Orgel im Dornröschenschlaf
Anastasia-Instrument soll nach 60 Jahren wieder zum Leben erweckt werden
Die Anastasia-Kapelle im Waldfriedhof kann mit einer Vielzahl an Kuriosem aufwarten. Jetzt ist auch eine Orgel aufgetaucht, die fast 60 Jahre keinen einzigen Ton von sich gab. Es handelt sich um ein Instrument des führenden Münchner Orgelbauers Carl Schuster und dürfte aus der Erbauungszeit der Kapelle stammen. Liturgisch dürfte sie dann bis zur Erbauung der Kirche Sankt Hedwig 1962 genutzt worden sein. Mit der Gründung der neuen Pfarrei verlor die Kapelle im Waldfriedhof zusehends für die liturgischen Feiern an Bedeutung und verfiel in eine Art Dornröschenschlaf.
Fresken wie aus dem Mittelalter
1932 im Waldfriedhof erbaut, zählt Anastasia zu den wenigen Sakralbauten in München, die von der Landeshauptstadt geplant und bezahlt wurden. Architekt war der damalige Stadtbaurat Hermann Leitenstorfer (1886-1972). Nach dem Zweiten Weltkrieg versah der Münchner Maler Max Lacher (1905-1988) die Kirche mit beeindruckenden Fresken und verwendete dabei exakt die Technik aus dem Mittelalter. In der Darstellung des Kreuzwegs haben die Folterknechte Ähnlichkeit mit Größen des NS-Regimes als Mahnmal gegen die gerade überstandenen Schrecken von Diktatur und Krieg.
Die Fresken befinden sich im älteren gemauerten Innenraum, der normalerweise vom Holzanbau aus durch ein schweres Eisengitter versperrt ist. Nur zur Maiandacht im Pfarrverband Obersendling-Waldfriedhof wird das Tor geöffnet.
Orgel soll gerettet werden
Im vergangenen Jahr wurde dabei die „Schuster-Orgel“ über der kleinen Sakristei entdeckt. Orgelbauer Andreas Wittmann sagt zum Zustand: “Die komplette Orgelanlage ist sehr stark verschmutzt. Die Windversorgung ist defekt. Der Zustand von Ton-und-Registertraktur kann erst beim Aushub der Pfeifen und bei Wiederherstellung der Windversorgung beurteilt werden. Die Filze im Spieltisch sind zerfressen. Es handelt sich um ganz natürlich Alterungserscheinungen, die dem Umstand, dass das Instrument Jahrzehnte nicht mehr benutzt wurde, geschuldet sind." Wittmann hat sich der sich angesichts dieser Rarität der Münchner Orgellandschaft bereit erklärt, die Orgel wieder spielbar zu machen. Seine Arbeitszeit will er spenden. Für die geschätzten Materialkosten in Höhe von bis zu 2.000 Euro hat der Leiter des Gospelchores Sankt Hedwig, Klaus Eckardt eine Spenden-Aktion ins Leben gerufen.
Kapelle wird geöffnet
Die Orgel in Anastasia soll wieder „Zum Leben erweckt“ werden. Deshalb startet in der Anastasia-Kapelle am Sonntag, 7. Juli, um 17 Uhr die Benefiz-Veranstaltungsreihe „Musik+Worte“. Kirchenmusiker aus der Umgebung sind eigeladen, dass sie sich aktiv beteiligen. Den Anfang macht das a-capella-Ensemble „Whatever we sing“ mit Jazz und Gospel, die Lektorin der Pfarrgemeinde, Berta Kriesche trägt ausgesuchte Texte rund um das Thema „Friedhof“ vor. Die Kapelle wird geöffnet sein, man kann dann auch die beeindruckenden Fresken zur Musik und den Worten auf sich wirken lassen. Der Eintritt ist frei. Natürlich wird aber um Spenden für die Orgelsanierung gebeten.
Alle Informationen und weitere Termine: www.sankt-hedwig.de/anastasia.
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