"Ich fühle mich damit verbunden"
Wie Schülerinnen einer zehnten Klasse den Begriff "Heimat" definieren

"Was bedeutet Heimat?" Mit dieser Frage setzte sich die Klasse 10 e des Gymnasiums Fürstenried auseinander. (Foto: Rupert Brandl)
Was ist Heimat? Was bedeuten Tradition und Dialekt? Mit diesen Fragen setzten sich die Schüler des Gymnasiums Fürstenried auseinander: "Bayern" lautete das Motto der Projekttage des vergangenen Schuljahres.
Die ganze Schule widmete sich drei Tage mit Workshops, Ausflügen und Unternehmungen dem Motto. Vom Erlernen von Flechtfrisuren über Volkstanz und Dialektcoaches gab es auch Kulinarik und Musik. Auch die Klasse 10 e beschäftigte sich intensiv mit dem Heimat-Begriff. Begleitet wurde sie von ihrem Lehrer, dem 29-jährigen Referendar Andreas Bräu, der Deutsch, Geschichte und Sozialkunde unterrichtet. Sein Projekt beschäftigte sich zunächst mit bayerischen Autoren von Horvath, Graf und Valentin bis Bierbichler und Polt. Die Schüler lasen und interpretierten Texte unter dem Motto Heimatbilder, Bayernliebe und -kritik. Danach schrieben sie eigene Essays zum Thema Heimat und organisierten eine Gesprächsrunde mit Bezirksrätin Beate Meyer, Musikern und Kirchenvertretern.
Neben seiner Tätigkeit als Lehrer ist Bräu auch als Volksschauspieler und bayerischer Autor aktiv. "Ich lese gerne mit den Schülern Dialekttexte, auch schon in den fünften und sechsten Klassen", sagt Bräu. Und: "Das kommt bei den Schülern unheimlich gut an." Er beobachte zunehmend, so Bräu, ein positives Patriotismusgefühl bei der Jugend "ohne Bayerntümelei." Beeindruckt zeigte sich der Lehrer über die Essays seiner 10 e (24 Schülerinnen und zwei Schüler) zum Thema "Heimat", von denen einige in der Abschlussveranstaltung der Projekttage vorgelesen wurden.
Hier einige Auszüge aus den Texten von Schülerinnen der 10 e:
"Mein Ich identifizieren"
"Für mich bedeutet Heimat Familie, es ist der Ort, wo ich herkomme und dessen Kultur ich in meinem Leben ausführe. Es ist der Ort, dessen Traditionen und Sprache mein Ich identifizieren. Denn auch wenn ich außerhalb dieses Landes wohne, fühle ich mich damit verbunden und versuche mit meiner Familie und mit Freunden die Bedeutung meiner Heimat für mich nicht zu vergessen."
"Zusammen in die Kirche gehen"
"Für mich sind die Traditionen sehr wichtig, wie zum Beispiel Weihnachten zusammen mit der Familie feiern und zusammen in die Kirche gehen oder das Oktoberfest in München, das ich noch nie verpasst habe. ... Dazu ist für mich meine Muttersprache ,Deutsch' sehr wichtig und ein wichtiger Bestandteil meines Lebens."
"Befremdlicher Patriotismus"
"Ich kann mit dem Begriff ,Heimat' nicht besonders viel anfangen, weil ich mich weder als Münchner noch als Bayer oder Europäer fühle. Das liegt daran, dass ich mich hier nicht zu Hause fühle und eigentlich überall leben könnte, ohne Heimweh zu bekommen. Die Ursache dafür ist, dass ich den Patriotismus, vor allem den der Bayern, sehr befremdlich finde."
"Ich bin ein Weltbürger"
"Aufgewachsen bin ich in München in Bayern. Trotzdem würde ich nicht von mir behaupten, einzig und allein Münchner bzw. Bayer zu sein. Möglicherweise auch deshalb, weil ich Verwandtschaft im Norden Deutschlands habe, die ich sehr gerne besuche und bei denen ich mich wohlfühle, könnte man sagen ich wäre Deutscher. ... Ich verbringe viel Zeit im Internet, wo man sich mit Leuten aus der ganzen Welt verständigen und austauschen kann. Aus diesem Grund würde ich behaupten: ich bin ein Weltbürger, aufgewachsen in München."
"Bin mir der Traditionen bewusst"
"Ich bin sowohl in Niederbayern als auch in München aufgewachsen, weshalb ich auch die Dialekte sowohl beherrsche als auch mit Heimat verbinde. Wenn ich in München bin, sprechen meine Eltern bayerisch, wenn ich in Niederbayern bin, spreche ich selbst bayerisch. Und somit bin ich mir auch gerne der Traditionen Bayerns bewusst, wie der Tracht (Oktoberfest etc.)."
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