Tradition am Schmiedefeuer
In der Kunst- und Bauschlosserei Pollinger ist die dritte Generation am Werk
Für Johann und Günther Pollinger stand eigentlich nie in Frage, dass sie in die Fußstapfen ihres Vaters und Großvaters treten werden: „Schon als Kinder war die Werkstatt für uns so etwas wie ein großer Spielplatz, und wir waren immer besonders beeindruckt von dem Schmiedefeuer, das der Großvater morgens angezündet hat und das dann den ganzen Tag brannte“, berichten die beiden Meister im Schmiedehandwerk. Als dritte Generation führen sie seit 1993/1994 die Kunst- und Bauschlosserei Johann Pollinger, die seit 76 Jahren an ihrem Standort an der Forstenrieder Allee 146 zu finden ist.
Als Hufschmiede gegründet
Schon 1933 macht Großvater Johann Pollinger seine Meisterprüfung und gründet 1936 mit einem Startkapital von damals 1000 Mark eine Huf- und Wagenschmiede an der Forstenrieder Allee. „Hier stand damals ein altes Bauernhaus und der Großvater hat den Stall zur Schmiede umfunktioniert“, erzählt Günther Pollinger. Die Aufträge für die Schmiede kamen damals vor allem von dem vor Ort ansässigen Sägewerk, das Pferde und auch Fuhrwerke zu unterhalten hatte. „Als unser Großvater 1949 wieder aus der Kriegsgefangenschaft kam, hat er eigentlich genau da weitergemacht, wo er aufgehört hat“, so Günther Pollinger. Nur die Art der Arbeit änderte sich, da das Sägewerk während des Krieges ausgebombt worden war und damit ein wichtiger Auftraggeber wegfiel. „Es gab dann eben alternative Aufträge, beispielsweise als ein Dach für die Tankstelle auf dem Nachbargrundstück angefertigt werden sollte.“
1962 macht dann der Vater, er heißt ebenfalls Johann Pollinger, seine Meisterprüfung im Schlosserhandwerk und übernimmt 1967 den Betrieb, den er in eine Kunst- und Bauschlosserei umwandelt. „Man hat sich vor allem auf die individuelle Fertigung von Geländern, Zäunen und Gartentoren konzentriert, denn im Münchner Süden wurde viel gebaut, und es gab eine große Nachfrage“, erzählt Günther Pollinger. Damals wie auch heute noch beliefert man vor allem Privatpersonen, aber auch Architekturbüros und Hausverwaltungen. „Bei uns gibt es keine Serienfertigungen, sondern immer individuelle auf Maß gearbeitete Stücke“, betont Pollinger.
Umwandlung in GmbH
Auch heute noch gehören Vergitterungen, Toranlagen, Geländer und Zäune zum Standardrepertoire des Betriebes. Doch auch die Anfragen bezüglich Reparaturen häufen sich: „Wir haben zum Beispiel auch ältere Damen als Kunden, die mit einem Kochtopf kommen, von dem der Henkel abgebrochen ist, aber sie möchten sich von dem guten, erinnerungsbeladenen Stück trotzdem nicht trennen“, berichtet Günther Pollinger, der im Jahr 1989 zusammen mit seinem Bruder Johann die Meisterprüfung im Schmiedehandwerk gemacht hat. 1993/1994 wurde der Betrieb, der bislang als Einzelunternehmen lief, in eine GmbH umgewandelt. Günther Pollinger hat die Geschäftsführung übernommen, sein Bruder und sein Vater sind heute Gesellschafter im Betrieb.
Während Günther Pollinger vor allem im Büro sitzt und für die Auftragsannahme wie die Buchhaltung zuständig ist, arbeitet sein Bruder Johann in der Werkstatt am heißen Schmiedefeuer. Dort erhitzt er das Material, das eine Temperatur von 900 bis 1000 Grad annehmen kann und klopft es dann auf einem Amboss in Form, so dass rot glühende Funken nach allen Seiten fliegen. Um die runden Elemente herzustellen, die man beispielsweise von Verzierungen der Gartentore kennt, benutzt Johann Pollinger speziell vorbereitete Schablonen, mit denen sich das erhitzte Material in Form biegen lässt. Bei der Montage der fertigen Werkstücke vor Ort sind dann wieder beide Brüder zugegen: „Man braucht dafür meist einfach mehr als zwei Hände“, erklärt Günther Pollinger.
Kreativ und gesellig
An ihrem Beruf schätzen die Pollingers, dass es sich um eine kreative und zugleich gesellige Arbeit handelt: „Zu einem festen Bestandteil gehört natürlich auch die ausführliche Kundenberatung vor Ort, denn das Produkt soll letztendlich ja auch perfekt zum Stil des Hauses passen“, erklärt Günther Pollinger, der auch feststellt, wie sich der Geschmack der Kunden im Laufe der Jahre verändert. „Heute geht die Nachfrage eher weg vom klassischen, verschnörkelten Barockgitter und hin zu einfachen, aber modernen Formen.“ Als Material wird im Betrieb vor allem Baustahl verarbeitet. Für den wetterfesten Einsatz außer Haus wird dieser dann noch feuerverzinkt. „Zudem können wir mittels einer Pulverbeschichtung die Werkstücke in vielen verschiedenen Farbtönen anbieten, zum Beispiel wenn ein grünes oder ein blaues Gartentor gewünscht wird“, so Günther Pollinger.
Eine hohe Wertschätzung ihrer Arbeit erfahren die Brüder vor allem auch dadurch, dass sie viele Stammkunden haben, die ihre Begeisterung für die Handwerksarbeit sogar in die nächste Familiengeneration weitergeben. Zudem sind die Tore und Zäune der Schlosserei Pollinger nicht nur in Deutschland zu sehen, sondern gehen inzwischen auch um die Welt: „Für eine Familie, die nach Florida ausgewandert ist, haben wir zum Beispiel ein Gartentor gemacht“, erzählt Günther Pollinger. „Leider durften wir es nicht selbst montieren.“
Eine hohe Qualität und Kundenzufriedenheit zu erreichen, das ist für die Schmiedemeister auch in der dritten Generation elementar wichtig: „Wir versuchen alles in Handarbeit herzustellen und möglichst wenig Fertigteile zu verwenden“, erklärt Günther Pollinger und zitiert zum Abschluss noch so etwas wie das Motto des Betriebes, das sich schon sein Großvater auf die Fahne geschrieben hatte: „Wir wollen mehr Handwerker als Händler sein.“
Weitere Informationen im Internet unter www.schlosserei-pollinger.de.
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