"Es ist noch alles im Fluss"
Stadt nimmt Anregungen des Bürgerworkshops zu Aubing-Mitte mit
Ein Zettel nach dem anderen reichten die Bürger den Moderatoren an den vier großen Tischen. „Lärm“, „Abkapselung nach außen“, „viel zu hoch“ waren einige der Kritikpunkte an dem Bauprojekt „Aubing-Mitte“. Viele Bürger hatten eigene Vorschläge notiert oder ausführliche Begründungen geliefert. Die Zettel wurden beim Bürgerworkshop dann an die Pinnwände gehängt. Zuvor hatten die Aubinger, die zahlreich in den Schnitzelwirt gedrängt hatten, mit Planern, Architekten, Vertretern der Stadt, des Investors Corpus Sireo und der Bürgerinitiative die verschiedenen Aspekte des Projekts diskutiert. Zur Veranschaulichung lagen Pläne und Modelle auf den Tischen und die Bürgerinitiative hatte ihre Alternativvorschläge an die Stellwände gehängt.
Mit dem Bürgerworkshop hatte das Planungsreferat das Versprechen eingelöst, gemeinsam mit allen Beteiligten nach Alternativen zu suchen. Steffen Kercher (Planungsreferat) umschrieb das Dilemma folgendermaßen: „Der Eigentümer möchte mehr Baurecht, damit das Ganze wirtschaftlich interessant wird, die Anwohner wollen nicht, dass die Neubürger ihnen eng auf die Pelle rücken und die Stadt München steht dazwischen. Einerseits soll die Stadt wachsen, andererseits lebenswert bleiben“.
Die Wettbewerbsergebnisse für das Bauprojekt Colmdorfstraße (ehemaliges Telekomgelände) hatten seit Monaten im Viertel für Aufregung gesorgt. 1500 Unterschriften waren gegen die „wagenburgartige Riegelbebauung“ gesammelt worden. „Die geplante Bebauung nimmt in Höhe und Ausmaß keinerlei Rücksicht auf die Umgebungssituation“, kritisierte Klaus Bichlmayer als Vertreter der Bürgerinitiative beim Bürgerworkshop. Den Kritikpunkten schlossen sich die Bürger an. Ihnen war das Ausmaß der 420 Wohneinheiten, die 1200 Neubürger in das Viertel bringen sollen, viel zu massiv. Auch die Idee der abgeschlossenen Höfe stieß auf Skepsis. Das Argument „laut, schattig und greuslich“, wollte Architekt Michael Wimmer freilich nicht auf sich sitzen lassen. „Das klingt ja so, als wollten wir in Aubing ein Manhattan erschaffen, dabei haben die Häuser im Durchschnitt nur 4,5 Stockwerke“.
Grüne Wohninseln oder greislige Höfe?
Er wies auf die vielen Beispiele in München hin, „wo Höfe wahnsinnig gut funktionieren“. Hier gehe es nicht um Gewinnmaximierung, „wir wollen schöne, grüne Wohninseln schaffen“ und sein Kollege Franz Damm pflichtete ihm mit den Worten bei: „Gute Architekten können tolle Wohnungen bauen." Die Aubinger sahen das anders. Sie wünschten sich zumindest teilweise niedrigere Häuser. Niedriger bauen würde allerdings bedeuten insgesamt enger und mit weniger Grün zu bauen, gab Kercher zu bedenken. Schließlich dürfte die zugelassene Baumasse nicht einfach verringert werden.
Klaus Bichlmayer umschrieb den Anwesenden die Vorschläge der Bürgerinitiative. So sollte die Riegelbebauung geöffnet und die Innenhöfe durch eine kleinteiligere, aufgelockerte Bebauung „anders gestaltet werden“. Außerdem schlägt die BI vor, dass die Grünflächen der Colmdorfstraße Ost sich in das westliche Neubaugebiet fortsetzen und die Naturflächen im Süden geschützt werden.
Scharfe Kritik an den derzeitigen Bauplänen äußerte Bezirksausschussmitglied Karin Binsteiner: „Wir haben im BA andere Prioritäten gesetzt. Das Projekt passt hier nicht rein und der BA wird dem nicht zustimmen“. Nach mehr als drei Stunden Diskussion, die von Kurzvorträgen, Diskussionen in Kleingruppen und im Plenum geprägt waren, gab es ein Fazit, das die Bürger hoffnungsfroh stimmte: „Wir nehmen die Zahlen und Anregungen mit“, versprach Steffen Kercher. Die Stadt habe noch keine abgeschlossene Planung vorliegen, „es ist noch alles im Fluss“. Das sah Bichlmayer genauso: „Entscheidend wird sein, welchen Billigungsbeschluss der neue Stadtrat zur Bebauung auf dem Telekomgelände am S-Bahnhof Aubing treffen wird."
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