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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
"Manche mögen’s kalt"
Schüler suchen nach Eiszeitrelikten im Aubinger Moos
Es gibt sie noch, letzte lebende Zeugen der Eiszeit. 24 Schüler aus der 4c der Gotzmannschule sind auf Entdeckungstour in die Moosschwaige gewandert. „Manche mögen’s kalt“ lautete das Motto des Ausflugs. Gemeinsam mit Matthias Schwahn, Siegfried Pschibul-Markgraf vom Umsetzungsteam des BayernNetzNatur-Projekts Aubinger Moos und Klassenlehrerin Hildegard Storm entdeckte die Gruppe tatsächlich einige Exemplare des seltenen violett blühenden Alpenhelms. Ein paar Stunden später hätte sie sicherlich auch die Schwarzglänzende Moorameise gesichtet, „diese Reliktart verlässt aber erst einige Stunden vor Sonnenuntergang ihr Ameisennest“, sagte Schwahn.
Bevor es in das „Grüne Klassenzimmer“ ins Aubinger Moos ging, hatte Schwahn in der Schule den Kindern über die beiden Eiszeitrelikte, den violett blühenden Alpenhelm und die Schwarzglänzende Moorameise, berichtet. „Beide haben seit der letzten Eiszeit im Aubinger Moos überlebt“, erklärte Schwahn. Nach Abschmelzen der Gletscher besiedelten die kälteunempfindlichen Arten als erstes die ehemals vom Eis bedeckten Flächen. Mit zunehmender Erwärmung wurden sie von Arten verdrängt, die mit der Wärme besser zurechtkamen. „Während die Mammuts ausstarben, haben in den nasskalten Moorbiotopen des Aubinger Mooses bis heute Vertreter der an Kälte bestens angepassten Arten überlebt“, wusste Schwahn. Beispielsweise gefriere das Blut der Schwarzglänzenden Moorameise erst bei 27 Grad unter Null, erzählte er den staunenden Schülern.
Ohne Pflege würden allerdings Hochstauden, Schilf oder Gehölze die kleinen Moorflächen überwuchern. Im Rahmen des Umsetzungsprojektes werden die Moorlebensräume deswegen von Hochstauden und Gestrüpp befreit. Doch angesichts der Gefahr der Klimaerwärmung wird es immer schwieriger, die Eiszeitrelikte zu bewahren.
Aktion „Grünes Klassenzimmer“
Das zwölf Quadratmeter große Aubinger Moos ist Teil des Dachauer Mooses. Es ist Münchens erstes Projektgebiet im landesweiten Biotopverbund BayernNetzNatur. „Wir möchten das Projekt den Bürgern des Stadtbezirks direkt vor Ort nahe bringen. Es soll dabei nicht nur der Verstand, sondern auch das Herz erreicht werden“, sagte Schwahn. In den letzten Jahren machten sich Dritt- und Viertklässler der umliegenden Grundschulen deswegen zu den Behausungen der unterschiedlichsten Moorbewohner auf. Da gab es „fleischfressende“ Schmetterlinge wie den Dunklen Moorbläuling zu bestaunen. Die Schüler feierten die Rückkehr der Feldgrille, die erstmals wieder ihre Gesänge im Aubinger Moos anstimmt. Eine Exkursion widmete sich der Zahntrost-Sägehornbiene vom Böhmerweiher, die für ihr Überleben Pollen des Roten Zahntrosts als Futtervorrat benötigt.
Für Schwahn ist das Aubinger Moos ein „Raritätenkabinett der Münchner Tier- und Pflanzenwelt“. „Hier trifft sich, was in der Tier- und Pflanzenwelt in puncto Seltenheit Rang und Namen hat. Moorameise, Helm-Azurjungfer, Sumpf-Heidelibelle, Moor-Federkiemenschnecke, Dunkler Moorbläuling, Fleischfarbenes Knabenkraut oder Kriechender Sellerie dokumentieren, was für einen wichtigen Beitrag das Aubinger Moos gegen das grassierende Artensterben leistet“.
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