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KJR nimmt jugendliche Flüchtlinge auf

Haus für Jugendarbeit wird provisorisches Quartier für 15 Minderjährige

Eigentlich hatte sich Alexandra Schultes auf ruhige Weihnachtsferien eingestellt. Die Realschule in Germering, an der sie als Sozialarbeiterin beschäftigt ist, hat über die Feiertage geschlossen. Jetzt kommt es anders. Schultes hat sich für die Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen gemeldet. Am 22. Dezember nimmt der Landkreis Fürstenfeldbruck 15 Jugendliche auf. Kurzfristig musste eine Bleibe gefunden werden, da das ehemalige Hotel Drexler in Fürstenfeldbruck wegen der Brandschutzauflagen nicht rechtzeitig fertig geworden ist. In dieser Notsituation sprang der Kreisjugendring (KJR) ein. Die jungen Menschen können im Haus für Jugendarbeit in Gelbenholzen untergebracht werden. Den Nachbarn und der Öffentlichkeit stellten Jugendamt, KJR und Caritas das Vorhaben vor. „Wir wollen von Anfang an Transparenz schaffen“, stellte KJR-Vorsitzender Philipp Heimerl klar.

Das Provisorium wird voraussichtlich bis Anfang März benötigt. Was die Unterbringung betrifft, so ist alles vorhanden. Die Jugendlichen können die Vier-Betten-Zimmer des Seminargebäudes beziehen. Neben den beiden Stockbetten sind darin verschließbare Spinde, Tisch, Stühle und Waschbecken. Duschen und Toiletten sind am Flur. Es gibt Kicker-, Tischtennis- und Billardtische sowie das großzügige Außengelände, das die Jugendlichen nutzen können. Vier Stunden täglich kümmert sich Schultes um die Jugendlichen, denn die Caritas kann erst nach den Feiertagen Mitarbeiter für eine 30-stündige Betreuung bereit stellen. Alleine sind die Minderjährigen aber nie. Das Landratsamt hat einen 24-Stunden-Wachdienst verpflichtet. Schultes hat sich schon Gedanken über ihren Einsatz gemacht. „Vor allem der Sprachunterricht steht im Vordergrund“, erklärte sie. Sie selbst spricht mehrere Sprachen und hat begonnen Arabisch zu lernen. Die Pädagogen des KJR wollen in den Weihnachtsferien ebenfalls ein Beschäftigungsprogramm für die jungen Menschen aufstellen. Ausflüge, Spiele und Besichtigungen sind geplant. Allerdings weiß niemand, was für Jugendliche überhaupt kommen werden. Sicher ist nur, dass es männliche sein werden, weibliche unbegleitete Flüchtlinge gebe es so gut wie gar nicht und dass sie zwischen 17 und 18 Jahre alt sein werden.

Der Landkreis muss 47 aufnehmen

Eine „Herausforderung für das Sozialsystem“ nannte Timm Guggenberger die rund 3000 Jugendlichen, die jährlich nach Bayern flüchten. Diese werden nach einem speziellen Verteilschlüssel auf den Freistaat verteilt. Fürstenfeldbruck muss jährlich 47 aufnehmen. Alle seien willkommen, versicherte Guggenberger, der bei den Nachbarn um eine „positive Grundhaltung“ warb. Hinter den Kulissen bereiten die 15 Jugendlichen aber einiges Kopfzerbrechen. „Wir müssen die Quote erfüllen, egal wie“, kritisierte Dietmar König, Referatsleiter des Jugendamts, der im März 2015 bereits die nächsten zehn Flüchtlinge erwartet. Vor allem den Betreuungsschlüssel von normalerweise 4,5 Vollzeitmitarbeitern auf neun Jugendlichen „kann man bei weitem nicht erfüllen“. Zum Glück unterscheiden sich die Flüchtlinge stark vom üblichen Klientel, das vom Jugendamt betreut werden muss, so dass eine reduzierte Betreuung zu verantworten und auch genehmigt ist. Die jugendlichen Flüchtlinge seien laut König „motiviert, halten sich an Regeln und Grenzen, wollen schnell in die Schule und spielen in der Freizeit gerne Fußball“. Bisher habe es mit den Jugendlichen, die bereits im Landkreis sind, „keine großen Konflikte“ gegeben.

Natürlich wäre es schön, wenn die Jugendlichen mehr betreut werden könnten, aber der Markt für pädagogisches Personal sei seit dem Bau der Krippen quasi leergefegt. Deswegen wäre Hilfe von engagierten Bürgern sehr willkommen. Zum Beispiel beim Deutsch lernen. Manche Jugendliche hätten mit ihrem Wissen bereits Hochschulniveau erreicht, während andere als Analphabeten nicht einen Buchstaben schreiben können. „Es wäre schon schön, wenn wir kleine Lerngruppe bilden könnten“, meinte Thomas Beer von der Caritas, die die Flüchtlingshilfe im Landkreis koordiniert. Auch bei den Freizeitbeschäftigungen sind Helfer willkommen. In anderen Orten gibt es Helferkreise, die mit den Flüchtlingen Fußball spielen oder Joggen. „Die Jugendlichen sind sehr, sehr dankbar und lernwillig“, sind seine Erfahrungen. Interessenten können unter thomas.beer@caritas-muenchen.de ihre Hilfe anbieten.


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