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Ein Ort zum Lernen und Erinnern

Konzept für das Zwangsarbeiterlager vorgestellt

Eine der letzten originalgetreuen Baracken des Zwangsarbeiterlagers wurde in der Ehrenbürgstraße von der Stadt München saniert. (Bild: pst)

Einen Vorgeschmack wie das Miteinander von Künstlern, Handwerkern und Historikern einmal sein könnte, bekam man bei den "Offenen Ateliers" der Freien Ateliers und Werkstätten (FAUWE) im ehemaligen Zwangsarbeiterlager in der Ehrenbürgstraße. Drei Tage lang gab es Kunst, Mitmachangebote, Live-Musik, Performances, aber auch eine Führung zur Geschichte des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers. Hier hatten während des zweiten Weltkriegs rund 1.000 ausländische Zwangsarbeiter gelebt, die im Ausbesserungswerk der Reichsbahn arbeiten mussten.

Nach langem Bangen über die Zukunft der Künstler an dem geschichtsträchtigen Ort gibt es nun Klarheit. Das NS-Dokumentationszentrum, eine Einrichtung der Stadt München, hat ein Konzept für eine Dependance auf dem ehemaligen Zwangsarbeiterlager erarbeitet, bei dem die Künstler ihren Platz bekommen haben. Schließlich hätten sie "einen wichtigen Teil zum Erhalt des Geländes beigetragen" heißt es in dem Konzept. Ihnen und auch dem Bezirksausschuss wurde versprochen, dass sie beim "Runden Tisch" beteiligt werden. Ein Anhörungsrecht bestehe freilich nicht.

Für eine Dauerausstellung in der Baracke 5, die das Herzstück der Dependance bilden wird, werden Objekte und Dokumente gesucht. Das inhaltliche Feinkonzept beinhaltet historische Recherchen und Zeitzeugeninterviews. Der Fokus liegt dabei auf den Lebens- und Arbeitsbedingungen von Zwangsarbeitern. Der Schimmelbefall konnte durch aufwändige Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes mittlerweile in Griff bekommen werden, so dass der Raum als Ausstellungsraum genutzt werden kann. Seminar- und Veranstaltungsräume sollen im derzeit leer stehenden Teil der Baracke 2 eingerichtet werden. Für den Erinnerungsort soll eine Vollzeitstelle geschaffen werden.

Kooperation  mit den Künstlern

Die Dependance versteht sich nicht als Gedenkstätte, sondern als Lern- und Erinnerungsort. In einer "Erinnerungswerkstätte" könnten sich die ansässigen Künstler sogar mit kreativen Angeboten beteiligen. "Kooperationen mit den lokal anwesenden Künstlern wie auch den Handwerkern sind denkbar", heißt es in dem Konzept. Für die derzeitigen Nutzer ist folgender Satz besonders wichtig: "Integraler Bestandteil des Konzepts ist, dass das frühere Lagergelände auch weiterhin belebt bleibt und durch verschiedene Nutzungen mitgestaltet wird, die dem Ort angemessen sind." Allerdings werden die Außenanlagen umgestaltet werden. Der derzeit mit Bäumen und Sträuchern bewachsene ehemalige Appellplatz soll zu einem "offenen Kommunikationsraum", einem Forum mit Sitzgelegenheiten werden. Das bedeutet, dass ausgelichtet werden muss. Die Grundrisse der beiden Baracken, die nach dem Krieg zurückgebaut worden waren, sollen markiert werden, um die Lagerstruktur nachvollziehbar zu machen und es soll Toiletten geben.

Neben dem Einsatz von modernen Medien wie Audio- und Videoeinspielungen soll eine "App" entwickelt werden, mit der man durch die Ausstellung geführt wird.

Auch soll die Datenbank erweitert werden, um Nachfahren von Zwangsarbeitern, die sich über das Schicksal ihrer Vorfahren erkundigen wollen, weiterhelfen zu können. Insgesamt könnten zwischen 5.000 und 10.000 Besucher, Schulklassen und Gruppen jährlich kommen.

Wenn alles nach Plan läuft, soll die Dependance des NS-Dokumentationszentrums 2023 eröffnen.


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