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Deutsch lernen

Seit drei Jahren gibt es Kurse beim "Anderwerk"

Manche Kursteilnehmer müssen erst einmal das ABC lernen. (Bild: pst)

Manche haben einen akademischen Abschluss, andere sind Analphabeten oder haben seit Jahren keine Schule besucht – die Menschen, die beim „Anderwerk“ in der Clarita-Bernhard-Straße in Freiham Deutsch lernen wollen, sind völlig unterschiedlich. Es sind Asylbewerber und Migranten, die hier einen der Kurse besuchen. Seit drei Jahren gibt es in dem Neubau Integrationskurse und Berufssprachkurse. Das Gebäude teilt sich die Bildungseinrichtung mit der Städtischen Musikschule und mit dem SOS-Kinderdorf. Bei einem kleinen Fest stellte sich das "Anderwerk" vor.

An diesem Vormittag sind die Kursräume von verschiedenen Lerngruppen besetzt. Ein Kurs spielt „Beruferaten“ und wendet den neu gelernten Sprachschatz praktisch an. „Bist du Polizistin von Beruf?“ wird eine Frau gefragt, die zuvor eine für den Beruf typische Bewegung gemacht hatte. Sie antwortete im korrekten Deutsch „nein, ich bin Hausfrau von Beruf“. Dann schreibt sie das Wort auf die Tafel, das ihr ein anderer vorbuchstabiert hatte. Die Kursleiterin achtete strikt darauf, dass alle in ganzen Sätzen antworten, dass die Worte korrekt geschrieben und buchstabiert werden. In der Gruppe gibt es eine afghanische Ingenieurin, eine Professorin aus Kabul, einen Arzt, einen Bürokaufmann, einen Schauspieler, aber auch eine Hausfrau, die als völlige Analphabetin in die Gruppe gekommen ist und mittlerweile das Alphabet beherrscht, sowie zwei Jugendliche, die wegen ihrer Flucht lange keine Schule mehr besucht hatten. „Was ist die Hauptstadt von Deutschland?“, wollte die Lehrerin wissen und Bilal, ein Jugendlicher aus Afghanistan, antwortete: „Die Hauptstadt von Deutschland ist Berlin“. Dann werden die Silben von den Worten geklatscht und markiert.
„Die ersten, die bei uns angefangen haben, haben schon ihr B2-Zertifikat“, erklärte die Pädagogische Fachkraft im "Anderwerk", Enkhmaa Narmandakh. B2 ist ein Sprachniveau, mit dem man im Alltag gut zurecht kommt. Die Kurse haben in Neuaubing bereits 2017 begonnen, durch den Umzug nach Freiham 2020 sind die Räume näher an der Gemeinschaftsunterkunft und damit für die Schülerinnen und Schüler besser erreichbar. In den Kursen lernen Migranten und Geflüchtete nicht nur die Sprache, sondern auch Landeskunde und sie bekommen Informationen über den Alltag in Deutschland, so Jana Knippelmeyer von "Anderwerk". Je nach Niveau und nach Bedarf werden die Schüler in Alphabetisierungskurse eingeteilt, in denen sie neben der Sprache lesen und schreiben lernen. Es gibt Integrationskurse und berufsbezogene Deutschkurse, in denen Abschlusszertifikate in verschiedenen Niveaus angestrebt werden. In Freiham soll dafür bald neben den „A“ und „B“-Kursen ein „C1“-Kurs angeboten werden. Neben dem Lernen wird aber auch gefeiert. Die Kursteilnehmer berichten von ihren Heimatländern, es gibt Ausflüge in das Museum oder in den Zoo.

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