Baurecht für Nebel?
Stadtrat entscheidet über Zukunft des Dorfes
Auf den ersten Blick schien es, als ob sich eine Wandergruppe auf Entdeckungstour nach Nebel begeben habe. Die Germeringer Verwaltung hatte Stadträte und die Bewohner des Dörfchens zu dem Rundgang eingeladen. Sie wollten sich ein Bild davon machen, ob und wo die Ortschaft mit ihren 14 Anwesen erweitert werden könnte. Auslöser für den Ausflug in den Weiler zwischen Germering und Gilching war ein Bürgerantrag. Landwirtschaftliche Flächen sollten für ein Wohnhaus freigegeben werden. „Heute wird noch keine Entscheidung getroffen“, stellte Oberbürgermeister Andreas Haas am Anfang der Besichtigungstour fest. Die Gruppe wolle lediglich den Ortsrand abgehen und den Satzungsumgriff auf mögliche Erweiterungen begutachten. Die Gruppe besichtigte eine in Frage kommende Obstwiese, eine Pferdekoppel, ein landwirtschaftliches Anwesen und ein paar Baulücken. Mit Wehgeschrei ging es sogar durch ein Brennnesselfeld, denn nicht alle Ortsränder waren mit Wegen erschlossen.
Überall faltete Stadtbaumeister Jürgen Thum Pläne auseinander. Manche Flächen können bereits bebaut werden, andere nicht. Bei manchen liegt die Satzungsgrenze direkt an der Hausmauer, bei anderen ist Spielraum. „Sie müssen sich die Abgrenzung wie ein Gummiband vorstellen, das um die Gebäude gelegt wird“, erklärte Thum. Dieses „Band“ könnte dann nach außen gezogen werden, um Erweiterungen zuzulassen. „Da könnte man einige Häuschen hineinbauen“, so der Stadtbaumeister. Insgesamt könnte der Ort dadurch um ein Drittel wachsen.
Baurecht gilt unabhängig vom Namen
Für Nebel hat die Stadt vor über 20 Jahren eine sogenannte Außenbereichssatzung erlassen. Damit sollte die bauliche Entwicklung des Ortes beschränkt und der dörfliche Charakter Nebels bewahrt werden. „Damals wurde die Entscheidung für eine Außenbereichssatzung bewusst getroffen. Wir sollten uns dieser Verantwortung bewusst sein“, mahnte Haas.
Der zunehmende Siedlungsdruck hat allerdings bereits das Dorf erreicht. Es ist eine Gratwanderung, auf die sich die Lokalpolitiker begeben. Denn wenn zuviel ausgewiesen werden würde, könnte es passieren, dass dies mit der Satzung nicht mehr möglich wäre. Ein Flächennutzungs- und Bebauungsplan müssten dann für Nebel aufgestellt werden. „Dann wird sich der Charakter des Ortes auf alle Fälle ändern“, sagte Thum. Der Bauausschuss muss sich nun die Frage stellen, ob das gewollt ist oder nicht. Mit der bestehenden Satzung wäre es möglich ein paar einzelne Flächen für Wohnbebauung zuzulassen. „Gewerbe ist ausgeschlossen“, erklärte Thum.
Das Argument einiger Nebler, dass sie Wohnraum für ihre Kinder und Enkel benötigten, zog bei der Rathausspitze übrigens nicht. „Baurecht gilt unabhängig davon wie jemand heißt“, unterstrich Haas. Die bebaubaren Flächen dürften auch ganz legal an Investoren verkauft werden. „Das können wir nicht regeln“.
Ein Bürger gab zu bedenken, dass Nebel in den 60er Jahren lediglich aus vier Anwesen bestanden hatte. Mittlerweile sind es 14. „Wenn wir keine weitere Bebauung zugelassen hätten, dann hätten die meisten hier nicht bauen dürfen“, betonte er. Damit hatte er das Problem auf den Punkt gebracht. Die Kardinalfrage lautet: Was will man? Soll sich Nebel entwickeln oder alles so bleiben wie es ist? In Nebel sind die beiden Fronten klar. Wer zusätzlichen Baugrund bekommen könnte, der ist dafür, die anderen wollen lieber den Status quo behalten. Die Entscheidung muss der Stadtrat treffen.
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