Tanz auf einem Bein
Willkommensfest in der Gemeinschaftsunterkunft
Die syrische Band Jisr stimmte orientalische Klänge an. Angefeuert wurden die drei Musiker von den klatschenden Zuhörern, die sich im Festzelt versammelt hatten. Viele Flüchtlinge, aber auch deutsche Besucher, filmten mit den Handys. Plötzlich sprang ein Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft Centa-Hafenbrädl-Straße in Freiham vor die Musiker und führte unter Anfeuerungsrufen der Zuschauer einen bühnenreifen Bauchtanz vor. Anschließend tanzten ein paar besonders mutige Flüchtlinge. Ein Beinamputierter hatte dazu seine Krücken weggeworfen und hüpfte lebensfroh auf einem Bein. Deutsche und ausländische Frauen mit oder ohne Kopftuch, schauten zu, lachten und applaudierten. Einen Nachmittag lang konnten die rund 470 Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft ihre Sorgen und Probleme vergessen. Sie feierten gemeinsam mit dem Helferkreis, dem Gewerbeverband Freiham, den Anwohnern, Mitarbeitern und lokalen Politikern ein Willkommensfest.
Vor allem die vielen Kinder genossen das bunte Programm. Sie bastelten Masken, verwandelten sich beim Kinderschminken in Piraten oder Prinzessinnen, holten Luftballons und tollten über den Hof. Traubenweise Kinder zog der Straßenkünstler Stephan Lanius an. Dank seiner sprechenden Mimik brauchte man gar kein Wort seiner Performance zu verstehen. John Awofade aus Nigeria und Lanius demonstrierten bei ihren Aufführungen humorvoll die Unterschiede zwischen „den Deutschen“ und „den Afrikanern“.
Kichererbseneintopf und Couscous
Vertreter aus 18 Nationen bewohnen derzeit die Container, erklärten Vladimir Myakota und Martina Eller, Mitarbeiter der Inneren Mission. Sie sind Ansprechpartner der Flüchtlinge, trösten bei anstehenden Abschiebungen oder Heimweh, helfen bei Behörden- oder Arztterminen, unterstützen bei der Bewältigung von Traumata, sorgen dafür, dass die älteren der rund 100 Kinder die Schulpflicht ernst nehmen und pünktlich zum Unterricht erscheinen. „Viele der Bewohner fangen bereits an sich untereinander auf Deutsch zu verständigen“, freute sich Eller. Bei den Kindern dauere es kaum länger als ein halbes bis dreiviertel Jahr bis sie deutsch könnten, erklärte Maren Sommer, Leiterin der Kinderkrippe „Unsere Champions“. Sie und ihre Kolleginnen bastelten beim Willkommensfest mit den Kindern.
Am Essensstand teilten die Helfer Otto Karl und Simone Drexl duftenden Reis, Kichererbseneintopf und Couscous aus. Zweimal in der Woche kommt Drexl, die in einer benachbarten Firma arbeitet, nach der Arbeit in die Unterkunft und gibt gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen Deutschkurse. Im Gewerbegebiet haben sich die Freihamer Firmen zum Helfen zusammen geschlossen. „Wir sind daran interessiert, was hier passiert“, erklärte Drexl. Karl engagiert sich in der Unterkunft in der Radlwerkstatt. Hier werden nicht nur Fahrräder hergerichtet, „wir sind ein sozialer Treffpunkt“, erzählte er. Die Helfer bieten außerdem Kinderbetreuung, Musikunterricht und gemeinsames Singen an. Auch Freihamer Bürger kamen zum Fest, um ihre neuen Nachbarn kennenzulernen. Überall sah man Grüppchen von Menschen, die sich angeregt mit Händen und Füßen unterhielten.
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