„Eigene Zukunft aufbauen“
Mudassar Mehmood aus Pakistan schließt Berufsschule mit Auszeichnung ab
Ein besonderer Tee für einen besonderen Anlass: Mudassar Mehmood aus der Parzivalstraße hatte kürzlich Elfriede Peil vom Helferkreis Karlsfeld eingeladen, denn es gab etwas zu feiern. „Was möchten Sie trinken? Nur Wasser oder doch lieber einen pakistanischen Tee?“, hat der 24-Jährige aus Pakistan die ehrenamtliche Helferin gefragt. Das Ganze sei sehr einladend gewesen, erzählt Elfriede Peil, die sich natürlich für den Tee entschieden hatte. Und sie sei erstaunt gewesen, wie er zubereitet wird: „In die erhitzte Milch – und nicht ins Wasser – kommen die feinen Teeblätter, werden kurz aufgekocht, dann wird alles abgesiebt und mit Zucker gesüßt. Es schmeckt mit der feinen Cremigkeit und zartbraunen Farbe sehr gut“, betont sie.
Die pakistanischen Brüder Mudassar Mehmood und der 19-jährige Muqarrab Shazad haben die Berufsschule erfolgreich abgeschlossen und haben im September eine dreieinhalbjährige Lehre begonnen: der Ältere in Dachau als Feinwerkmechaniker, der Jüngere in Kirchheim als Konstruktionsmechaniker. Eine weitere Besonderheit ist, dass Muqarrab die Schule mit Auszeichnung als Bester seines Jahrgangs abgeschlossen hat und mit einer Urkunde geehrt wurde. Stolz zeigt er, was er außerdem von Landrat Stefan Löwl auf der Abschiedsfeier überreicht bekam: Die silberne Ehrenmünze „Patrona Bavariae“. Das steht lateinisch für „Patronin Bayerns“ und ehrt die Gottesmutter Maria als Schutzheilige Bayerns.
Viele gute Wünsche
Dazu gab es zwei Bücher: Von Rolf Dobelli „Die Kunst des klaren Denkens“ und von Hans-Günter Richardi den „Dachauer Zeitgeschichtsführer“. Ein Schreiben vom Landrat, in er dem jungen Pakistani „für Ihre weitere persönliche und berufliche Zukunft alles Gute“ wünscht, hatte als Motto einen Satz von Eleanor Roosevelt, der amerikanischen Menschenrechtsaktivistin und zeitweiligen First Lady der Vereinigten Saaten: „Die Zukunft gehört denen, die an die Schönheit ihrer eigenen Träume glauben.“
Bei so viel guten Wünschen ist die Frage nach den Wünschen der beiden Brüder besonders wichtig: „Wir möchten uns selber eine gute Zukunft aufbauen, wir wollen arbeiten, selbständig sein, nicht von anderen abhängig sein, auch nicht vom Staat.“ Der kann, so Elfriede Peil vom Helferkreis, einiges für eine solche allseits gewünschte Zukunft tun: „den vorerst abgelehnten Antrag auf Asyl im Gerichtsverfahren umwandeln in ein Bleiberecht.“
Freiwillige Helfer gesucht
Der Karlsfelder Helferkreis sucht im Übrigen dringend weitere freiwillige Helfer. „Wir haben inzwischen 350 Flüchtlinge in den Unterkünften an der Parzivalstraße und in der Hochstraße“, erzählt Elfriede Peil. „Nach der anfänglichen Notfallhilfe geht es jetzt um Integration und nochmal Integration.“ Das heißt konkret: Alltagshilfe, Sachspenden sammeln und verteilen, die deutsche Sprache vermitteln, Fahrradfahren beibringen, Kindern bei den Hausaufgaben helfen, das Handwerkszeug für die Arbeit am Computer vermitteln, Dolmetschen, PR und Öffentlichkeitsarbeit betreiben, Planen und Organisieren, bei der Arbeitssuche helfen oder die Berufsschüler mit Hausaufgabenhilfe fördern.
„Freue mich über die Fortschritte“
Für Elfriede Peil ist die ehrenamtliche Arbeit sehr wichtig. „Früher habe ich gesagt: Das Ehrenamt ist das Sahnehäubchen im Zusammenleben. Heute sage ich: Es ist das das tägliche Brot“, betont sie. „ Ich bin berührt davon, wie sie mir Vertrauen schenken, wenn ich über sie für die Öffentlichkeit berichte. Ich bin beglückt, wie die Kinder aus den verschiedensten Nationen zusammen leben.“
Ähnlich sieht dies auch Evi Wimmer: „Ohne die ehrenamtliche Arbeit wäre Integration gar nicht möglich. Vieles können der Staat und andere Institutionen nicht leisten, schon allein deshalb weil Integration auch etwas ist, das auf menschlicher Ebene im täglichen Zusammenleben geschieht“, sagt die freiwillige Helferin. „Ich freue mich darüber, die Kinder aus verschiedenen Nationen gemeinsam spielen zu sehen. Genauso freue ich mich auch über die Erfolge und Fortschritte der Erwachsenen, und zu sehen, wie sie immer mehr an unserem Leben teilnehmen. Und ich lerne sehr viel von ihnen und über ihre Kulturen.“
Ohne das Engagement der vielen Ehrenamtlichen wären die öffentlichen Einrichtungen in der Flüchtlingsbetreuung nach Ansicht von Helmut Blahusch „heillos überfordert“, betont das Helferkreis-Mitglied. Das unterstreicht auch Max Eckardt, ebenfalls Mitglied im Helferkreis: „Der Staat kann nicht alles schaffen. Wir vom Helferkreis haben die Möglichkeit individuell, ohne Einengung durch Vorschriften oder Zuständigkeiten, zu helfen.“ Für Helmut Blahusch ist zudem klar, warum er ehrenamtlich tätig ist: „ Es macht einfach Freude für sein Engagement unmittelbar positives Feedback zu bekommen, oft auch nur für kleine Dinge.“
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH