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„Wir kommen, wenn es nötig ist“

Palliativteam München West e.V. eröffnet neue Räume in der Bodenseestraße

Das Palliativteam München-West e.V. ist seit sechs Jahren für schwerstkranke und sterbende Patienten da. Im Jahr betreuen die zwölf Teammitglieder rund 250 Patienten. Beate Nikutowski, Julia Mühlratzer, Susanne Matz, pflegerische Leiterin Sabine Jobst, ärztliche Leiterin Beatrix Gerhard, Marvin Levent, Beate Weber, Barbara von Hirschheydt, Kristin Krumpholz, Michael Gottschalk, Brigitte König-Roth und Jutta Gebhard (v.l.). (Bild: AlexeyTestov)

Vor sechs Jahren wurde der Verein Palliativteam München West e.V. gegründet. Die insgesamt zwölf Palliativmediziner, Pflegekräfte und Therapeuten – darunter Intensivpfleger, Trauerbegleiter und Fachkräfte für Onkologie – kümmern sich seitdem um schwerstkranke und sterbende Menschen, die zu Hause oder in einem Pflegeheim betreut werden wollen. „Wir sind ein multiprofessionelles Team“, erklärt Sabine Jobst, Gründungsmitglied und pflegerische Leiterin. „Wir werden gerufen, wenn die Patienten aus dem Krankenhaus entlassen wurden und es klar ist, dass im Weiteren keine heilende Therapieform mehr möglich ist.“

Aus dem gesamten Münchner Westen und aus dem Würmtal bis Starnberg und Berg kommen die Patientenanfragen, in den anderen Münchner Stadtteilen wirken die vier Schwestereinrichtungen. „Unser Gebiet ist wirklich groß. Wir haben alle Hände voll zu tun. Mit dem Umzug nach Aubing in die Bodenseestraße sind wir aber nun sehr zentral gelegen. Und – ganz wichtig – wir sind nicht allein in der Betreuung, uns zur Seite stehen viele Kooperationspartner.“ Darunter sind die Münchner Ärzte vom Praxisnetz München West, ehrenamtliche Hospizdienste, Pflegedienste, Physio- und Ergotherapeuten und viele Apotheken.

Ganz München-West bis Starnberg und Berg

„Wir sehen unsere Aufgabe in der Symptomversorgung“, so die ärztliche Leiterin Beatrix Gerhard. „Unheilbar Kranke können ganz verschiedene Krisensymptome entwickeln. Auf diese reagieren wir, das muss manchmal ganz schnell gehen. Deswegen freuen wir uns, dass viele Apotheken zu unserem Kooperationsnetzwerk gehören.“

Ein Patient werde immer von zweien aus dem Palliativteam betreut, „einer Pflegekraft und einem Arzt. Die beiden bleiben dem Patienten zur Seite“, so Jobst. Manchmal ist es gar nicht unbedingt notwendig, dass das Zweierteam täglich vorbei schaut. „Wir kommen, wenn es nötig ist. Die Angehörigen wissen aber, dass wir rund um die Uhr ansprechbar sind und schnell kommen, wenn es nötig ist.“

Patienten sollen angst- und schmerzfrei sein

Überhaupt sei es oftmals fast wichtiger, für die Angehörigen da zu sein. „Einen schwerst- und todkranken Angehörigen zu pflegen, ist unheimlich verantwortungsvoll und kräftezehrend. Diese Arbeit ist hoch anzurechnen“, so Jobst weiter. „Bei unserem ersten Besuch besprechen wir deswegen die Unterstützungsbedürfnisse und alle nötigen Hilfsmittel. Wenn alles schon mal bereit und vor Ort ist, stärkt das die Angehörigen."

Oberstes Ziel sei es, dass die Patienten weitgehend schmerzfrei sind und keine Atemnot leiden. „Wir möchten die Schmerzen nehmen. Ohne Schmerzen erlangen die Patienten oft erstaunlich viel Kraft, Energie und Mut, sich mit dem eigenen Tod auseinanderzusetzen“, ergänzt Gerhard. „Die Patienten werden dann sehr klar und können für sich noch viel formulieren. Das sind schöne Momente unserer Arbeit. Auch über Angst sprechen wir. Die Patienten wollen wissen, wie der Tod eintritt und was sie erwartet. Wir können aus unserer Erfahrung abschätzen, was passieren wird. Auch darüber sprechen wir.“

„Rituale sind wichtig“

Durchschnittlich 250 Patienten im Jahr werden vom Palliativteam München West im Jahr betreut. Nur sechs Prozent davon sind im Krankenhaus. 70 Prozent wollen zu Hause bleiben und dort sterben. Die Tendenz ist steigend. Die Betreuungszeit kann sehr unterschiedlich sein und reicht von kurzen zwei, drei Stunden bis zu einem Jahr.

„Der Umgang mit schwerstkranken und sterbenden Menschen ist unsere tägliche Arbeit. Trotzdem trifft uns der Tod jedes Mal sehr. Das geht uns jedes Mal unglaublich nah. Klar, dass wir darüber reden müssen und uns gegenseitig helfen.“ Wichtig sind Rituale, so Gerhard. Ist jemand gestorben, zündet das Team eine Kerze in der „Stille-Ecke“ an.

Einmal im Jahr lädt das Palliativteam die Angehörigen der in den letzten zwölf Monaten Verstorbenen zu einem Gartenfest ein. „Wir reden viel miteinander bei Musik und gutem Essen. Da geht es überhaupt nicht traurig zu. Das Gedenken, die Ansprache und der Austausch tun den Angehörigen gut und geben einen Abschluss für das Erlebte. Und das ist uns wichtig.“

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