„Integration ist…“
Vera Greif begleitete Migranten mit der Kamera
Sie kommen aus der Türkei, aus Vietnam, Albanien, Polen, Bolivien und Uganda, die Interviewpartner von Vera Greif. Über mehrere Monate hinweg hat die Germeringer Filmemacherin Menschen aus unterschiedlichen Ländern durch ihren Alltag begleitet. Im Rahmen der interkulturellen Woche feierte der Film „Integration ist…“ in der Black Box der Stadthalle Premiere. Als Greif den Film drehte, ahnte sie noch nicht, dass er ein paar Monate später durch die anschwellenden Flüchtlingsströme aktueller denn je sein würde. Angesichts der vielen negativen Filme, die es zum Thema Migration auf dem Markt gegeben habe, „wollte ich einen positiven Film drehen“, erklärte sie. Denn in Germering sähe die Situation nicht zuletzt dank der vielen integrativen Angebote anders aus. So ist der Film eigentlich ein Lehrstück und kann den Menschen, die sich vor den vielen Fremden und der Integrationsaufgabe fürchten, Mut machen.
Persönliche Lebenswelten
Den Zuschauer nimmt Greif mit auf einen Ausflug in ganz persönliche Lebenswelten. Es ist ein ruhiger Film mit vielen Großaufnahmen und klaren Schnitten. Man sieht Muslime beim Gebet, Türken beim gemeinsamen Abendessen, eine polnische Schülerin beim Lernen oder eine bolivianische Mutter beim Spielen mit der kleinen Tochter. Die Menschen erzählen über das, was ihnen wichtig ist: Ihre Familien, ihre Werte, ihre neue Heimat, aber auch Traditionen, die sie aus ihrem alten Leben bewahrt haben. Inmitten von „deutsch“ eingerichteten Wohnzimmern sieht man liebevoll gehegte Gegenstände aus der Heimat. Integration heiße schließlich nicht, dass man seine Kultur aufgeben müsse. „Vorurteile entstehen durch Unkenntnis“, berichtet ein türkischer Busfahrer, der muslimische Kinder in ihrem Glauben unterrichtet und immer wieder betonen die interviewten Personen, dass man miteinander ins Gespräch kommen, aufeinander zugehen müsse. Die Gründe, warum die Interviewpartner ihre Heimat verlassen haben, sind unterschiedlich. Einer hat sich politisch gegen das Militärregime gestellt, eine andere hat als Au-Pair ihre große Liebe in Deutschland gefunden, Kriminalität, schlechte Chancen – aber es gibt auch eine Frau, die über die Gründe nicht sprechen wollte oder konnte. Die Flucht selbst war für viele traumatisch. Der eine berichtet von Gewalt, ein anderer von „Dschungelgesetzen“ in den Auffanglagern oder die langen Monate ohne seine Familie, die erst später nachkommen konnte. Greif lässt ihren Interviewpartnern viel Raum, sie bohrt nicht nach, sondern hört einfach zu. „Lieber mit einer Diktatur als ohne“, erzählt beispielsweise ein Mann aus Albanien und man kann vage erahnen, was er in seiner Heimat erleben musste. Die Interviewpartner sind alle bereits seit vielen Jahren in Germering. Sie können die Sprache mehr oder weniger gut, haben teilweise sogar die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen, manche haben Karrieren gemacht, engagieren sich sogar wie Thuy Tran ehrenamtlich im Stadtrat, andere haben weniger Ehrgeiz und werden von ehrenamtlichen Helfern darin unterstützt ihren Weg zu finden. „Es war schön, dass wir hier das Gefühl bekommen haben, dass unsere Geschichten etwas wert sind, dass wir uns nicht dafür schämen müssen“, bekommt Vera Greif nach dem großen Applaus zur Premiere zu hören und den Wunsch, dass ihr Film möglichst von vielen Menschen gesehen werden könne.
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