"Wehret den Anfängen"
Bezirksausschuss im Münchner Süden diskutiert Umgang mit Rechtspopulisten
"Das ist eine Partei, die offen Menschenfeindlichkeit propagiert", sagte Micky Wenngatz von der SPD. "Wir müssen unseren Protest gegen deren Veranstaltung in diesem Stadtbezirk klar zum Ausdruck bringen." Reinhold Wirthl von der CSU war anderer Meinung: "Je mehr wir machen, desto mehr Aufmerksamkeit erhalten diese sogenannten Politiker. Zudem ist es nicht unsere Aufgabe als Gremium, Meinungen zu einzelnen Parteien abzugeben."
Der Resolutionsentwurf der SPD "Keine Veranstaltung mit rechtspopulistischer Hetze im Münchner Süden" ist kontrovers diskutiert worden im Bezirksausschuss im Münchner Süden (BA 19). Die Sozialdemokraten hatten formuliert, sie würden "mit Bestürzung zur Kenntnis" nehmen, dass zum zweiten Mal eine Veranstaltung der AfD in der Gaststätte "Schützenlust" an der Herterichstraße 46 geplant sei – "jetzt am 8. Mai 2017, dem 72. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus". Im Entwurf hatte es weiter geheißen: "Der BA 19 distanziert sich inhaltlich von den politischen Aussagen der AfD." Die Partei habe sich deutlich rechtsextrem und damit weit entfernt von den Parteien des BA 19 positioniert.
"Wir müssen Farbe bekennen"
Dorle Baumann, Vorsitzende der SPD im BA 19, argumentierte: "Wir müssen Farbe bekennen gegen diese rechtspopulistische Partei." Seit 20 Jahren organisere der BA 19 am 8. Mai Veranstaltungen gegen Rechtsextremismus, unter anderem "Nazis raus". Jetzt sei die AfD den Lokalpolitikern zuvor gekommen – Grund genug für Baumann und ihre SPD-Kollegen, im Resolutionsentwurf auch zur Teilnahme an der Gegendemonstration des Vereins "München ist bunt!" aufzurufen.
Richard Ladewig stellte sich gegen den Vorstoß der SPD: "Als Mensch und Politiker kann ich alle Positionen nachvollziehen, die in diesem Entwurf stehen. Ich denke dennoch, dass wir uns als überparteiliches Gremium nicht in die Bundestagswahl einmischen sollten – was wir mit dieser Resolution täten."
Claudia Kühn von der CSU wiederum meldete andere Bedenken an: "Wenn wir mit der Formulierung 'rechtspopulistische Hetze' arbeiten, stellen wir Vermutungen an. Außerdem: In Deutschland herrscht Versammlungsfreiheit, Menschen mit anderen Meinungen werden akzeptiert." Wenngatz war empört: "Zum einen macht die anstehende Bundestagswahl uns nicht frei von der Verpflichtung, sich gegen Rassismus zu äußern." Zum anderen sei Faschismus keine Meinung, sondern eine Einstellung, gegen die man protestieren müsse.
"Andere Meinungen werden akzeptiert"
Nach dieser ersten Debatte sprachen sich SPD und Grüne geschlossen für den Resolutionsentwurf aus, CSU und FDP dagegen – es herrschte Stimmengleichheit. Nun ergriff Hannelore Prechtel von der SPD das Wort: "Als ältestes Mitglied des BA 19 kann ich nur sagen: 'Wehret den Anfängen!'." Sie habe selbst leidvoll erfahren müssen, was passiere, wenn niemand rechtzeitig gegen Radikalisierung und Rassismus einschreite. Doch auch Prechtels Appell änderte nichts: In zweiter Abstimmung wurde der Resolutionsentwurf bei Stimmengleichheit abgelehnt.
Die SPD kritisierte im Anschluss scharf das Abstimmungsverhalten von CSU und FDP: "Sich das Feigenblatt des Kampfes gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit geben wollen, dann aber mit fadenscheinigen Argumenten die Flucht aus der Verantwortung anzutreten, wenn sich die AfD im Münchner Süden breitmacht: Das geht gar nicht." Baumann: "Das Verhalten von CSU und FDP zur Resolution ist besorgniserregend. Wer für eine wehrhafte Demokratie eintreten will, muss aktiv werden." Wenngatz ergänzte: "Es gibt kein 'aber' bei Menschenrechten, Gleichstellung und Antisemitismus. Es ist Aufgabe aller Demokraten, sich für eine tolerante Gesellschaft einzusetzen." Gerade der BA 19 habe sich zum 8. Mai immer verantwortungsvoll positioniert. "Ich kann überhaupt nicht verstehen, was sich seitdem bei der CSU geändert hat."
"Klares Zeichen setzen"
Sebastian Roloff, SPD Bundestagskandidat im Münchner Süden, sprang den BA Kollegen bei: "Die AfD ist keine normale Partei, sonder radikalisiert sich immer weiter und bietet rassistischer Hetze eine Bühne. Gegen eine weitere Veranstaltung dieser Gruppierung im Münchner Süden will ich ein klares Zeichen setzen." Deswegen schloss sich Roloff dem Aufruf der SPD an, bei der Gegendemonstration mitzumachen. Es sei bedauerlich, dass CSU und FDP die Resolution abgelehnt hätten.
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