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"Demokratischen Diskurs führen"

Wirtschaftsverband ist vom Briefverteilzentrum überzeugt

In der Nähe des DHL-Paketverteildienstes soll das neue Briefverteilzentrum der Post entstehen. (Bild: pst)

"Unser Wirtschaftsverband befürwortet nicht automatisch jede Wirtschaftsaktivität", sagen Katrin Schmidt und Jürgen Andre vom Vorstand des Wirtschaftsverbandes Germering. Vom Projekt „Briefverteilzentrum“ ist der gesamte Vorstand indes überzeugt. "Uns ist wichtig, alle Argumente zu kennen, und darüber einen demokratischen Diskurs zu führen", laden sie zum Austausch ein.

Von den Gegnern des Briefverteilzentrums wird immer wieder der Eindruck erweckt, dass im Briefverteilzentrum einmal überwiegend osteuropäische Arbeitskräfte eingesetzt würden. Dieser Eindruck sei falsch, so Schmidt und Andre: "Wir haben uns da extra nochmal bei der Post erkundigt: Die Arbeitsplätze in den Briefverteilzentren und der Verwaltung sind ausschließlich mit lokalen Arbeitskräften besetzt." Arbeitskräfte aus Osteuropa werden nur für die Paketzustellung gesucht. Hier werden Vollzeitkräfte mit Führerschein gesucht, die auf dem lokalen Markt nur zum Teil zu gewinnen sind. Das Eine habe mit dem Anderen nichts zu tun, hier bestehe kein Zusammenhang mit dem Briefverteilzentrum.

Arbeitsplätze kommen zu den Bürgern

Schmidt und Andre erinnern an die derzeitige Verkehrsbelastung. Viele Germeringer pendeln zu ihrem Arbeitsplatz nach draußen in die Umgebung. Das wirke sich stark negativ auf den Verkehr aus.

Die Deutsche Post bringe mit dem Verteilzentrum dagegen Arbeitsplätze zu den Bürgern nach Germering. Sie bringe zudem viele Teilzeitarbeitsplätze nach Germering, die sich mit der Lebenssituation von vielen Menschen gut vereinbaren lassen. Der Frauenanteil bei diesen Arbeitsplätzen betrage 54 %. Diese Mitarbeiterinnen haben dann minimale An- und Abfahrtszeiten.

Die Post sage, dass viele Arbeitskräfte aus München den Weg nach Germering nicht mitgehen, weil diese auf geringe Fahrtzeiten angewiesen sind. Daher werden viele Arbeitsplätze frei für die Germeringer, und pro Jahr findet eine Fluktuation von ca. 20 % der Arbeitsplätze statt. "Das bedeutet: Hier wird jedes Jahr ein großes Arbeitsplatzangebot für lokale Bewerberinnen und Bewerber frei", so Schmidt und Andre.

"Wir finden, dass gerade auch im Zuge der Corona-bedingten Beschäftigungskrise dieses neue Angebot angenommen werden sollte", so die Vorstände des Wirtschaftsverbandes. Die Arbeitslosigkeit in Germering sei vom Mai 2019 bis Mai 2020 um 40 % gestiegen. "Den Standpunkt 'kein Wachstum mehr für Germering' können nur jene einnehmen, die sich um die Zukunft ihrer Arbeit keine Sorgen machen müssen", meinen Schmidt und Andre. Es gebe aber viele Menschen, die dieses Arbeitsangebot brauchen und auch gern annehmen, noch dazu wenn es eine tariflich abgesicherte Arbeit ist. Auch auf die Zahl von über 100 Arbeitsplätzen für behinderte Menschen in einem künftigen Briefverteilzentrum weist der Verband hin. Das sei eine beachtliche Zahl. Zudem begrüßt der Wirtschaftsverband, dass die Post eine Kita einplant.

Post-Verkehr belastet Spitze nicht

Laut Gutachten wird das Briefzentrum zu einer Steigerung von 2 % des Tagesverkehrs führen. Allerdings findet die Überlastung in Germering zu Spitzen-Verkehrszeiten statt, während der Verkehr der Post gerade nicht in diesen Spitzenzeiten auflaufe. Zudem werde der Verkehr größtenteils über die Bundesstraße und Autobahn geführt. Alternative Gewerbeansiedlungen würden deutlich mehr innerstädtischen Verkehr erzeugen, so der Wirtschaftsfverband.

Gleiches Ziel: kein CO2

Die Flächenversiegelung durch die Deutsche Post - im Gewerbegebiet - sei bedeutend geringer als andere vergleichbare Gewerbeansiedlungen. Zudem weise die Planung der Post durch die Außenflächen-Gestaltung, durch intensive Dach- und Fassadenbegrünung, durch eine große PV-Anlage und durch eine hocheffektive Gebäudetechnik eine ökologisch hochwertige Struktur auf, die Vorbildcharakter habe. "Das Ziel der CO2-Freiheit der Post geht einher mit den Bestrebungen der Stadt Germering", würdigt der Verband diese Planung.

In der Krise erfolgreich agiert

Hat das geplante Verteilzentrum überhaupt eine langfristige Perspektive angesichts des Niedergangs des klassischen Briefes? Der Wirtschaftsverband ist davon überzeugt: "Die Deutsche Post investiert einen dreistelligen Millionenbetrag, weil sie an die Zukunft des Standortes glaubt. Der Rückgang des klassischen Briefes ist dabei berücksichtigt." Zudem nehmen die kleinformatigen Sendungen zu , vor allem durch den eCommerce-Handel - und das signifikant.

Die Ansiedlung in Germering umfasst ein Sortierzentrum und einen großen Verwaltungsbereich. In Germering werden Tätigkeiten zentralisiert, so der Verband. "Gerade die aktuelle Corona-Krise gibt dieser Entwicklung einen weiteren Schub und zeigt, dass die Post als systemrelevantes Unternehmen auch in Krisen erfolgreich am Markt agiert", so seine Einschätzung.


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