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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
St. Martin und sehenswerte Grabstätten
Stadtteilhistoriker Dr. Walter G. Demmel berichtet
In der „Konradinischen Matrikel“ aus dem Jahr 1315 finden wir die erste urkundliche Erwähnung einer Kirche in Untermenzing, die 2015 zu einer Festschrift der Pfarrgemeinde St. Martin Anlaß gab. Zu finden ist dort eine kurzgefaßte, mit vielen Bildern versehene Darstellung der Geschichte dieses kirchlichen Kleinods an der Würm.
Nur einige Anmerkungen für die Entwicklung im 20./21. Jahrhundert: Nach größeren Renovierungen und Umbauten im Jahr 1904 und einer kleineren im Jahr 1983 wurde die Kirche zwischen 2006 und 2009 umfangreich neugestaltet. St Martin war bis 1914 Filialkirche von Aubing, ab 1. April 1922 Expositur und ab 1. Februar 1938 Kuratie. Am 1. Januar 1945, also noch Monate vor Kriegsende, wurde St. Martin zur Pfarrei erhoben und bildet seit dem 1. September 2006 mit Maria Himmelfahrt in Allach einen Pfarrverband.
St. Martin (Bild 1) zeigt sich so vom Friedhofhaupteingang her, der uns den alten Teil mit vielen Gräbern Untermenzinger Bauern und Bürger öffnet. Im Laufe unseres Besuches werden wir auf einige der von mir ausgewählten Gräber zurückkommen und uns zu deren Toten einige Gedanken machen.
Eine Erinnerung ist auch das Leichenhaus (Bild 2) wert, das im Westen den alten Teil des Friedhofs abschließt und den Blick auf die wunderschöne hölzerne Würmbrücke zum neuen Teil freigibt. Es ist von dem bekannten Untermenzinger Bauunternehmer Korbinian Beer 1915 erbaut und trägt auf der östlichen Giebelseite ein goldfarbenes Betonrelief von Beers Frau Anna, die auch viele andere Bauten, z. B. die Häuser der Beer-Siedlung, ihres Mannes kunstvoll geschmückt hat.
Bevor wir in den neuen Teil des Untermenzinger Friedhofs kommen, sehen wir rechterhand die denkmalgeschützte Statue des heiligen Johannes von Nepomuk (Bild 3). Sie wird vom Landesamt für Denkmalpflege als neubarock und um 1900 entstanden eingestuft, ihr Künstler ist nicht bekannt. St. Nepomuk gilt als Brückenheiliger und wird als einziger Heiliger neben Maria vielfach auch mit einem Sternenkranz um das Haupt dargestellt.
Und nun zu einigen der ausgewählten Gräber. Meine ganze Tour können Sie am Donnerstag, den 11. April, von 16 bis 17.30, als Veranstaltung der Münchner Volkhochschule West mitmachen. Treffpunkt: Friedhofseingang an der Eversbuschstraße.
Bild 4: Beer, Korbinian (1894-1951) : gelernter Mauerer, meistbeschäftigter und erfolgreichster Bauunternehmer des Münchner Westens, wohnhaft in der Eversbuschstr, 3 (vormals Dorfstraße).
Bild 5: Bosl, Heinz (1946-1975) : Bayerische Ballettlegende und Weltstar seiner Zeit, Solotänzer an der Bayerischen Staatsoper. Starb mit 29 Jahren an Leukämie, wohnhaft im Untermenzinger Westen, wo Bruder und Schwester mit Mann heute noch leben.
Bild 6: Grandl, Josef (1879-1955) : Landwirt und Großbauer, Kriegsteilnehmer 1914/18, verlor seinen einzigen Sohn 1944 im Krieg, war Ortsbauernführer und 1938 letzter Bürgermeister von Untermenzing.
Bild 7: Huwig, Christa (1926-2012) , Künstlername Williams: in den50er und 60er Jahren erfolgreiche deutsche Schlagersängerin, weil sie auch mit namhaften Musikern und Sängern gesungen hat. Sie wohnte in der Angerlohstraße .
Bild 8: Pöschl, Matthias (1924-2007): Katholischer Priester und Dichter, Kriegsteilnehmer, Studium der Theologie, Philosophie und Kunstgeschichte, Seelsorger in Prien und München, namhafter Vertreter kath. Literatur in Bayern, lebte und arbeitete für St. Martin.
Bild 9: Winter, Peter (1871-1920): auch P.W. Heidingsfeld, weil er aus Heidingsfeld bei Würzburg stammte. Er studierte in München, wurde als Maler und Skulpteur bekannt und wohnte in der Angerlohstr. 62. Auf dem Grabstein ist in einem Frauenrelief seine Künstlergattin Flora dargestellt. Einer der interessantesten Grabsteine!
Würz, Anton (1903-1995): war der Schwiegersohn P. Winters und wohnte auch in dessen Villa in der Angerlohstraße. Dr. Würz gehörte zu den wichtigsten Komponisten in Bayern und beschäftigte sich als Musikwissenschaftler besonders mit der Operette. Auch er ist in Winters Familiengrab begraben.
Bild 10 und 11: Vertriebene und Flüchtlinge: Ein Flüchtlingsbereich im neuen Untermenzinger Friedhof aus dem Jahr 1955 soll mit seiner Stele, den verschiedenen Wandtafeln und dem nebenstehenden Mauerbild an das Schicksal der Schlesier, der Sudetendeutschen und der Deutschen aus Jugoslawien, dem Banat und Ungarn erinnern. Nicht berücksichtigt sind jene, die aus Ostpreußen und anderen Gebieten kamen.
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