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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
Keine linken Spinner
Flüchtlingshelfer protestieren gegen Asylpolitik
Mit einem "Gruppenbild mit Dame" zu Füßen der Bavaria auf der Theresienwiese haben mehr als 1.000 ehrenamtliche Flüchtlingshelfer aus ganz Oberbayern gegen die Asylpolitik der bayerischen Staatsregierung protestiert. Das Foto solle zeigen, dass "wir sehr viele sind, auch wenn wir nicht so oft auf die Straße gehen wie Pegida- oder AfD-Anhänger", sagte der evangelische Pfarrer Jost Herrmann. Er ist einer der Initiatoren des Gruppenbildes und Asyl-Koordinator im Landkreis Weilheim-Schongau. An der Sternfahrt zu dem Gruppenbild an der Bavaria nahmen auch Mitglieder des Helferkreises der Flüchtlingsunterkunft Mainaustraße am Westkreuz sowie Helfer aus dem Würmtal und Germering teil.
Mit ihrer friedlichen Protestaktion an der Bavaria reagierten die Flüchtlingshelfer auf eine Terminabsage von Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Ihm hatte das Netzwerk der Flüchtlingshelfer eine Resolution überreichen wollen, die auf dem 3. Oberbayerischen Asylgipfel Ende Januar in der Tutzinger Christuskirche verabschiedet worden war. Darin sprachen sich die ehrenamtlichen Helfer gegen ein Arbeitsverbot für Flüchtlinge und gegen die Abschiebung von Asylbewerbern nach Afghanistan aus.
Angst, Depressionen und Frust
Bei dem Termin mit dem Innenminister sollte auch zur Sprache gebracht werden, welche Folgen die Arbeitsverbote und Sammelabschiebungen nach Afghanistan bei den Betroffenen in den Flüchtlingsunterkünften haben. Es herrsche Angst, Depressionen und Frust. Die Helfer seien mit Problemen und Fragen konfrontiert, die sie nicht beantworten und lösen könnten. Angesichts dieser Situation erwarteten die ehrenamtlichen Helfer von der Staatsregierung mehr Respekt und Dialogbereitschaft, sagte Pfarrer Jost Herrmann. Und weiter: "Auch uns ist klar, dass nicht jeder Flüchtling bleiben kann". Schließlich seien die ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer "keine linken Spinner". Unter den Helfern befänden sich "viele kluge Köpfe". Die Regierung wäre "dumm", wenn sie dieses Potenzial nicht nutzen würde.
Bei der Protestaktion an der Bavaria, der Schutzpatronin und symbolischen Mutter des Freistaates Bayern, war ein Meer von Plakaten zu sehen. Darauf wurde beispielsweise gefordert: "Kein Arbeitsverbot für Asylbewerber" und "Keine Abschiebung nach Afghanistan".
Nach Angaben von Bernhard Rieger, ehrenamtlicher Flüchtlingshelfer aus Germering und Mitorganisator des Gruppenfotos unter der Bavaria, gebe es inzwischen eine Gesprächszusage aus dem bayerischen Innenministerium und zwar mit Staatssekretär Gerhard Eck. Rieger betonte, das Flüchtlingsnetzwerk dränge jedoch weiterhin auf eine Unterredung mit Innenminister Joachim Herrmann. Dabei will ihm das Flüchtlingsnetzwerk persönlich ein Foto vom "Gruppenbild mit Dame" überreichen, zum Beweis dafür, wie verbreitet der Unmut über die Asylpolitik Bayerns bei den Helfern sei.
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