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Baustelle Stiftsbogen schlägt Wellen

Nach Bekanntwerden von Verflechtungen steht BA-Chef unter Druck

Rund 200 Bewohner in sieben Aufgängen sind von den Baumaßnahmen am Stiftsbogen betroffen. Ungefährlich ist das Leben auf der Baustelle nicht. (Bild: Birgit König)

Unzureichende oder keine Absperrung der Gerüste, Stolperfallen durch lose Platten auf den Wegen, ein Container, der beim Hochhieven durch den Kran in die Brüstung eines Balkons geknallt ist, gefährlich überstehende Paletten mit Baumaterialien auf dem Dach, blockierte Feuerwehrzufahrten, stundenlange Stromsperrungen, Wasserschäden und ein unglaublicher Lärmpegel – dies sind nur einige der Klagen, mit denen sich etliche Mieter der Anwesen Stiftsbogen 154 bis 166 Anfang vergangener Woche an den Bezirksausschuss Hadern (BA 20) gewandt hatten. Die Betroffenen wohnen sozusagen mitten in einer riesigen Baustelle, da die Gebäude allesamt aufgestockt werden und daneben außerdem ein achtstöckiges Punkthaus gebaut werden soll.

Brief an die Mieter

Besonders zermürbend für die Hausgemeinschaften sei die Tatsache, dass man nicht wirklich informiert werde, keinen sich zuständig fühlenden Ansprechpartner bei der Hausverwaltung finde und keinen Kontakt zur Baufirma herstellen könne, hatte die Sprecherin der Mieter, Birgit König, erklärt. "Jeder entzieht sich!" BA-Mitglied Michael Behr (CSU), der den Unterausschuss Bau leitet, reagierte auf die sehr anschaulichen Schilderungen sofort mit der Zusage, sich um die Angelegenheit zu kümmern und die Berufsgenossenschaft, das Gewerbeaufsichtsamt und das zuständige städtische Referat zu verständigen.

Inzwischen hat sich einiges getan. Die Baustelle wurde am Wochenende aufgeräumt und die Hausverwaltung hat die Mieter in einem Brief über den weiteren Fortlauf der Baumaßnahmen informiert und ihnen die Kontaktdaten der deutschen Niederlassung der Baufirma Riebel GU AG St. Gallen, die die Bauarbeiten ausführt, mitgeteilt. Die schnelle Reaktion ist aber wohl weniger den Anstrengungen des Stadtteilgremiums geschuldet als einem Artikel von Berthold Neff in der Süddeutschen Zeitung, der zwei Tage später erschien.

Schlechter Beigeschmack

Neff, der selbst in Großhadern wohnt und die Situation vor Ort gut kennt, machte darin öffentlich, dass der BA-Vorsitzende Johann Stadler (CSU) durch seine Familie selbst in das Bauvorhaben involviert sei. Sein Bruder sei der Architekt, seiner Frau gehöre ein Viertel der Wohnanlage, der Geschäftsführer der als Bauherrin auftretenden Immobilienbeteiligungsgesellschaft sei sein Schwager. Das ist an sich nicht verwerflich. Die Tatsache, dass Stadler den Bürgern aber von sich aus keine Hilfe anbot, sondern zu der ganzen Angelegenheit schwieg und sie am Ende lediglich an eine Behörden-Hotline verwies, was von seinem Parteikollegen Franz Rudrich noch fast im gleichen Atemzug als wenig sinnvoll abgetan wurde, lässt die Wellen nun hochschlagen. Neff wies darauf hin, dass Stadler – da befangen – auch beim Votum über den Freiflächenplan, der das Fällen von 40 Bäumen auf dem Baugelände ermöglich hatte, nicht hätte mitstimmen dürfen.

Nicht zu tolerieren

"Ein solches Verhalten ist nicht zu tolerieren", hatte er geschrieben und den Stadtteil-Chef indirekt zum Rücktritt von seinen Amt im Bezirksausschuss aufgefordert. Die SPD-Landtagskandidatin Micky Wenngatz erhob daraufhin die gleiche Forderung und die Haderner SPD-Vorsitzende, Bezirksrätin und BA-Mitglied Irmgard Hofmann teilte mit, dass aus Sicht der SPD-Fraktion Stadler als Vorsitzender des BA 20 "endgültig untragbar geworden" sei.

Stadler selbst gab während eines Telefongesprächs zu, einen Fehler gemacht zu haben, Anlass für einen Rücktritt sieht er jedoch nicht. Er habe nicht die Absicht gehabt, die Bürger zu ärgern, versicherte er.

Beeinträchtigungen ziehen sich hin

Die betroffenen Mieter indessen verweisen darauf, dass immer noch viele Mängel auf der Baustelle vorhanden sind. "Wir haben noch unendlich viele Stolperfallen. Die Beeinträchtigungen ziehen sich hin", sagt Birgit König. Die Treppen in das neue Obergeschoss müssten eingebaut werden und die Hausverwaltung habe in ihrem Schreiben schon den sechs- bis siebenwöchigen Ausfall der Aufzugsanlagen ab September angekündigt. In den Häusern würden mehrere Gehbehinderte leben, auch einen Rollstuhlfahrer gebe es. "Am Anfang waren wir sehr zurückhaltend, aber so wie wir behandelt worden sind, ist es damit vorbei", betont sie und setzt hinzu: "Wenn ich eine beschädigte Ware kaufe, erwarte ich einen Nachlass vom Verkäufer – das erwarte ich inzwischen auch von unserem Vermieter." Auf jeden Fall wolle man bei der nächsten Bezirksausschuss-Sitzung am 9. Juli wieder anwesend sein. "Ich bin optimistisch, dass diesmal noch mehr Nachbarn mitgehen."


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