung wieder zu den Tümpeln beim Umspannwerk zurückkehren. Das wird sich erst in drei Jahren zeigen, denn so lange dauert es, bis Wechselkröten geschlechtsreif sind.
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