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"Wohnqualität muss erhalten bleiben"

Verkehrskonzept, Nachverdichtung und Parkplatznot: Bürgerversammlung im Münchner Süden

Das frühere Siemens-Hochhaus wird umgenutzt: Wohnungen sollen entstehen. (Bild: job)

Der Fürstenrieder Bürgersaal ist bis auf den letzten Platz besetzt gewesen. Zahlreiche Bewohner des 19. Stadtbezirks nutzten die Gelegenheit, sich auf der Bürgerversammlung für Thalkirchen, Obersendling, Forstenried, Fürstenried und Solln zu informieren und eigene Anliegen vorzubringen. Über 30 Anträge wurden gestellt. Dominierende Themen waren schnell auszumachen: Nachverdichtung, Parkplatznot und das Verkehrskonzept beschäftigen die Menschen.

Das sagt der Bürgermeister:

"Unglaublich schwer, Personal zu finden"

Josef Schmid, Münchens Zweiter Bürgermeister und Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft, führte durch den Abend. Schmid sprach zu Beginn über die allgemeine Lage in der Landeshauptstadt. München befinde sich in "guter wirtschaftlicher Situation". Dann widmete sich der Bürgermeister dem 19. Stadtbezirk: Er ging auf die 13 Unterkünfte für Geflüchtete in den Vierteln des Münchner Südens ein. Schmid betonte, dass die Verwaltung sich bemühe "Einrichtungen über das gesamte Stadtgebiet zu verteilen". Im 19. Bezirk gebe es im Verhältnis zu Größe und Bevölkerungszahl nicht überdurchschnittlich viele Unterkünfte. Weiteres Thema des CSU-Politikers: Betreuungsmöglichkeiten für Kinder im Alter zwischen einem und sechs Jahren. Der 19. Stadtbezirk liege hier mit seinen Angeboten deutlich unter dem Münchner Durchschnitt. Schmid: "Räume zu schaffen ist weniger das Problem, es ist leider unglaublich schwer, Personal zu finden."

Bürgeranliegen:

Ludwig Weidinger, Lokalpolitiker der CSU und Vorsitzender des zuständigen Bezirksausschusses im Münchner Süden (BA 19) informierte die Anwohner über Beteiligungsoptionen für Bürger, auch abseits der Versammlung: "Zuständig für den 19. Stadtbezirk ist die Geschäftsstelle Süd der Landeshauptstadt. Hier werden alle Anliegen angenommen, wir entscheiden schließlich, was auf der Tagesordnung des BA 19 landet." Bewohner könnten sich jederzeit mit Fragen, Problemen oder Ideen an die Verantwortlichen wenden. Die Geschäftsstelle Süd an der Meindlstraße 14 ist unter Telefon (089) 23333880 zu erreichen.

Vorsicht: Polizei warnt vor Trickbetrügern

Vom Enkeltrick geht es zum Polizistentrick: Hans Jürgen Erlebach, Leiter der Polizeiinspektion Forstenried (PI 29), warnte vor Betrügern, die sich als Polizisten ausgeben: "Klingelt ein vermeintlicher Streifenbeamter in Uniform und will Bargeld, Schmuck und Wertsachen mitnehmen, um vor einem angeblich geplanten Einbruch zu schützen, müssen sofort alle Alarmglocken klingeln." Erlebach versicherte: "Kein Polizist würde jemals persönliche Wertgegenstände an sich nehmen." In einem solchen Fall solle immer sofort am Telefon die "110" gewählt werden. Insgesamt ist der Inspektionsleiter zufrieden mit der Sicherheitslage im 19. Stadtbezirk. "Wir hatten über 12.000 Einsätze im vergangenen Jahr mit sehr guter Aufklärungsquote." Besonders im Vorgehen gegen Rohheitsdelikte wie Körperverletzung waren die Beamten erfolgreich: 91 Prozent dieser Verbrechen 2016 wurden aufgeklärt.

Empfohlen: Parkzone ausweisen

Die Bürger sprechen sich mit deutlicher Mehrheit dafür aus, die Straßen rund um den Tierpark Hellabrunn unverzüglich als Parklizenzgebiet beziehungsweise als Anwohnerparkzone auszuweisen. Die Gegend ist stark bebaut, außerdem sind einige Gewerbebetriebe ansässig. Bewohner und Gäste, Tierparkbesucher und Unternehmer – alle parken in den Straßen und machen es gerade an Wochenenden beinahe unmöglich, das Auto abzustellen.

Empfohlen: Parkplatzsituation überprüfen

Der BA 19 soll die Parkplatzsituation an der Allgäuer und Kemptener Straße überprüfen und bewerten sowie im Anschluss erörtern, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um mehr Parkflächen zu schaffen. Die Anwohner beschweren sich, dass vor allem im Bereich der Einbahnstraße regelmäßig gewerblich genutzte Lkw und Anhänger die Wege verstopfen – nach Ansicht der Bürger lässt sich über Anwohnerparkplätze die Knappheit an Abstellmöglichkeiten mindern.

Empfohlen: Bürger weiter am Verkehrskonzept beteiligen

Große Zustimmung für das Anliegen des Vereins "Verkehrsberuhigung München": Die Bürger des 19. Stadtbezirks wollen auch weiterhin an der Erarbeitung des Verkehrskonzepts im 19. Stadtbezirk beteiligt werden – idealerweise über einen Workshop. Außerdem fordern die Anwohner die öffentlichen Anhörung und Diskussion des Konzepts. Im März 2013 hatte der Stadtrat die Ausarbeitung des neuen Verkehrskonzepts beauftragt. Im Dezember 2015 folgte eine Bürgerwerkstatt. Darin vorgebrachte Ideen wurden in den Entwurf des Referats für Stadtplanung und Bauordnung eingearbeitet – dieser steht, auch mit anderen Referaten ist das Papier bereits abgestimmt. BA-Vorsitzender Weidinger: "Wir warten selbst auf den Entwurf. Sobald er uns vorliegt, hat der BA 19 Gelegenheit, eine Stellungnahme zu formulieren." Diese werde wiederum dem Stadtrat zum Beschluss vorgelegt. "Die Entscheidung, ob nochmals Bürger am Verkehrskonzept mitwirken können, liegt allein beim Stadtrat." Auch sollten die Anwohner nicht vergessen, dass durch weitere Ideen und Umarbeitungen erhebliche Verzögerung entsteht. "Das Konzept ist nicht als ein großer Wurf zu erwarten, sondern als Fülle an Einzelmaßnahmen." Dennoch: Die Bürger möchten mitentscheiden.

Empfohlen: Nachverdichtung ablehnen

Grünflächen sollen erhalten bleiben, das gartenstadtähnliche Ortsbild muss weiter bestehen: Mit dieser Begründung sprechen sich die Bürger klar gegen weitere Nachverdichtungen im Stadtbezirk aus. Außerdem sollen die Lokalpolitiker des BA 19 gegen die geplante Änderung des Erlasses zu Abstandsflächen Stellung beziehen. Diese sieht vor, Mindestabstände zwischen Gebäuden zu verkleinern – es könnte einfacher noch dichter bebaut werden. Die Anwohner argumentieren: "Die jetzige Wohnqualität muss erhalten bleiben. Neue Regelungen im Baurecht würden Bauwut Tür und Tor öffnen." Stattdessen seien jetzige gesetzliche Verpflichtungen weiter zu achten. "Vermehren sich im Körper Zellen unkontrolliert, spricht man von Krebs. Wir wünschen uns, dass der Stadtrat diese Metapher auf weiteres Bauen im Bezirk überträgt."

Abgelehnt: Recycling-Tonnen

Es wird auch in Zukunft keine Recycling-Tonnen vor einzelnen Mehrfamilienhäusern geben. Das Argument eines Anwohners, dass Container für Plastikmüll oder Aluminium für körperlich eingeschränkte Menschen nur schwer und unter hohem zeitlichen Aufwand erreichbar seien, überzeugt nicht.

Empfohlen: Unterstützung für Thomas-Mann-Gymnasium

Für das Thomas-Mann-Gymnasium sollen mehrere Probleme in Angriff genommen werden: Die Bürger wünschen sich einen Pavillon für weitere Schüler, die es im nächsten Jahr zu beherbergen gilt. Außerdem soll die Schule einen Gittermattenzaun am Sportplatz bekommen. Der Platz ist bisher nur durch einen Maschendrahtzaun gesichert, immer wieder gibt es Einbrüche. Auch eine Dreifachturnhalle soll in greifbare Nähe rücken. Zuletzt geht es im die Stromversorgung während der Sommerferien. Diese soll garantiert werden – sonst könnten Lehrer ihren Unterricht nicht vorbereiten, keinerlei Planungen wären möglich. Ein Vertreter des Referats für Bildung und Sport der Landeshauptstadt: "Wir haben sowohl den Pavillon, als auch die Dreifachturnhalle im Blick. Es müssen allerdings Machbarkeitsstudien organisiert werden, vieles bedarf der Überprüfung. Wir müssen einfach um etwas Geduld bitten."

Abgelehnt: Jahresticket für 365 Euro

Es lässt sich schlicht nicht finanzieren, das sehen auch die meisten Bürger so: Nur eine geringe Minderheit unterstützt die Forderung nach einem Jahresticket für den Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) für 365 Euro. Ein Verantwortlicher der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG): "Wir sind auf Einnahmensicherung angewiesen, ein solcher Tarif rechnet sich nicht."

Was wird gebaut?

Ludwig Weidinger, Vorsitzender des Bezirksausschusses 19, erklärt, wo und was im Münchner Süden gebaut wird:

Nachverdichtung Fürstenried West: Der jetzige Bestand von zirka 1.500 Wohnungen wird um weitere 540 Wohnungen ergänzt. Es werden zehn neue Gebäude mit sechs bis 15 Stockwerken gebaut.

E.on-Gelände: Der Stadtrat hat den Planungen für die Neubebauung des ehemaligen E.on-Geländes an der Boschetsrieder Straße / Drygalski-Allee bereits zugestimmt und einen Bebauungsplan beschlossen. Ein neues Quartier für zirka 2.500 Bewohner entsteht. Die große Baustelle soll bereits Ende nächsten Jahres fertig gestellt werden. Einzige Ausnahme: Der ehemalige Real-Markt im Norden. Hier ist voraussichtlicher Baubeginn 2018, Bauzeit sind zwei Jahre.

Siemens-Hochhaus und Campus Süd: Das bestehende Hochhaus wird umgenutzt. Es entstehen 270 Wohnungen. Im Quartier um das Gebäude sind weitere 1.100 Wohnungen geplant. Dazu soll es Grün- und Parkflächen geben, Spielplätze sowie Kindertagesstätten und Büros.

Ratzinger Platz: Der Platz wird neu gestaltet. Eine fünfzügige Grundschule und ein sechszügiges Gymnasium entstehen, außerdem eine Feuerwehr- und Rettungsdienstschule.

Siemens Sportpark: Neben der Stadt München gibt es zahlreiche private Interessenten für das Gelände mit Grünflächen – eine kleine grüne Lunge am Rand der Landeshauptstadt. Die wichtigen Freiluftschneisen sollen erhalten bleiben. Bürgermeister Schmid bestätigte auf der Versammlung: Die Stadt München steht kurz vor einer Einigung mit Siemens."


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