Einzigartiges Projekt
Seniorenbeirat besichtigt Forschungswohnung
Weltweit hat Deutschland nach Japan die älteste Bevölkerung und dies wird sich auch so schnell nicht ändern. Die allermeisten Senioren wünschen sich, im Alter möglichst lange selbstständig in den eigenen vier Wänden leben zu können. Wie dieser Wunsch zu realisieren ist, beschäftigt den Landkreis-Seniorenbeirat schon seit langem. Jetzt hat er mit seinem Vorsitzenden Hermann Krusch ein einzigartiges Projekt der Hochschule Kempten besichtigt.
Schranktüren öffnen sich von selbst, die Beleuchtung wird automatisch nach dem jeweiligen Außenlicht entsprechend gesteuert und angepasst, Küchenschränke können herabgefahren werden, um das Geschirr leichter zu erreichen, der Herd schaltet sich bei Unregelmäßigkeiten selbst ab und im Schlafzimmer steht ein Bett mit Aufstehhilfe. Dies und vieles mehr befindet sich in einer 55 Quadratmeter großen Forschungswohnung in einer Seniorenwohnanlage in Kempten. „In zehn Jahren wird das alles Normalität sein“, erklärt Ingenieur Alexander Karl.
Prototypen und intelligente Assistenzsysteme
Die Studenten und Ingenieure der Hochschule entwickeln entsprechende Prototypen und intelligente Assistenzsysteme, die in dieser Wohnung unter Praxisbedingungen getestet und ausprobiert werden. So versteckt sich beispielsweise raffinierte Technik in Form von Sensoren im Fußboden, die bei einem Sturz Alarm auslösen, der an eine Notrufstelle, einen Pflegedienst oder an den Nachbarn geleitet wird. Sehr beeindruckt hat die Dachauer Landkreis-Seniorenbeiräte auch die papierfreie Toilette. Tritt man davor öffnet sich automatisch der Deckel und die Sitzheizung wird aktiviert. Pfleger müssen keine „unliebsamen Aufgaben“ übernehmen und Toilettenpapier ist nicht mehr notwendig. Ein feiner Wasserstrahl reinigt und der eingebaute Fön trocknet. „In Japan sind solche Toiletten bereits zum großen Teil Standard und auch bei uns sind sie immer mehr im Kommen“, erklärt Hermann Krusch.
Bedienelemente sind einfach gehalten
Mit der digitalen Technik in der Kemptener Forschungswohnung kommen auch betagte Einwohner problemlos zurecht, da die Bedienelemente sehr einfach gehalten sind. Das Internet berge aber natürlich auch Risiken bei der Übertragung von Daten. Eine letzte Sicherheit werde es nicht geben, meinte Alexander Karl, aber man müsse dafür sorgen, dass die Geräte mit starken Passwörtern und regelmäßigen Updates gesichert sind. Es werde aber immer eine Grundsatzentscheidung des Einzelnen sein, was ihm wichtiger ist: technikbasierte Selbstständigkeit oder seine Daten lieber keinem System anzuvertrauen.
„Die in der Seniorenwohnung eingebaute Technik ist teilweise nicht gerade billig, aber es gibt bereits viele intelligente Geräte und Einrichtungen auch für den kleinen Geldbeutel“, so Hermann Krusch weiter. Erleichterung habe man zum Beispiel mit seniorengerechtem Besteck und Geschirr, unterschiedlichen Haltegriffen, einer absenkbaren Gardinenstange, es gebe Sprachsysteme, die die Beleuchtung steuern, Musik spielen, vorlesen oder Essen bestellen. Die Mitglieder des Landkreis-Seniorenbeirats werden dieses Thema auch noch weiter behandeln und ältere Mitbürger über die Möglichkeiten von Erleichterungen und Hilfen im selbstbestimmten Wohnen entsprechend informieren.
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