Mit Schwesternkleid und Humor
Malteser Patientenbegleitdienst hilft im Klinikum Großhadern
Der Rollstuhl kommt sofort an die Kette. Denn Rollstühle verschwinden ganz schnell. "Malteser" prangt in dicken Lettern auf der Lehne. Christa Ruhl hat ein wachsames Auge darauf. Die 69-Jährige leitet den Patientenbegleitdienst des Malteser Hilfsdienstes München e.V. im Klinikum Großhadern. Seit 32 Jahren engagiert sich Christa Ruhl in diesem Ehrenamt. Da gab es den Service gerade mal ein Jahr. "1984 wurde der Dienst ins Leben gerufen. Es fehlte jemand fürs Menschliche", sagt sie.
Beim Kochen zum Ehrenamt gekommen
"Ich habe damals zuhause beim Kochen im Radio gehört, dass Ehrenamtliche für den Patientenbegleitdienst gesucht werden", blickt Christa Ruhl zurück. Ihre beiden Kinder sind zu diesem Zeitpunkt im Teeniealter, Christa Ruhl hat Zeit und meldet sich. Seitdem hilft sie Patienten beim Finden der richtigen Station, packt Reisetaschen auf Kofferkulis und schiebt Personen, die nicht gut zu Fuß sind, mit dem Rollstuhl zum gewünschten Ziel. Es geht durch Gänge, um Ecken, in Aufzüge. Das Klinikum Großhadern ist riesig.
Gleich beim Eingang befindet sich die Theke des Begleitdienstes. Christa Ruhl deutet auf eine leere Fläche unweit der Theke. "Dort sollten eigentlich die Pfand-Rollstühle und Kofferkulis stehen", sagt sie. "Die funktionieren wie die Einkaufswagen im Supermarkt." Doch stattdessen baumeln nur Ketten an den Stangen. "Die Patienten nehmen die Rollstühle und stellen sie sich aufs Zimmer", beklagt Ruhl. Seit einigen Wochen nun haben die Malteser fünf eigene Rollstühle, fünf weitere wurden ihnen von einem Sanitätshaus zur Verfügung gestellt. "Die geben wir nicht aus der Hand, sonst sind die auch weg", erklärt Ruhl.
Es ist viel los an diesem Vormittag. Patienten kommen und gehen, fragen nach Wegen, nach Rollstühlen. Auch Josef Niedereder checkt an diesem Morgen in Großhadern ein. Gehen könne er schon, sagt er vergnügt. Aber mit dem Gepäck brauche er halt Hilfe. In diesem Moment entdeckt Christa Ruhls Kollegin Lore Horn einen Kofferkuli. Sie sprintet los und kommt triumphierend zurück. Rasch das Gepäck aufgeladen und schon geht es zur Station.
"Wir brauchen dringend Unterstützung"
"Als ich hier anfing, waren wir ungefähr zehn Ehrenamtliche. Dann waren wir mal gut 30 Frauen. Das war so um das Jahr 2000 herum", erklärt Christa Ruhl. Ihr fester Tag ist eigentlich der Mittwoch, doch für das Gespräch ist sie gerne an einem Dienstag ins Klinikum gekommen. Im Moment seien sie ein Team von 24 Damen, die alle hochmotiviert seien und einen tollen Dienst machten. "Wir haben starke Nachwuchssorgen. Wir brauchen dringend Unterstützung", sagt sie.Täglich Montag bis Freitag von 7.30 bis 15 Uhr bieten jeweils vier Frauen den Patientenbegleitdienst an. "Wir sind ein gutes Team. Das läuft nur, wenn man sich auf alle verlassen kann", betont Christa Ruhl. Eingetragen werden die Dienste in einem Kalender, dem so genannten "schwarzen Buch". Es wird abgestimmt, geplant und auch mal ein Tag oder eine Uhrzeit getauscht, wenn jemand einen Termin hat oder krank ist. Natürlich kann man sich jederzeit frei nehmen, in den Urlaub fahren oder auch mal die Enkel hüten.
"Oft mit Ängsten verbunden"
Nicht alle Damen beginnen gleichzeitig. "Die ersten beiden kommen um 7.30 Uhr und gehen um 13 Uhr, die nächste ist von 9 bis 14 Uhr hier und die letzte von 10 bis 15 Uhr." Wer sich hier engagieren wolle, brauche vor allem viel Einfühlungsvermögen und Humor. "Man muss gut auf Menschen zugehen können, denn nicht alle Patienten, die Hilfe brauchen, sprechen uns sofort an." Die allermeisten seien dankbar für die Hilfe. "Es gibt aber auch einige, die unfreundlich sind", sagt Christa Ruhl und zuckt die Schultern. "Es ist halt auch eine besondere Situation im Krankenhaus, das ist oft mit Ängsten verbunden. Da hilft schon persönliche Zuwendung, wie ein nettes Gespräch." Gut zu Fuß müsse man zudem sein und keine Probleme mit dem Rücken haben.
"Mit einem guten Gefühl nach Hause gehen"
Interessenten könnten erst einmal einen Probelauf machen und sich den Dienst in Ruhe ansehen. "Man braucht dann gut zwei bis drei Monate, bis man sich eingearbeitet hat", schätzt Christa Ruhl. "Leider lassen sich einige Interessenten von unserem Schwesternkleid abschrecken. Aber das tragen wir nun einmal. Daran werden wir auch nichts ändern. Es ist ein gutes und wichtiges Erkennungszeichen für die Patienten." Zudem würden einige Interessenten bemängeln, dass es keine Aufwandsentschädigung gibt. "Wir bekommen Essensmarken und die Fahrtkosten. Es ist eben ein Ehrenamt." Die Zusammenarbeit mit den Malteser funktioniere sehr gut, so Christa Ruhl weiter. "Wir erfahren Hilfe und Unterstützung in allen Angelegenheiten. Wir können dort Kurse machen und auch alle Veranstaltungen im Klinikum besuchen." Weitaus wichtiger sei für sie aber, mit einem guten Gefühl nach Hause zu gehen.
Das Telefon an der Theke klingelt. Es ist die medizinische Poliklinik. Eine Patientin möchte abgeholt werden. Christa Ruhl befreit einen Rollstuhl von der Kette und fährt in den ersten Stock. Die Klinik ist schnell zu erreichen, die Patientin wartet schon. "Zurück zum Ausgang, Frau Ruhl." Ihr Ton hat etwas Militärisches. Christa Ruhl lächelt. "Sie sind ja schnell drangekommen. Wir haben sie ja erst vor kurzem hier hochgebracht", beginnt sie das Gespräch. "Ja, da habe ich ein mordsmäßiges Glück gehabt", freut sich die Patientin.
Nachwuchs ist willkommen
Christa Ruhl wird im April 70 Jahre alt. Eine Zeitlang könne sie sich ihr Ehrenamt schon noch vorstellen. Wenn sie einen Wunsch frei hätte, dann das: mehr Rollstühle, die für die Patienten und Begleitpersonen frei verfügbar sind. Und Nachwuchs.
Wer sich für eine Mitarbeit im Patientenbegleitdienst interessiert, kann sich direkt bei Christa Ruhl unter der Telefonnummer (089) 8596957 melden. Weitere Infos gibt es zudem unter www.malteser-muenchen.de im Internet.
Der Malteser Patientenbegleitdienst stellt sich auf der Münchner Freiwilligenmesse am Sonntag, 22. Januar, von 10 bis 17 Uhr im Gasteig vor.
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