Kinder lösen ihre Probleme selbst
"Seniorpartner in School" engagieren sich in der Grundschule an der Königswieser Straße
Zeit – das bringen sie mit. Dazu die Fähigkeit, zuzuhören und die Freude am Umgang mit Kindern: Die "Seniorpartner in School e.V.", kurz SiS, die sich erstmals auf der Freiwilligenmesse im Gasteig vorstellen. Einmal pro Woche kommen ehrenamtliche SiS-Mediatoren an Schulen und helfen Kindern dabei, ihre Alltagskonflikte gewaltfrei zu lösen.
Eine dieser Schulen ist die Grundschule an der Königswieser Straße. Jeden Donnerstag treffen sich hier Hanna Schoeneich-Graf und Alfred Helm. "Ich war 40 Jahre lang im Schulbereich tätig, zuletzt am Abendgymnasium, wo ich Deutsch, Sozialkunde, Ethik und Geschichte unterrichtet habe", sagt Hanna Schoeneich-Graf. "Für mich ist das Ehrenamt bei SiS eine schöne Alternative, weiter in der Schule aktiv zu bleiben."
Die Sichtweise anderer respektieren
Wie ein Gespräch der SiS-Mediatoren mit den Kindern abläuft, erklärt Alfred Helm: "Die Kinder kommen mit Problemen wie Beleidigungen. Sie werden von den Lehrern geschickt oder kommen von sich aus auf uns zu. Jeder der Kontrahenten erzählt seine Geschichte. Meistens ergibt sich die Erkenntnis, ,das hab ich gar nicht gewusst, dass du das so siehst'". An den Mediatoren sei es dabei nicht, den Kindern Lösungsvorschläge an die Hand zu geben. "Wir fragen, was muss passieren, damit es dir besser geht", betont der 70-Jährige. So sei es möglich, eigene Bedürfnisse auszudrücken und die Sichtweisen anderer zuzulassen und zu respektieren. "Man muss die Kinder selbst die Probleme lösen lassen", weiß Alfred Helm aus seiner zehnjährigen Erfahrung als Mediator. "Manchmal lassen wir sie auch Verträge unterschreiben." Bei jedem Gespräch gelte absolute Vertraulichkeit. Und: "Niemand wird gezwungen, zu uns zu kommen." Voraussetzung für dieses Ehrenamt sei in erster Linie der Wille, mit Kindern und Jugendlichen umgehen zu wollen. "Das Gute an den Mediatoren ist, dass sie Zeit haben für Dinge, die Lehrer oftmals in ihrem Zeitrahmen nicht bewältigen können", sagt Alfred Helm. Er selbst nehme jedesmal das Glücksgefühl mit, jemandem geholfen zu haben. "Es ist schön zu sehen, wenn die Kinder mit lachenden Gesichtern hier rausgehen", freut er sich.
Kostenfreie Ausbildung
Die SiS-Mediatoren gehören zur Generation 55+. Jeder, der sich als "Seniorpartner in School" engagieren möchte, durchläuft erst einmal eine Ausbildung. Diese Ausbildung umfasst 80 Stunden und wird in mehreren Blockseminaren angeboten. Für die künftigen SiS-Mediatoren ist das kostenfrei. Im Gegenzug verpflichten sie sich dazu, mindestens zwei Jahre ehrenamtlich tätig zu sein. Für diese Ausbildung gelten laut SiS hohe Qualitätsstandards. So seien nur vom Bundesverband anerkannte professionelle Trainer für die Ausbildungsmodule zugelassen. Regelmäßige Fortbildungen schließen sich an. Finanziert wird das Ganze über Sponsoren. "Eine geregelte Finanzierung wäre schön", formuliert Alfred Helm einen Wunsch.
Über SiS
Die "Seniorpartner in School" wurden im Jahr 2001 in Berlin gegründet und sind derzeit in 13 Landesverbänden als gemeinnütziger Verein organisiert. Den Landesverband Bayern gibt es seit 2010. Rund 48 Mediatoren sind an insgesamt 18 Schulen in München und Ost-Bayern tätig.
Weitere Infos über SiS gibt es unter www.seniorpartnerinschool.de im Internet. Wer sich für ein Ehrenamt bei SiS interessiert, kann sich per Mail mit Matthias Kraemer, dem Vorsitzenden des Landesverbandes Bayern, unter m.kraemer@sis-bayern.de in Verbindung setzen.
"Hut ab!"
Christine Berchtold, Rektorin der Grundschule Königswieser Straße:
An der Königswieser Grundschule gibt es die SiS (Seniorpartner in School) seit schon seit zwei Jahren. Einmal wöchentlich kommen die Schulmediatoren zu uns, bereit, Konflikte mit Schülern gewaltfrei zu lösen. Die Schüler bekommen damit Hilfe zur Selbsthilfe, mit jedem gelösten Streit mehr. Das gibt jede Menge Selbstbewusstsein, denn Sinn der Mediation ist es, dass die Kinder den Streit selbst lösen. Es wird ihnen keine Lösung vorgegeben. Es wird nur geholfen, einen Weg zu finden, der für beide gut ist. Beispiel: Beim Streit um eine Orange ist zuerst mal wichtig, zu wissen, was jeder der beiden mit der Orange überhaupt will. So könnte es gut sein, dass der eine den Saft der Orange will und der andere die Schale, um z.B. etwas zu würzen. Damit ist der Streit für beide bestens gelöst, wenn der eine den Saft und der andere die Schale erhält. So gehen beide als Gewinner aus dem Konflikt. Die SIS unterstützen damit die Arbeit der Lehrer, die im Akutfall oft gar nicht die Zeit haben, den Konflikt in Ruhe anzusehen und herauszuarbeiten, was dahinter steckt. Für uns ist es absolut hilfreich, dass es Mediatoren gibt, die ihre Zeit ehrenamtlich in den Dienst der Kinder stellen. Hut ab! Meine Bewunderung haben die Leute der SIS.
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