Münchner Wochenanzeiger - Hier werden Sie gelesen
2 x pro Woche mit ca. 2 Millionen Zeitungen
Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
München: Regelsatz zu niedrig
Familien mit Kindern haben seit Hartz IV-Reform weniger Geld
Sozialreferent Friedrich Graffe setzt sich für höhere „Hartz IV“-Bezüge ein.
Weniger Teilnehmer bei Veranstaltungen
In der Jugendhilfe lasse sich ein Rückgang bei kostenpflichtigen Veranstaltungen wie Hausaufgabenbetreuung, Mittagstisch, Schulausflügen und -fahrten beobachten, so Graffe. Die Ursache sei u.a. die durchschnittliche Absenkung der Regelleistung im Sozialgesetzbuch. Einmalige Leistungen und Bedarfe, z. B. laufender Bekleidungsbedarf, Schulbedarf, Kinderfahrrad, Fahrradhelm und Kindersitz für Fahrrad, Nachhilfeunterricht, Aufwendungen für besondere Anlässe (Kommunion/Konfirmation), werden nicht mehr finanziert. Dies ist aus der Regelleistung zu bestreiten, die, wie der Paritätische Wohlfahrtsverband in seiner Veröffentlichung nachweist, wesentlich zu niedrig bemessen wird. Zudem finden keine regionalen Unterschiede – von der Unterscheidung Deutschland West und Deutschland Ost abgesehen – Berücksichtigung. „Bedenkt man die hohen Lebenshaltungskosten in München, so sind Münchner Familien mit Kindern doppelt betroffen“, so Graffe. Insbesondere deshalb, da seit 2005 der in München praktizierte Weg, ein an die örtlichen Verhältnisse angepasster Sozialhilfesatz, ausgeschlossen ist. So erhielt eine Familie mit zwei Kindern, sieben und zwölf Jahre alt, vor Einführung des SGB II ca. 80 Euro mehr als heute (2004: ca. 1.420 Euro; 2005: ca. 1.340 Euro – jeweils einschließlich Miete und Kindergeld). Fundierte Auswertungen der Entwicklungstrends sind mit der Fortschreibung des Münchner Armutsberichts 2005 zu erwarten. Der Armuts- und Reichtumsbericht wird im Herbst 2006 vorgelegt.
Begrenzter Einfluss
Auf Offmanns Frage, welche Maßnahmen die Stadt plant, um Münchner Kinder in Armut „dem Teufelskreis der Armut zu entreißen“, führt Graffe aus: „Armut ist auch in München kein vorübergehendes Phänomen. Die Vermeidung und Bekämpfung von Armut ist in München seit Mitte der 80er Jahre ein zentrales Ziel sozialer Kommunalpolitik.“ Allerdings seien viele Ursachen von Armut durch die Stadt München nur begrenzt beeinflussbar „wie z. B. wohnungspolitische oder die jüngsten sozial- und arbeitsmarktpolitischen Entscheidungen.“ Besondere Schwerpunkte bei der Armutsprävention und -bekämpfung lege das Sozialreferat gemeinsam mit dem Schul- und Kultusreferat und dem Referat für Arbeit und Wirtschaft auf den Ausbau von außerhäuslicher Kinderbetreuung und auf Maßnahmen im Bereich Bildung, Qualifizierung und Beschäftigung. Darüber hinaus würden aber auch soziale Hilfsangebote wie Schuldnerberatung, Familien- und hauswirtschaftliche Beratung immer wichtiger. Mit dem Ausbau von bürgerschaftlichem Engagement und Sozial-Sponsoring sollen insbesondere diese Bereiche unterstützt werden.
Patenprojekte
Bewährt hätten sich Patenprojekte in Gebieten mit besonderem Handlungsbedarf. Bürgerinnen und Bürger aus dem Stadtteil helfen sozial Benachteiligten bei der Bewältigung ihrer Aufgaben wie z.B. Hausaufgabenbetreuung für Kinder, Haushaltsführung, Einkäufe etc.
Erhöhung gefordert
Auch auf Bundesebene ist die Stadt München aktiv. Das Sozialreferat hat mit Schreiben an die Bundesregierung und über den Deutschen Städtetag sowie den Deutschen Verein auf die sozialen Probleme bei der Umsetzung der Gesetze hingewiesen und dem Gesetzgeber entsprechende Nachbesserungen vorgeschlagen. So schließt sich die Stadt München dem Vorschlag der Wohlfahrtsverbände an, die Regelleistungen um 65 Euro auf 410 Euro anzuheben.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH