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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
Spannend, berührend, lustig
Migranten berichten in der Ausstellung "Mein Nachbar aus..." über ihre Erfahrungen
Der Tisch ist voller Süßigkeiten, der Name des Babys prangt in bunten Buchstaben auf der blauen Tischdecke. Gulala zeigt stolz ihre Fotos. Im vergangenen Jahr hat sie ihr zweites Kind bekommen. Ein Bub, ein echtes Münchner Kindl. Gulala selbst stammt aus Kurdistan im Nordirak. "Wenn eine Frau in Kurdistan ein Kind bekommt, dann bereiten die Nachbarinnen ganz viel vor. Sie helfen und bringen Süßigkeiten. In Deutschland ist das ganz anders", sagt sie. "Hier in Deutschland sagt man, dass die Frau nach der Geburt ihre Ruhe braucht." Über ihre Erfahrungen mit Nachbarschaft hat Gulala berichtet. Genau wie 27 andere Migranten aus ganz München. Entstanden ist daraus die Wanderausstellung "Mein Nachbar aus...", die am 1. März im Stadtteilkulturzentrum Guardini90 (Guardinistr. 90) eröffnet wird.
"Bereichernde Gespräche"
Es sind spannende, berührende, lustige Geschichten aus der Nachbarschaft, die für die Ausstellung entstanden sind. "Wir haben mit den Migrantinnen und Migranten jeweils ein einstündiges Interview geführt", sagt Stefanie Junggunst, Leiterin des Nachbarschaftstreffs Blumenau. "Mein Nachbar aus..." sei Teil des Projekts "Die Teilgeber" vom Verein für Sozialarbeit e.V., mit dem gute Nachbarschaften in München gefördert werden sollen. Mit drei weiteren Treffleitungen hatte Stefanie Junggunst das Vorhaben beantragt und die Interviews geführt. "Diese Gespräche waren sehr bereichernd für beide Seiten", sagt sie. Die Gesprächspartner hätten es als sehr wertschätzend erfahren und man habe viel über Nachbarschaft nachgedacht. "Wir möchten mit dieser Ausstellung andere Menschen begeistern, aufeinander zuzugehen und die Nachbarschaft gemeinsam zu gestalten", so Stefanie Junggunst.
"Man hat hier weniger Zeit"
Die Interviews wurden aufgeschrieben und sind nun zusammen mit Fotos der Migranten in der Ausstellung zu sehen. Während Stefanie Junggunst auf den Auslöser drückte, ergänzte die Künstlerin Franziska Fröhlich die Geschichten mit Illustrationen der befragten Personen. Eine von ihnen ist auch Fariha aus Pakistan, die genau wie Gulala in der Blumenau wohnt. "Ich mag verschiedene Kulturen und fand das Thema interessant", begründet sie ihre Teilnahme an dem Projekt. "Die Leute in Pakistan legen sehr viel Wert darauf, guten Kontakt zu den Nachbarn zu haben. Man sagt bei uns: Die Verwandten kommen erst nach den Nachbarn. Weil die Nachbarn sind die, die zuerst da sind, wenn man sich in einer schwierigen Situation befindet", heißt es in Farihas Ausstellungsbeitrag. In München sei das mit der Nachbarschaft anders. "Man hat hier weniger Kontakte. Ich denke, das Leben in Deutschland ist zu schnell. Man hat hier weniger Zeit", sagt Fariha. Das Wetter spiele sicher auch eine Rolle. "Die Menschen sind weniger draußen." Trotz allem habe sie in ihrer Nachbarschaft viele Kontakte. "Ich engagiere mich im Nachbarschaftstreff, weil ich hier ein Stück von dem finde, was ich schon als Kind hatte: Lebendigkeit in der Nachbarschaft", schließt ihr Beitrag.
Zur Ausstellung ist das kleine Buch "Mein Nachbar aus..." erschienen, in dem alle Beiträge und Illustrationen zusammengefasst sind und das für 3 Euro erworben werden kann.
Öffnungszeiten
"Mein Nachbar aus..." wird am Donnerstag, 1. März, um 19 Uhr im Guardini90 eröffnet. Zu sehen ist die Ausstellung, in Kooperation mit Kultur in Hadern e.V., von 2. bis 28. März montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr, donnerstags auch von 17 bis 19 Uhr sowie nach Vereinbarung. Der Eintritt ist frei. Weitere Infos unter www.guardini90.de und www.kultur-in-hadern.de im Internet.
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