"Wir wollen kein Isar-Manhattan!"
Bürger mischen sich in die Stadtplanung ein
Der Münchner Süden gehört zu den Teilen der Stadt, die in den kommenden Jahren am stärksten wachsen werden. Mit 10.000 neuen Einwohner in den nächsten drei bis vier Jahren rechnet Stadtrat Michael Kuffer (CSU) für den Bezirk 19: "Das ist eine wirkliche Herausforderung an die Infrastruktur!" An der fehlt es indes an vielen Stellen schon jetzt. "Beim ÖPNV sind wir an der Oberkante!", so Kuffer, und auch die für die Südseite nötige Schule wird noch lange auf sich warten lassen, obwohl hier schon die ersten Menschen in ihre neue Wohnungen eingezogen sind.
Bürger besser beteiligen
Zusammen mit fünf Bürgerinitiative und -gemeinschaften (Verein Verkehrsberuhigung Thalkirchen, Interessengemeinschaft Stadtteilgestaltung, GWG Eigenheimer an der Berner Straße e.V., BI Forstenried, BI Forstenrieder Park ohne Schießanlage) haben Stadtrat Michael Kuffer und MdL Georg Eisenreich (beide CSU) nun eine gemeinsames Positionspapier mit zahlreichen städtebaulichen Vorschläge für den Münchner Süden vorgelegt. Im "Plan Forum 19" sollen die Menschen, die im Viertel leben, besser als bisher in die Gestaltung ihrer Umgebung eingebunden werden. Die bestehenden Formen der Bürgerbeteiligung (z.B. über den Bezirksausschuss) hält Michael Kuffer nicht für ausreichend und für manche Projekte auch nicht geeignet. Das Bürgerforum soll ein besseres Podium bieten: "Dieses Forum ist auf Dauer angelegt, um die städtebauliche Entwicklung nachhaltig zu begleiten", unterstrich Georg Eisenreich.
Werden schwere Fehler wiederholt?
Die Veränderungen, die der Münchner Süden erlebt (Absiedlung von Gewerbe, Nachverdichtung im Wohnungsbau, Zuzugsdruck), wirken bedrohlich. "Wir befürchten schwere Fehlentwicklungen wie in Neuperlach und in Riem", erklärte Georg Eisenreich. Die Bürger teilen seine Kritik und fürchten insbesondere den Verlust des viele Stellen prägenden Gartenstadtcharakters. Anke Sponer (BI Forstenried) gehört zu ihnen. Im Bürgerforum sieht sie eine Chance, "eine nachhaltige Entwicklung des Viertels maßvoll zu gestalten und unseren Lebensbereich so zu erhalten, wie er ist!" Sie ist "glücklich, dass wir im Bürgerforum unsere Erfahrungen einbringen können."
Aufs Ganze schauen!
Den Bürgern liegt vor allem an einem Gesamtkonzept, der alle städtebaulichen und infrastrukturellen Herausforderungen (Verkehr, soziale Einrichtungen) berücksichtigt. "Wir brauchen eine Gesamtstrategie, sonst droht Wildwuchs", meinte Heinz Kuhnert (BI Forstenrieder Park ohne Schießanlage). Einen "roten Faden" für den ganzen Münchner Süden zu spinnen, habe die Stadt bis heute versäumt. Stattdessen werden einzelne Projekte geplant, ohne sie in die Entwicklung des gesamten Stadtbezirks einzuklinken. So kommt es zu der misslichen Lage, das Neubauviertel bezugsfertig werden, ohne dass es vor Ort die nötigen KiTas und Schulen gibt. "Die Folge sind ein Mangel an Kinderbetreuungsangeboten, überlange Schulwege, ein in manchen Gebieten immenser Parkdruck und Verkehrsbehinderungen", bilanziert das Plan Forum 19.
Wohnungsbau bietet Chancen
Den Bürgern ist klar, dass die Veränderungen vor ihrem Viertel nicht halt machen werden. Das gilt auch für die Nachverdichtung im Wohnungsbau. "Keiner will den Wohnungsbau verhindern", so Michael Kuffer, "es gibt keine Alternative, wenn man die Mieten einigermaßen stabil halten will." Der Wohnungsbau biete sogar viele Chancen, "wenn man es richtig und klug macht."
Wohntürme, wie sie auf der Südseite entstehen und am Sparkassenhochhaus angedacht sind, gehören für das Plan Forum nicht zu den guten Ideen. "Wir wollen kein Isar-Manhattan, dem der Verkehrsinfarkt droht!" so Heinz Kuhnert. Hochhäuser lösen das Wohnungsproblem ohnehin nicht, so Michael Kuffer: "Wir gewinnen nicht eine Quadratmeter an Wohnfläche, denn was wir in der Höhe gewinnen, verlieren wir durch die größeren Abstandsflächen." Eine verträgliche Nachverdichtung im Viertel sei nur im Rahmen einer geordneten Bauleitplanung möglich, so Kuffer.
Vorschläge liegen auf dem Tisch
Das Plan Forum 19 legte daneben Vorschläge für eine sinnvolle Nutzung des Gewerbebandes zwischen Boschetsrieder und Kistlerhofstraße (hier stehen mindestens 77.000 qm Gewerbeflächen leer) und zur Entlastung des Münchner Südens von der hohen Verkehrsbelastung vor.
Georg Eisenreich setzt bei der Stadtentwicklung auf die Bürger. "Wenn der Bürgerwille klar ist, muss man ihn umsetzen!" meinte er und kritisierte erneut, das der Bezirksausschuss 19 die Empfehlungen der Einwohnerversammlung zur Bebauung des EON-Geländes nicht aufgenommen habe. Umso wichtiger sein ein breites Engagement der Bürger, wie es sich im Plan Forum 19 zeige: "Es ist eine ganz tolle Sache, dass sich mehrere Bürgerinitiativen zusammen auf den Weg machen, um gemeinsam Dinge zu entwickeln", so Eisenreich.
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