30 Jahre Gleichstellungsstelle
Frauen feiern Gleichberechtigung
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ So heißt es in Artikel 3, Abs. 2 des Deutschen Grundgesetzes, das schon 1949 genau so formuliert wurde. Die gesellschaftspolitische Realität sah und sieht bis heute jedoch deutlich anders aus, findet Renate Konrad, die seit 2001 die Gleichstellungsstelle der Stadt Germering leitet. Vor ihr haben bereits zwei andere Frauen diese Stelle innegehabt, die heuer ihr 30-jährges Bestehen feiert. Die Gleichstellungsstelle darf sich zudem rühmen, eine der ersten ihrer Art im Landkreis gewesen zu sein.
Eine der ersten
Bereits 1986 begann der Germeringer Stadtrat mit der Einrichtung einer Gleichstellungsstelle zu liebäugeln und setzte diesen Plan 1987 in die Tat um. Allzu weit aus dem Fenster lehnen wollten sich die Germeringer Räte damals jedoch noch nicht. Vielmehr wollten sie erst einmal die ersten Erfahrungsberichte aus Bruck, das Germering um ein Jahr voraus war, und die Reaktion der Germeringer Bürger abwarten. Daher wurde beschlossen, für den neuen Aufgabenbereich nicht eine hochqualifizierte Fachfrau zu engagieren, sondern stattdessen den Job einer städtischen Verwaltungsangestellten zusätzlich aufs Auge zu drücken. Das nötige Know-how würde sie sich schon nebenbei aneignen können. Diese mehr aus Skepsis, denn aus Überzeugung getroffene Entscheidung erwies sich nichtsdestotrotz als echter Glücksgriff, denn die frisch gekürte Gleichstellungsbeauftrage stürzte sich mit vollem Einsatz auf die neue Herausforderung und legte somit die Grundlagen für die außerordentliche Wertschätzung, die der Gleichstellungsstelle bis heute in Germering gezollt wird. „Zwar ist die Gleichberechtigungsstelle eine freiwillige Leistung der Stadt, doch es bleibt ein Luxus, den wir uns gerne leisten“, betonte Oberbürgermeister Andreas Haas bei seiner Festrede in der Blackbox der Stadthalle und bedankte sich bei der Amtsinhaberin Renate Konrad und ihrer Vorgängerin Antje Hettler für ihr großes Engagement und die hervorragende Arbeit.
Langer Atem noch bis 2490
Renate Konrad zeigte sich in ihrer Rede vor allem kämpferisch. Zwar sei vieles in den letzten 30 Jahren erreicht und verbessert worden. Die politische Teilhabe von Frauen im Germeringer Stadtrat liege inzwischen bei über 50 Prozent, was exakt ihrem Anteil in der Germeringer Bevölkerung entspreche und auch die Chancen in Bildung und Beruf hätten sich für Frauen heutzutage schon erheblich verbessert. Dennoch zeige sich nicht zuletzt als Fazit der aktuellen „Me, too“- Kampagne, dass von gegenseitigem Respekt und von Chancengleichheit nach wie vor nicht die Rede sein könne. Ein großes Problem sei außerdem der sogenannte „gläserne Deckel“, der Frauen eine Karriere nach dem Kinderkriegen nahezu unmöglich macht. Ihren Arbeitsplatz in der Gleichstellungstelle sieht sie noch auf viele Jahre, genau genommen bis ins Jahr 2490 gesichert, dann werde es hoffentlich gelungen sein, die Privilegien der Männerwelt abzuschaffen und Gleichberechtigung zu erreichen. Sie bedankte sich bei der Germeringer FrauenInitiative (Gefi), dem Frauen und Mütterzentrum (FrauMütze) und vielen anderen Frauengruppen, Vereinen und Institutionen, die in den vergangenen Jahrzehnten ein dichtes Netzwerk geknüpft haben.
Film zum Thema von Vera Greif
Abschließend ging eine Filmdokumentation der Germeringer Filmemacherin Vera Greif der Frage nach, inwieweit Frauenbewegung heutzutage noch Sinn macht. Zu Wort kamen Germeringer Frauen verschiedenen Alters, die sich jede auf ihre Weise für Selbstbestimmung und Gleichberechtigung in Politik und Gesellschaft stark machen. Bevor sich die rund 100 Gäste zum fröhlichen Teil des Abends ins Nachtasyl verabschiedete, überreichte Haas allen Frauen symbolisch einen Nagel, an den sie nun endlich ihre Küchenschürzen hängen dürfen.
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