"Auf Kante genäht"
Im 19. Stadtbezirk wird gebaut und gebaut: Die zuständigen Lokalpolitiker nehmen Stellung
"Vorneweg möchte ich gerne sagen, dass wir es mit Planungen zu tun haben, für die Baukosten von insgesamt 200 Millionen Euro eingerechnet werden. An Intensität und Heftigkeit bewegen wir uns hier als Ehrenamtler am Rande des Bewältigbaren", erklärt Michael Kollatz von der SPD, Vorsitzender des Unterausschusses Bau und Planung im Bezirksausschuss im Münchner Süden (BA 19). Der Unterausschuss ist ausgelastet. Bauvoranfragen, Vorbescheidsanträge und Bauvorhaben reihen sich aneinander. Zu neun Baufällen hat sich der Ausschuss alleine in letzter Sitzung beraten. Einiges kann im Gesamt-Gremium in kurzer Zeit behandelt werden:
Einfach zu Anfang...
Der BA 19 beschließt einstimmig eine Stellungnahme gegen ein Bauvorhaben an der Bichlerstraße 6. Die Lokalpolitiker lehnen die Planungen in beantragter Form ab. "Außer Baukörpergröße und -höhe ist insbesondere die geplante Erschließung des nördlichen Baukörpers aus der Beuerberger Straße zu kritisieren." Entgegen früherer Entwürfe planten die Verantwortlichen im letzten Vorbescheidsantrag eine Tiefgarage von der Beuerberger Straße her – nicht mehr wie zuvor angedacht über die Bichlerstraße.
Ebenfalls einstimmig beschließt das Gremium die Stellungnahme zu einer Bauvoranfrage an der Boschetsrieder Straße 51. Für ein derzeit leerstehendes, ehemaliges China-Restaurant wird eine Nutzungsänderung angedacht – zur Spielhalle. In dem Mischgebiet aus Wohnungen und Büros undenkbar für die Lokalpolitiker: "Der BA 19 lehnt die beantragte Nutzungsänderung für eine Spielhalle auf zwei Stockwerken nachdrücklich ab. Aufgrund des Gebietscharakters ist dies der Umgebung nicht angemessen."
...kontrovers zum Ende
Die nächsten Fälle machen es schwieriger. Stellungnahmen zu zwei Bau-Schwergewichten stehen zur Abstimmung. Die Vorbescheidsanträge behandeln die Planungen zum Bau der Grundschule an der Boschetsrieder Straße 109 sowie des direkt benachbarten Gymnasiums an der Gmunder Straße 39 – nördlich und südlich des Busbahnhofs. Kollatz: "Der Unterausschuss sieht es positiv, dass wir bereits jetzt eine diskutable Planung vorgelegt bekommen." Baubeginn soll in drei Jahren sein, die Grundschule im Jahr 2022 fertig werden, das Gymnasium 2023. Kollatz erklärt die Konzeption der Gebäude: "Im Gymnasium zieht die Volkshochschule ein, es sind Musikräume geplant. Die Grundschule soll eine Zweifachturnhalle und sogar ein Sportfeld auf dem Flachdach bekommen."
Grundsätzlich sind sich die Lokalpolitiker schnell einig: Sie möchten Fragen und Anregungen, die der Unterausschussvorsitzende in seinen Stellungnahmen zu Grundschule und/oder Gymnasium formuliert hat, folgen: "Erhaltenswerte Bäume an der Süd- und Ostseite des Grundstücks sollten durch geeignete Ausgestaltung des Sportplatzes möglichst erhalten werden." Das Gremium bittet außerdem, zu prüfen, ob die Küchen der Grundschule und Kindertagesstätte größer gestaltet werden können. "Dadurch könnte eine künftige Nachfrage nach differenzierter Essenversorgung oder nach Lehrküchen befriedigt werden." Der BA 19 erkundigt sich nach Raumreserven. Zudem will er wissen, ob der Sportplatz als Pausenhof oder Freizeitfläche genutzt werden kann. Auch die Belüftung der Klassenräume wird thematisiert: Ist diese so gestaltet, dass Straßenlärm und Feinstaub abgefangen werden? Eine weitere Frage lautet: "Können die Schulen durchgehend mit Wasserversorgungsstellen ausgestattet werden?
"Forderung ist unerfüllbar"
Soweit, so gut. Einige Mitglieder des BA 19 möchten die Stellungnahmen allerdings gerne ergänzen. Reinhold Wirthl von der CSU: "Was ist mit Schulbussen? Wir sollten die Frage nach ausreichend Anfahrtsmöglichkeiten für Busse aufnehmen." Auch hier: Einigkeit und Zustimmung. Weniger Begeisterung löst Claudia Küng, CSU, mit ihrem Vorschlag aus: "Wir müssen auch an die Gesundheit unserer Kinder denken. Das ist ein wichtiges Thema. Deswegen sollten wir den Bau eines Schwimmbads fordern." Kollatz: "Ich stimme zu; es ist wichtig, an Schulen Schwimmunterricht anzubieten. Aber ich bitte zu bedenken: Diese Forderung ist unerfüllbar. Damit würden wir den Bau überfrachten. In den Planungen ist alle Kapazität bis zum letzten ausgereizt, das ist auf Kante genäht."
Anke Sponer, CSU, hält dagegen: "In Großstädten wie Berlin oder Hamburg warten Eltern teilweise sechs Monate auf einen freien Platz in Kinderschwimmkursen. Das sind Zustände, die ich mir für München nicht wünsche. Außerdem ist ein Schwimmbad eine langfristige Investition. Wir haben jetzt die Chance, das anzuregen. Kinder profitieren davon die nächsten 50 Jahre." Kühn ergänzt: "Es ist auch gesellschaftliche Verantwortung, Kindern das Schwimmen beizubringen. Gerade in Tagen, in denen uns ständig Nachrichten erreichen, dass Jugendliche ertrinken, weil sie sich nicht über Wasser halten können." BA 19 Vorsitzender Ludwig Weidinger, CSU: "Ich denke auch, dass die Forderung nach Bau eines Schwimmbades kontraproduktiv ist. Stattdessen sollten wir anfragen, wo im Moment Schwimmunterricht für die Schüler geplant ist." Je nach Antwort könne man weitersehen. Weidingers Vorschlag erweist sich als mehrheitsfähig. Am Ende des Abends steht fest: Die betreffenden Stellungnahmen werden um die Frage nach Busspur und Schwimmunterricht ergänzt. Michael Kollatz und seine Kollegen aus dem Unterausschuss Verkehr haben also weiterhin gut zu tun.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH