83b bleibt!
Nach Außervollzugsetzung: Gemeinderat stimmt mehrheitlich für ergänzendes Verfahren
Jahrelang wurde um die Zukunft der „Neuen Mitte“ Karlsfeld gebangt und gezankt. Nach einem Ratsbegehren im Herbst letzten Jahres dann das „Ja“ der Bürger zum Bebauungsplan 83b: Auf dem Gelände soll das lang ersehnte Ortszentrum mit Wohneinheiten und Einzelhandelsflächen entstehen. Vor gut einem Monat dann der Schock für die Befürworter des Projekts: Nach der Klage zweier Anwohner, setzte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Bebauungsplan 83b außer Vollzug. Vergangenen Donnerstag beriet der Gemeinderat über die weiteren Schritte.
Über ein Jahr ist es her, dass die Karlsfelder über die Zukunft ihrer „Neuen Mitte“ entschieden. Damals hatten 57,2 Prozent der Karlsfelder für den Bebauungsplan 83b gestimmt. Nun zeigte sich, wie groß der Unmut der restlichen 42,8 Prozent der Wähler wirklich war. Bernd Rath, Anwohner, Bündnis-Gemeinderat und Kopf der Bürgerinitiative „Ortsentwicklung Karlsfeld“, die eine Umsetzung des Bebauungsplanes verhindern wollte, reichte beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) eine Normenkontrollklage ein.
"Erhebliche Bedenken"
Und konnte einen ersten Erfolg verbuchen. Der VGH setzte den Bebauungsplan 83b „Neue Mitte Karlsfeld“ am 30. Oktober im Eilverfahren außer Vollzug. In dem zwölfseitigen Beschluss, der auf der Homepage der Gemeinde einsehbar ist, heißt es als erste Begründung: „Der Bebauungsplan ist offensichtlich bereits aus formellen Gründen unwirksam.“ Der VGH nimmt hierbei Bezug auf eine DIN-Vorschrift zum Emissionskontingent. Diese sei im Bebauungsplan zwar textlich festgesetzt, es fehle jedoch der Verweis darauf, dass sie der Öffentlichkeit zur Einsicht bereit stehe.
Des Weiteren äußerte der VGH „erhebliche Bedenken im Hinblick auf den Inhalt des Bebauungsplans“, heißt es in einer Pressemitteilung. Die Gemeinde hätte es versäumt zu prüfen, ob die Stromleitung der Bahn im nördlichen Gebiet unterirdisch hätte verlegt werden können. Zudem hätte die Gemeinde die Zumutbarkeit der hohen Verkehrsbelastung durch die Einzelhändler prüfen müssen.
Eins, zwei oder drei?
Soweit also die Lage. Doch wie sieht die Lösung aus? Es gebe drei Möglichkeiten, erklärte Mathias Reitberger den Gemeinderäten und Besuchern. Erstens: Nichts tun und das Hauptverfahren abwarten. Zweitens: Den Bebauungsplan 83b aufheben. Oder drittens: Ein ergänzendes Verfahren einleiten.
Das Bündnis für Karlsfeld stand geschlossen hinter Vorschlag Nummer zwei. „Mit einem neuen Bebauungsplan kommen wir besser weg“, so Birgit Piroué. Das Bündnis hatte daher in einem Eilantrag die Aufhebung des Bebauungsplanes gefordert. Bündnis-Fraktionsvorsitzende Mechthild Hofner: „Ich finde es ernüchternd, dass bei solchen Großprojekten solche Fehler gemacht werden."
Teilen wollte die Einschätzung jedoch niemand im Gemeinderat. „Welches Bild würde es nach so vielen Diskussionen und einem Bürgerentscheid abgeben, wenn wir jetzt einfach alles aufgeben?“, mahnte Bürgermeister Kolbes Stellvertreter, Stefan Handl (CSU). Auch aus der SPD-Fraktion kamen kritische Stimmen. „Wenn man nichts tut, macht man keine Fehler. Wir aber haben viel für den Bebauungsplan getan“, erinnerte Gemeinderat Günter Meikis (SPD). Zudem stellte Alexander Krug vom Landratsamt Dachau klar: „Es ist selbst für Profis schwierig, so einen komplexen Bebauungsplan ohne jeden Fehler hinzukriegen."
"Erfolgsausichten sind gut"
Dementsprechend eindeutig ging auch die Entscheidung aus. Mehrheitlich beschloss der Gemeinderat ein ergänzendes Verfahren einzuleiten. „Die Erfolgsaussichten für ein Verfahren sind durchaus gegeben“, so Mathias Reitberger. In dem Verfahren sollen nun alle vorhandenen Fehler ausgeräumt und beseitigt werden. Auch Bürgermeister Stefan Kolbe begrüßte die Entscheidung.
Auswirkungen auf den Baufortschritt hat die Klage derweilen nicht. Alle drei Baugenehmigungen sind zur Zeit vollziehbar, erklärte Alexander Krug. Das sollte zumindest die Investoren freuen. Diese gaben sich nach dem Beschluss des Gemeinderates zuversichtlich. Bei den inhaltlichen Aspekten handele es sich lediglich um „Bedenken“, so Dr. Kilian Kasperek von Investa: „Ich bin überzeugt, dass die Gemeinde alle diese Punkte durch entsprechende Gutachten widerlegen kann.“
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