Schwache schützen
Bürgergremium bezieht Stellung gegen Gehwegparker

Hier werden auch der abgebrühteste Rollatorgeher und der begnadetste Kinderwagenschieber scheitern: Vom Gehweg ist in dieser Straße nur noch ein kümmerlicher Spalt zwischen Autos und Häusern frei. (Foto: job)
Parkplätze sind in München vielerorts rar gesät. Der Durchschnittshaushalt besitzt mittlerweile häufig nicht nur ein einziges Auto. Das war früher, als viele Häuser gebaut und Straßen angelegt wurden, nicht so. Auch deswegen fehlen oft Parkplätze; auf den Gehweg auszuweichen, ist für Autofahrer daher oft "alternativlos". Die Straßenverkehrsordnung untersagt das Gehwegparken zwar nicht ausdrücklich, aber das muss sie auch nicht. Denn: Das Regelwerk lässt das Parken auf dem Gehweg mit einigen anderen Vorgaben ohnehin gar nicht erst zu (nur dort, wo es mit Schildern extra erlaubt wird, ist es auch erlaubt).
Fahrzeuge müssen die Fahrbahnen benutzen, schreibt die StVO vor - das gilt auch für parkende Autos. Außerdem muss sich jeder Verkehrsteilnehmer so verhalten, dass kein anderer mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert wird. Auch das verlangt die StVO.
Aber wie viel Platz muss auf einem Gehweg bleiben, damit niemand behindert wird? Das ist je nach Straße unterschiedlich. Wo Geschäfte sind oder ÖPNV-Haltestellen, braucht es mehr Platz als in wenig befahrenen Nebenstraßen. Die meisten Kommunen sehen in einer Restbreite von 1,20 m auf Gehwegen für Fußgänger ein Mindestmaß.
In jedem Fall müssen auch Personen mit Kinderwagen oder Rollator sowie Rollstuhlfahrern den Gehweg ungehindert nutzen können. Kinder, die noch keine acht Jahre alt sind, dürfen nicht auf der Fahrbahn radeln, sondern müssen auf dem Gehweg fahren - auch sie brauchen also genug Platz.
"Zeitenwende" auf
den Gehwegen
In München war das Gehwegparken dennoch seit "Autofahrergedenken" oft geduldet. Das ändert sich gerade. In einigen Vierteln wurden in engen Straßen Parkverbote ausgeschildert, in anderen geht die Polizei intensiv gegen Falschparker vor. So auch in Solln. Der Bezirksausschuss 19 (BA 19) erhielt in letzter Zeit vermehrt Bürgerschreiben zu den polizeilichen Maßnahmen in Bezug auf das Parken von Pkw auf Gehwegen. Auch in der Bürgerversammlung im Münchner Süden wurde die Problematik angesprochen. Bürger sind verwundert oder beschweren sich, dass ein teilweise Jahrzehnte lang praktiziertes Verhalten auf einmal nicht mehr akzeptiert wird und nach einer kurzen Toleranzzeit jetzt mit Geldbußen belegt wird. "Gleichzeitig erhalten wir Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern, dass diese die Gehwege wegen zugeparkter Pkw nicht benutzen können", erklärte das Bürgergremium nun in einer Stellungnahme, mit der er sich klar gegen das Gehwegparken aussprach.
Fußgänger vor
Gefahr schützen
"Der BA 19 ist einstimmig der Meinung, dass im Interesse von Fußgängerinnen und Fußgängern, Kindern und mobilitätseingeschränkten Personen für Kinderwägen, Rollatoren, Rollstühle und Kinder bis 10 Jahre mit Fahrrädern eine ausreichende Gehwegbreite zur Verfügung stehen muss. Es kann und darf nicht sein, dass dieser Personenkreis wegen zugeparkter Gehwege auf die Fahrbahn ausweichen muss und sich dabei selbst gefährdet", bekräftigte das Gremium. "Ebenso unterstützt der Bezirksausschuss 19 einstimmig alle notwendigen Maßnahmen, damit eine ausreichende Fahrbahnbreite für Müllfahrzeuge und vor allem für Fahrzeuge von Rettungsdiensten jederzeit zur Verfügung steht. Deshalb unterstützt der BA 19 behördliche Anordnungen und begrüßt polizeiliche Maßnahmen, mit denen diese Ziele erreicht werden.
Klagen auch aus
anderen Vierteln
Wie im Münchner Süden wünschen sich auch Bürger in anderen Vierteln ein konsequentes Vorgehen gegen Gehwegparker: Zuletzt empfahlen die Bürgerversammlungen u.a. in Sendling und in Laim mehr Kontrollen. Die Bürger beklagten, dass Radwege und Gehwege oft von parkenden Autos blockiert sind.
Wer ist zuständig?
Der Bezirksausschuss 19 wies in seiner Stellungnahme auf die beschränkten Rechte und Möglichkeiten von Bezirksausschüssen hin. Die Bürgergremien haben keinerlei Weisungsbefugnis gegenüber der Polizei. Diese entscheide in eigener Zuständigkeit über zu treffende Maßnahmen, insbesondere auch in Abwägung mit anderen wichtigen Polizeiaufgaben. Der BA 19 weise die Polizei lediglich auf Missstände hin, erklärte Ludwig Weidinger, Vorsitzender des BA 19. Für Beschilderungen und Markierungen liege die Entscheidungsbefugnis beim städtischen Mobilitätsreferat. Der Bezirksausschuss werde hier in der Regel nur um eine Stellungnahme gebeten.
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