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Straßen als Konzertsäle

Kulturlieferdienst macht die Kunst sichtbar

Die Band "Peter and the lost Boys" begeisterte bei ihrer "Versammlung" mit Folkmusik. (Bild: pst)

Immer wieder blieben Passanten ungläubig stehen und konnten ihren Augen und Ohren kaum trauen. Auf der Wiesentfelser Straße gibt es ein Open-Air-Konzert und das mitten in der Corona-Pandemie? Bei der Musik handelte es sich freilich nicht um ein Konzert im herkömmlichen Sinne, sondern um eine offiziell angemeldete Versammlung des Kulturlieferdienstes. Seit einem Jahr touren die Künstler des Kulturlieferdienstes nun bereits durch die Straßen und Stadtviertel Münchens. „Wir machen Straßen zu Bühnen und lassen Kunst und Kultur auch in diesen Zeiten unser Leben bereichern“, versichern die Veranstalter Jürgen Reiter und Benjamin David (Verein „Isarlust“). Mehr als 130 Aufführungen hat es seit dem ersten Lockdown 2020 bis jetzt gegeben. „Wir liefern am Wochenende teils mehrmals täglich“, so Reiter in Aubing.

Dass Münchens 6.177 Autostraßen zu „pandemischen Konzertsälen“ ausgerufen werden können, wird im Wege des Versammlungsrechts von der Polizei, dem Kreisverwaltungsreferat und der MVG mitgetragen. So können die Künstler ihre Sichtbarkeit ganz offiziell demonstrieren, denn das Ganze ist eine Art Demonstration und dafür gelten andere Regeln, was die Anzahl der Teilnehmer betrifft.

Lokale Kulturhelden

In Aubing begeisterten an diesem Nachmittag „Peter and the Lost Boys“ mit eingängigen Folk-, Country- und Rocksongs gespielt auf Gitarre, Banjo, Bass, Piano und Violine. Damit die Abstandsregeln eingehalten werden, hatten die Veranstalter mit bunter Kreide Kreise auf die Straße gemalt und es herrschte Maskenpflicht.

Es war nicht der erste Auftritt im Stadtbezirk 22 im Rahmen des Kulturlieferdienstes. Zuvor waren bereits Regine Noßke und Kiko Pedrozo in der Ubostraße aufgetreten sowie Tula Troubles im Bereich Ute-Strittmatter-Straße, Aubinger Allee und Marie-Luise-Jahn-Straße, die Münchner Ruhestörung am Wochenmarkt an der Konstanze-Vernon-Straße und Pakobeatz b2b DJ Venus am Westkreuz. Ein Autovermieter hat den Künstlern sogar einen Transporter gesponsert. Hier können sich die Künstler mit ihren Instrumenten und Geräten vor der Witterung und der Kälte schützen.

Ein wenig Normalität

Die Veranstalter sind sicher, dass „auch in dieser Zeit Kunst und Kultur gebraucht wird – und zwar als physisches Erlebnis von Menschen mit Menschen und für Menschen“. Livestream sei zwar nett, aber Menschen brauchen Kunst und Kultur live“, so die beiden Organisatoren.

„Peter and the lost Boys“ genossen den einstündigen Auftritt sichtlich, sie wurden von den Aubingern gefeiert. In vielen Kreidekreisen wurde getanzt, „endlich wieder ein wenig Normalität“, schwärmte eine Frau. Anfangs seien ihr Tränen der Rührung gekommen, gestand sie. Auch der Aubinger Bezirksausschuss unterstützt die Veranstaltungen. Sebastian Kriesel und Vertreter des BA 22 ließen sich persönlich von der guten Stimmung anstecken. Am liebsten hätte die Band noch ein paar Zugaben gegeben, aber die Polizei, die die „Demonstration“ mit einer Straßensperre gesichert hatte, winkte nach der vereinbarten einen Stunde ab.


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