"Lobende Erwähnung" für Baracke
Vorbildliche Handwerksarbeit bei Renovierung
Auf den ersten Blick scheint es abwegig. Die Baracke 5 im ehemaligen Zwangsarbeiterlager in Aubing wurde mit einer „Lobenden Erwähnung“ beim Fassadenpreis der Stadt München bedacht. Die Baracke, in der unzählige Menschen während des zweiten Weltkriegs ein entbehrungsreiches Dasein gefristet hatten, ist kein architektonisches Juwel und kann nicht mit den vielen repräsentativen Jugendstil-Villen mithalten, die regelmäßig mit diesem Preis dekoriert werden.
Es hat trotzdem seine Berechtigung, wenn auch ein Elendsquartier wie diese Baracke ausgezeichnet wird. Schließlich geht es dabei nicht um die Schönheit, sondern um eine sensible Renovierung, die dem Objekt entspricht und mit der ein Stück Identität der Stadt, zu der zweifelsohne auch die Zeit des Nationalsozialismus gehört, bewahrt werden kann.
Die Baracke 5, ein eingeschossiger Satteldachbau, wurde als Lagerbaracke während der Kriegsjahre 1944/45 errichtet. Sie ist eine der acht denkmalgeschützten Baracken des Ensembles „Ehemaliges Zwangsarbeiterlager Neuaubing“, in der Ehrenbürgstraße 9, dem neben Berlin-Schöneweide bundesweit einzig noch erhaltenen Beispiel dieser Art. Die leerstehende Baracke 5 wurde 2009 als Denkmal gelistet und 2014 von der Stadt übernommen. Wegen des maroden Zustands musste sie renoviert werden. So wurden die Dachkonstruktion, der Dachbelag und die Dachrinnen saniert. „Die Putzfassade, die historischen Holzfenster, Klappläden und Türen wurden in vorbildlicher Handwerksarbeit ausgebessert und gestrichen“, lobte die Jury. In dem Gebäude soll eine Außenstelle des NS-Dokuzentrums entstehen, ein Lern- und Erinnerungsort, der an die Zwangsarbeit als dunkles Kapitel der deutschen Geschichte erinnern soll.
Wer mit offenen Augen durch München spaziert, ist von den vielen fachmännisch renovierten Häuserfassaden überrascht. Das war nicht immer so: In den 60-er Jahren waren die rußgeschwärzten, vernachlässigten Fassaden alter Häuser, die glatten Oberflächen, von denen die früheren Stuckverzierungen abgeschlagen worden waren, fast schon die Regel. Als der optische Charakter der Stadt einem Einheitsbrei zum Opfer zu fallen drohte, setzte ein Umdenken ein. Um die Identität des Münchner Stadtbilds zu bewahren, schuf die Stadt München einen Preis für gelungene Fassadenrenovierungen.
900 Fassadenpreise bisher
Private Eigentümer von historischen Gebäuden in München können am Fassadenwettbewerb teilnehmen und öffentlich-rechtliche Eigentümer sich um „Lobende Erwähnungen“ bewerben.
Seit Wettbewerbsgründung im Jahr 1969 wurden 900 historische Anwesen mit dem Fassadenpreis ausgezeichnet. 163 Fassaden von Gebäuden im Eigentum der öffentlichen Hand wurden seit 1988 mit einer „Lobenden Erwähnung" bedacht. Die Fassaden werden von einer Fachjury nach Kriterien wie Originalität, Gestaltungsreichtum, Erhaltungsaufwand, farbliche Gestaltung, künstlerische und handwerkliche Qualität der Ausführung und stadtgestalterische Bedeutung bewertet.
In einer Feierstunde überreichte Bürgermeister Manuel Pretzl nun die 15 Fassadenpreise und elf "Lobende Erwähnungen". Die Preisträger erhalten neben der Urkunde eine Glastafel, die an der Fassade angebracht werden kann. Gewürdigt wurden in den Jahren 2017 und 2018 durchgeführte Renovierungen.
In einer Ausstellung präsentieren sich die Preisträger bis zum 27. März im Servicezentrum der Lokalbaukommission in der Blumenstraße 19. Hier können auch die Bewerbungen um den nächsten Fassadenpreis bis 31. Januar 2021 abgegeben werden.
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